Förderpreis für Spurgruppe Walkringen: Integrationsarbeit auf dem Dorf
Seit etwas mehr als vier Jahren kümmern sich in Walkringen Freiwillige um die Integration von Flüchtlingen. Für ihr Engagement haben sie nun einen Preis gewonnen. Zur Preisübergabe wird es ein Fest geben.
Drei Flüchtlingsfamilien wohnen in Walkringen. Zwei aus Afghanistan, eine aus Syrien. Zugezogen sind sie im Jahr 2016 - in Wohnungen, die damals noch der Gemeinde gehörten. Da das Engagement der Gemeinde mit der Unterzeichnung des Mietvertrags auch schon wieder endete und da das Budget der Heilsarmee, die zu dieser Zeit für die Flüchtlingsbetreuung in der Region zuständig war, sehr begrenzt war, wurde auf Initiative der reformierten Kirchgemeinde die "Spurgruppe Walkringen" gegründet
"Viele Leute sind eher skeptisch"
Mittlerweile gehören der Gruppe 22 Personen an. Einerseits Vertreter*innen des roten Kreuzes, der Kirche und der Schule, andererseits Privatpersonen. Das Ziel: Den Neuankömmlingen bei der Integration helfen. Evelyne Brogle war von Anfang an dabei. "Es ist wichtig, dass die Leute Kontakt finden zu Einheimischen. Und wir wollten Sie auch willkommen heissen. Gerade in einem Dorf wie Walkringen."
Wichtig für die Integration ist die Sprache. Mit Farsi oder Kurdisch und Arabisch kommt man nicht weit im Emmental. Der Deutschunterricht steht denn auch an erster Stelle für die Mitglieder der Spurgruppe. Allerdings sei man selten am Vokabeln büffeln, erklärt Evelyne Brogle. Eher backe man zum Beipiel etwas zusammen und benenne die Zutaten und Arbeitsgeräte oder mache Sport. Die Treffen sind meist zuhause bei den Freiwilligen. Schon nur damit die Flüchtlinge auch mal aus ihren Wohnungen rauskommen.
Nach Münsingen zum Einkaufen
Integrationshilfe gibt es aber auch im Umgang mit Schule und Behörden und beim Erlernen der lokalen Gepflogenheiten. Etwa dass die Schweizer*innen Pünktlichkeit grossschreiben. Oder beim Grosseinkauf, für den ein Freiwilliger die Familien einmal im Monat nach Oberburg oder Münsingen fährt, da sie mit ihrem Budget auf Discounter angewiesen sind. Dass sich das Engagement auf viele Schultern verteile, sei gut, sagt Brogle. Als Aufopferung sieht sie ihre Arbeit aber nicht. "Es ist sehr spannend, mit Leuten aus anderen Ländern Kontakt zu haben. Es profitieren definitv beide Seiten."
Unterstützung für die Gruppe gibt es von der Kirchgemeinde. 1500 Franken jährlich stehen zur Verfügung. Davon gibt es Geburtstagsgeschenke für die Kinder und Badecoupons. Die restlichen Kosten, vom Benzin bis zum Schulmaterial, tragen die Freiwilligen selber. Ein Mann fand eine Anstellung bei einem Walkringer Landwirt, der aber den Mindestlohn für Hilfsarbeiter nicht zahlen kann. Auch hier springen Private ein und zahlen mit, weil sie die Integration in die Schweizer Arbeitswelt wichtig finden.
Vonseiten der Gemeinde dagegen gibt es nichts. Kein Geld, aber auch keine organisatorische Unterstützung. Zwar sind die Gemeinderätinnen Ursula Röthlisberger und Lisbeth Zogg Hohn (beide FWW) als Private, letztere auch als Kirchgemeindepräsidentin, in der Gruppe aktiv. Eine offizielle Entsendung in die Gruppe habe eine Mehrheit des Gemeinderats aber wiederholt abgelehnt, erzählt Evelyne Brogle. Die Bergündung sei gewesen, dass der Gemeinderat im Asylwesen keinen Auftrag habe.
"Das gibt ein Fest"
Geschätzt wird die Arbeit dafür von den betreuten Familien. "Wir haben vor einem Jahr mal Bilanz gezogen, ob es unsere Arbeit überhaupt noch braucht. Die Antwort war ein ganz klares Ja."
Auch die Reformierte Kirche Bern-Jura-Solothurn anerkennt das grosse Engagement der Spurgruppe. Mit dem Förderpreis 2020 der Fachstelle Migration würdigt sie insbesondere die umfassende Begleitung der der Flüchtlingsfamilien und die lokale Vernetzung der Gruppe. Über die Anerkennung und über das Preisgeld von 5000 Franken freue sich die Gruppe sehr, sagt Brogle. "Das ist viel Geld für uns." Einsetzen werde man es zum einen Teil für einen gemeinsamen Ausflug in die Berge. Zur Preisübergabe wird die reformierte Kirche Walkringen zusammen mit der Fachstelle Migration ein Fest zur ausrichten.