Stettlen - Aus Glassplittern werden Kunstwerke

Irene Kräuchi bietet in Stettlen seit Jahren Glasfusing-Kurse an. Bei über 800 Grad Celsius verschmelzen das Glas und die Dekoration zu einer Einheit – ganze 20 Stunden muss es dafür im Schmelzofen bleiben.

Jessica King, Berner Zeitung BZ
Goldene Tropfen, rotes Pulver und schwarze Glassplitter liegen am Rande des Glaskreises. Mit einer Pinzette schubst Kursteilnehmerin Aurelia Burkhardt die letzten goldenen Körnchen in die Reihe, dann trägt sie den Kreis zum Schmelzofen. Hier wird das Stück während 20 Stunden auf 820 Grad Celsius erhitzt. «Das Glas bekommt dabei eine Konsistenz wie Honig», erklärt Kursleiterin Irene Kräuchi. Richtig flüssig werde das Glas zwar erst bei über 1000 Grad – die Hitze, die für das Glasblasen nötig ist. Das zähflüssige Glas passe sich aber während der langen Stunden im Ofen an eine Tellerform an, die unter dem Kreis liegt. Tropfen, Pulver und Splitter fusionieren dabei mit der Glasunterlage und verfliessen auf dem Teller zu weichen Formen.

«Es ist jedes Mal eine Freude, den Schmelzofen zu öffnen», schwärmt Kräuchi. «Teilweise gibt es wunderschöne Überraschungen.»

 

Float-Glas mit Dekoration

 

Die Basis für die Kunst von Irene Kräuchi ist meistens sechs Millimeter dickes Float-Glas – ganz normales, grünstichiges Fensterglas, erklärt sie. Je nach Farbe der Glasdekorationen bleiben diese im Schmelzofen in Tropfenform, verlaufen oder bilden sogar dicke Blasen auf der Oberfläche. «Mit den vielfarbigen Dekorationen sowie den über 300 Formen für das Glas selbst hat man beinahe grenzenlose Möglichkeiten», sagt Irene Kräuchi.

 

In der Vielfalt von Glasfusing liegt ein Grossteil des Zaubers dieser Kunstform, sind sich dann auch die Kursteilnehmerinnen einig. Anfangs sei sie zwar darob fast verzweifelt, sagt Aurelia Burkhardt lachend. «Ich stand hilflos vor all den Glastropfen und Glassplittern und hatte keine Ahnung, was damit anfangen.» Mittlerweile häuft Burkhardt emsig aquamarinfarbene Körnchen auf durchsichtige Glassplitter: Nach dem Schmelzen solle es wie ein Meer aussehen, erklärt die Hobbykünstlerin ihren Gestaltungsplan.

 

Vom Hobby zum Atelier

 

Viele der Kursteilnehmer seien wie Aurelia Burkhardt, sagt Irene Kräuchi. «Sie kommen rund zwei- bis dreimal pro Jahr in einen Kurs, um Teller, Glaskerzen oder Gläser als Geschenke herzustellen.» Diverse Kursteilnehmerinnen habe es aber derart gepackt, dass sie bereits eigene Ateliers hätten.

 

Irene Kräuchi selbst kam vor über zehn Jahren zum Glasfusing. Im Jahr 1998 habe sie ihren ersten Kurs absolviert und sei der Kunstform augenblicklich verfallen, blickt die gelernte Damenschneiderin zurück. Lange habe sie davon geträumt, ihre Teller, Sterne, Katzen und andere Glaskunstwerke auf dem Waisenhaus- oder dem Münsterweihnachtsmarkt anbieten zu können. Mittlerweile ist sie aber glücklich damit, ein eigenes Atelier mit Verkaufsstelle in Stettlen zu haben. «Grosse Freude bereiten mir primär die Kurse, die ich seit 2002 anbiete und die sehr gut besucht werden.» Mit einem Lachen erinnert sie sich an ihren grössten Kurs zurück: Einmal habe sie eine ganze Hochzeitsgesellschaft in ihrem Atelier willkommen geheissen. Das Brautpaar dekorierte dabei eine grosse Schüssel, und die Hochzeitsgäste gestalteten zwölf Teller für das Paar.

 

Spuren der Leidenschaft

 

Die Begeisterung, die Irene Kräuchi für ihre Kunst hegt, offenbart sich nicht nur in den Glaswerken im Atelier. Auch in ihrem Haus gleich nebenan finden sich überall Spuren ihrer Leidenschaft: Das Bad hat sie in ein riesiges Aquarium aus Glasfischen verwandelt, in der Küche ziert eine gläserne Mohnblumenlandschaft die Schranktüren. «Ich sage es ja», meint Irene Kräuchi schmunzelnd, «die Möglichkeiten sind grenzenlos.»

 

[i] Glasfusing in Stettlen: www.kraeuchi.ch

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Erstellt: 20.12.2011
Geändert: 20.12.2011
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