Sternenmatte - Mitsprache der Bevölkerung fiel in die Ferienzeit

Die neue Besitzerin des Gasthofs Sternen und der umliegenden Sternenmatte, die Halter AG, erfragte die wichtigsten Anliegen der Worber Parteien und der Bevölkerung für die weitere Planung einer Wohnüberbauung. Weil das partizipative Verfahren in die Sommerferienzeit fiel, kamen allerdings nicht alle zu Wort.

Anina Bundi, anina.bundi@bern-ost.ch

Im Januar wurde bekannt, dass die Zürcher Halter AG den Gasthof Sternen gekauft hat und auf der angrenzende Sternenmatt Wohnhäuser bauen will. Die Sternenmatt ist ein wichtiger Ort für das Dorf, für viele Worber*innen eine wertvolle Grünfläche und zudem aktuell eine Zone öffentlicher Nutzung (ZöN), auf der nur regionale Sport- und Freizeitanlagen zulässig sind. Zur Einzonung als Bauland ist eine Mitwirkung obligatorisch. Der Gemeinderat versprach aber, zusätzlich ein partizipatives Verfahren durchzuführen.

 

Nun hat die Käuferin Schritte unternommen, um die Bevölkerung und die Parteien in die Planung einzubinden. Am 14. Juli fand eine öffentliche Info- und Workshopveranstaltung statt, in den Wochen davor und danach hatten die Parteien Gelegenheit, sich mit der Bauherrschaft zu treffen und ihre Anliegen zu deponieren.

 

Nur SP und Grüne nahmen teil

Allerdings: Nicht alle nahmen die Gelegenheit wahr.  Von den Parteien trafen sich nur die Grünen und die SP mit der Halter AG und liessen dem Unternehmen ihre wichtigsten Wünsche zukommen. Wichtig ist beiden Parteien der Erhalt der Grünflächen. Die SP fordert, dass diese weiterhin mindestens 51 Prozent des gesamten Geländes umfassen. Die Grünen wollen zusätzlich, dass im grünen Teil die öffentliche Nutzung erhalten bleibt und er nicht als Bauland eingezont wird. Nachdem sie in einer ersten Version noch einen Dienstbarkeitsvertrag gefordert hatten, heisst es in einer zweiten, ein solcher würde nicht genügen.

 

Weiter fordern beide Parteien, dass bezahlbarer Wohnraum gebaut wird. Den Grünen würde reichen, wenn 10 Prozent der Wohnungen "gemeinnützig" gebaut werden, das heisst, nicht mehr als 1/3 eines Durchschnittseinkommens kosten. Die SP definiert "sozialen Wohnungsbau" so, dass eine Wohnung für Bezüger*innen von Ergänzungsleitungen bezahlbar sein muss. 60 Prozent der Wohnungen sollen nach Wunsch der SP dieses Kriterium erfüllen.

 

Nicht oder nur teilweise wahrgenommen wurde die Möglichkeit von den anderen Parteien. So beschränkten sich die SVP, die FDP, die EVP und die BDP darauf, an einem Informationsanlass im Grossen Gemeinderat (GGR) Fragen zu stellen und die GLP-Fraktion auf ein Einzeltreffen ihrer Fraktionschefin Catarina Jost mit der Halter AG. Die ebenfalls angeschriebene EDU, die nicht im GGR vertreten ist, nahm an den Werkstattgesprächen teil.

 

Wenig Zeit

Ein Grund für die eher magere Teilnahme dürfte im straffen Zeitplan des partizipativen Verfahrens liegen. So hatten die Parteien nur wenige Tage Zeit, mögliche Daten zum Treffen mit dem Bauunternehmen zu melden. Bruno Fivian, Präsident der örtlichen SVP, gibt denn auch Zeitgründe an für das Nichtteilnehmen. Unzufrieden ist er deshalb aber nicht: "Ich habe den Eindruck, dass das Verfahren bis jetzt so abläuft, wie es muss."

 

Ein wenig kritischer äussert sich Sven Christensen (FDP). Der ehemalige GGR-Präsident ist selber Architekt und sitzt sowohl in der Planungskommission wie auch mit im Beurteilungsgremium, das am Ende des Wettbewerbs über das beste Projekt entscheiden wird. "Die Treffen mit den Parteien waren so knapp vor den Sommerferien eingeplant, dass wir keine Möglichkeit hatten, uns im Rahmen einer Fraktionssitzung abzusprechen. Das hätte man berücksichtigen können." So wirke es fast, als hätte man die Partizipation zügig hinter sich bringen wollen. "Wobei das vorwärts machen natürlich auch sein Gutes hat", so Christensen. Auch er findet es zudem wichtig, gut abzuklären, ob die Gemeinde für die ZöN nicht doch einmal noch Bedarf hat in den nächsten Jahrzehnten. 

 

Auch Bevölkerung beteiligte sich nicht breit

Auch die Mitsprachemöglichkeit für die Bevölkerung wurde in Anbetracht der mit der Sternenmatt verbundenen Emotionen nicht sehr breit genutzt. Nur 26 Personen nahmen an den Werkstattgesprächen teil. Sandra Büchel, SP- und GGR-Präsidentin sowie Kandidatin für das Gemeindepräsidium, lobt das Verfahren als "grundsätzlich gut". Dass die Werkstattgespräche aber in den Sommerferien stattgefunden haben und zudem nebst der Erwähnung in den BERN-OST-News und in einem anderen Medienbericht nur einmalig mit einem Inserat in der Worber Post angekündigt wurden, sei unschön. "Ich selber konnte zum Beispiel auch nicht teilnehmen."

 

Jan Lauper, Projektleiter der Entwicklung der Sternenmatte, sagt, die Kritik sei ihm bekannt. Er räumt ein, dass der Termin in der Ferienzeit nicht sehr günstig war. Der ganze Prozess sei komplex und es seien viele Akteur*innen involviert, deshalb sei die Terminkoordination nicht ganz einfach. Bei der Planung der künftigen Informationsveranstaltungen werde man aber mehr Rücksicht darauf nehmen.

 

Allerdings sei er zufrieden und positiv überrascht vom Interesse und der Beteiligung der Worber*innen. "Wenn es keine Anmeldungen gegeben hätte, hätten wir einen neuen Termin angeboten." Die Anwesenden hätten sich aktiv am Dialog beteiligt und seien zudem sehr unterschiedlich gewesen. "Es waren ältere und jüngere Leute in unterschiedlichen Lebensphasen dabei, sowohl Ur-Worber*innen als auch Zugezogene." 

 

Bedenken wegen Mehrverkehr

Inhaltlich habe man drei Hauptanliegen aus den Werkstattgesprächen mitgenommen, sagt Lauper. Eines ist, dass ein Generationenspielplatz (siehe Info unten) begrüsst wird und dass dieser "abenteuerlichen Charakter" haben soll. Bedenken geäussert wurden wegen des Mehrverkehrs. Es wurde auch gewünscht, dass die Wohnblöcke nicht höher werden als drei oder vier Stockwerke.

 

Letzte Woche schliesslich fand eine Begehung statt mit den fünf Planungsteams, die nun im Studienauftrag ein Projektstudie erarbeiten werden.

 

"Auch für Handwerker*innen bezahlbar"

Man habe diesen Teams alle Anliegen und Forderungen weitergegeben. Es wurden Vorgaben gemacht, welche jedoch einen gestalterischen Spielraum für die Teams erlaubten, erklärt Lauper. Klar sei, dass es kein Hochhaus geben werde und dass die Parkplätze mit Ausnahme der Besucher*innenplätze unterirdisch zu liegen kommen. Eine Vorgabe sei auch, dass die Mietwohnungen für eine Familie des Mittelstandes zahlbar sein sollen. Zahlen könne er dazu noch keine nennen, aber man denke dabei klar an den tieferen Mittelstand. "Dazu gehören für uns etwa Handwerker und Angestellte." Bei den Eigentumswohnungen denke die Halter AG unter anderem an Ehepaare im Pensionsalter.

 

Was die Umgebung und den Generationenspielplatz angeht, welche in den Rückmeldungen eine wichtige Rolle spielten, betont Lauper, in jedem der Architekturteams sei auch ein*e Landschaftsarchitektin mit dabei.

 

Der Studienauftrag läuft ab jetzt. Im Januar kürt ein Gremium aus Fachleuten und Vertreter*innen aus der Nachbarschaft, dem Gemeinderat, der Planungskommission, der Verwaltung und der Bauherrschaft ein Projekt als Sieger. Dieses bildet die Grundlage für eine Zone mit Planungspflicht (ZPP), die der GGR nach der obligatorischen Mitwirkung und Vorprüfung durch den Kanton genehmigen muss. Auch die darauf basierende Überbauungsordnung (UeO) kommt nach der obligatorischen Auflage wieder vor den Grossen Gemeinderat und untersteht dem fakultativen Referendmum. Erst danach kann das konkrete Bauprojekt ausgearbeitet und damit das Baubewilligungsverfahren gestartet werden. Ziel der Halter AG ist ein Baustart im Jahr 2023.

 

Was bleibt, ist eine gewisse Unsicherheit für die Halter AG. Was ist, wenn GGR oder Stimmvolk einer Zonenplanänderung nicht zustimmen? "Dann haben wir viel Geld ausgegeben und die Brache hinter dem Sternen bleibt ein Parkplatz", sagt Lauper dazu. "Eine Option für uns, auszusteigen, gibt es nicht." Gerade wegen dieser Ausgangslage sei es wichtig, die Bevölkerung und die Politik anzuhören.

 

"Bis jetzt tönt alles gut"

Er habe während des Partizipationsverfahrens nie grundsätzliche Kritik an den Überbauungsplänen gehört, betont er. Auch gegenüber BERN-OST wurde keine fundamentale Kritik an einer Überbauung auf der Sternenmatte geäussert. Dass alles glatt durchgeht ist damit aber noch nicht garantiert. Zumindest die beiden linken Parteien geben sich sehr vorsichtig optimistisch. "Bis jetzt tönt alles gut", sagt etwa Grünen-Präsident Günter Heil. "Aber das Projekt werden wir schon weiterhin kritisch begleiten, damit wir am Ende nicht doch über den Tisch gezogen werden."

 

[i] Familienspielplatz auf der Sternenmatt? 

Die Sternenmatte ist einer der möglichen Standorte für den schon lange geplanten Generationenspielplatz. In diesem Fall würde die Gemeinde sich an den Erstellungs- und Unterhaltskosten beteiligen und der Platz wäre öffentlich zugänglich. Fest eingeplant ist bisher nur der für neue Wohnsiedlungen obligatorische Spielplatz - der mit 1500m2 allerdings mehr als doppelt so gross ausfallen soll als die gesetzlich vorgegebenen 600 m2.


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Erstellt: 31.08.2020
Geändert: 31.08.2020
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