Sperlisacher Rüfenacht: "Wir vermögen es einfach nicht mehr"
Über die Zukunft des Kirchgemeindehauses Sperlisacher in Rüfenacht wird seit vielen Jahren diskutiert. Die Kirchgemeinde Worb kann die Liegenschaft langfristig nicht finanzieren. Mit dem Einzug der British School 2016 als Mieterin gab es zwar eine Verschnaufpause, nun soll es aber einen Schritt vorwärts gehen. Am 8. September wird über einen Planungskredit abgestimmt.
Es war eine bedrückte Stimmung am Mittwoch im Kirchgemeindehaus Sperlisacher in Rüfenacht. Die Kirchgemeinde Worb hatte eingeladen, um über die Abstimmung vom 8. September zu informieren und zu diskutieren. Der Kirchgemeinderat wird den Mitgliedern der reformierten Kirche Worb einen Kredit über 300'000 Franken beantragen. Damit soll eine Überbauung auf dem Areal des heutigen Kirchgemeindehauses entwickelt werden.
Bleiben nur Glockenturm und Ofenhaus?
Die heutigen, erst 38 Jahre alten aber sanierungsbedürftigen Gebäude müssten grösstenteils weichen. Damit sind viele Gemeindemitglieder nicht einverstanden. Im Kirchgemeindehaus gibt es nicht nur einen Kirchenraum, sondern auch einen Saal mit Bühne, eine gut eingerichtete Küche und diverse weitere Räumlichkeiten. Auch ein regelmässig genutztes Ofenhaus steht auf dem Areal. Der Sperlisacher ist ein Treffpunkt für die Kirchenmitglieder, aber auch für die Rüfenachter Dorfbevölkerung und für verschiedene Vereine.
Kirchgemeinderatspräsident Werner Lüthi, Theo Schmid, Kirchgemeinderat mit dem Ressort Liegenschaften, Raumplaner Res Wyss und Architekt und Kirchenmitglied Stefan Gauer präsentierten die Vorlage. In einem Workshopverfahren soll ein Auftrag an potentielle Planer*innen und Investor*innen entwickelt werden. Einige Eckpfeiler sind in der Vorlage enthalten, vieles ist noch offen. Klar ist, dass es Wohnungen geben soll, dass die Kirchgemeinde weiterhin Raum haben und dass sie das Land nicht verkaufen, sondern im Baurecht abgeben und bei der Planung mitreden will. Nicht zuletzt, um auch ihre ökologischen und sozialen Ansprüche an die zukünftige Nutzung einbringen zu können. Erhalten blieben möglicherweise nur der Glockenturm und das Ofenhaus.
"Langfristig unmöglich"
Die Botschaft des Kirchgemeinderats ist deutlich: Die Erhaltung des Sperlisacher in seiner heutigen Form sei langfristig unmöglich. Wenn man jetzt handle, könne man aber mitbestimmen und auf dem Areal präsent bleiben. Die Argumente der Kritiker*innen wiegen ebenfalls schwer: Der Sperlisacher wurde als Begegnungszentrum gebaut und würde bei einem Abriss im Kirchen- und Dorfleben eine grosse Lücke hinterlassen. Man habe hier eine Oase, einen Freiraum, etwas das Identität und Zusammenhalt schaffe.
Alle Redner*innen und auch Pfarrerin Judith Wenger, die die anschliessende Diskussion moderierte, betonten immer wieder, dass sie sich der Schwere der Entscheidung bewusst seien, dass sie für alles Verständnis hätten und liessen durchblicken, dass es auch für sie keine Herzentscheidung sei. „Du hast mit allem recht“, sagte etwa Werner Lüthi zu einem kritischen Kirchenmitglied. „Aber irgendwann vermögen wir es einfach nicht mehr.“
Sperlisacher kostet jeden Monat 7500 Franken
7500 Franken kostet das Haus die Kirchgemeinde trotz zahlreicher Vermietungen unter dem Strich jeden Monat, rechnete Stefan Gauer vor. Die Mitgliederzahl dagegen geht alljährlich um gut 120 Personen zurück und das Durchschnittsalter der Verbliebenen steigt stetig. Gebe man das Land im Baurecht an einen Investor weiter und zahle diesem Miete für die zukünftigen Kirchenräumlichkeiten, könne man mit einer schwarzen Null, vielleicht sogar einem Ertrag rechnen. Das sei zum heutigen Zeitpunkt zwar noch „ein Blick in die Glaskugel“, aber die Tendenz sei klar.
Im Verfahren, das der Kreditantrag vorsieht, wird es Workshops geben, an denen Fachleute und Vertreter*innen aus der Kirchgemeinde zusammen eine Vision entwickeln. Zusätzlich soll auch das „Kirchenvolk“ immer wieder Gelegenheit haben, sich über den Stand der Entwicklung zu informieren und sich einzubringen.
Die Diskussion am Mittwoch machte aber klar, dass es zurzeit noch nicht um Visionen geht. Zu unvereinbar sind die beiden Standpunkte, zu gross auch die Trauer auf beiden Seiten. "Ja, es tut sehr weh", sagt Werner Lüthi am nächsten Tag am Telefon. "Und es gibt keine Möglichkeit, die Leute, die gestern geredet haben, zu überzeugen. Wir stehen sozusagen Rücken an Rücken." Er hoffe auf eine rege Teilnahme an der Kirchgemeindeversammlung. "Da werden Weichen gestellt, und es wäre schön, wenn möglichst viele Mitglieder mitbestimmen kommen."
[i] Kirchgemeindeversammlung: Di. 8. September 20 Uhr, Kirchgemeindehaus Rüfenacht/Sperlisacher.