Soviel Velo wie möglich: Beat Moser über die Zukunft des Verkehrs in Münsingen
Das nur knappe Ja zur Entlastungstrasse Nord im September machte deutlich, dass viele Münsinger die Zukunft des Dorfverkehrs nicht im Ausbau der Strassen für den motorisierten Verkehr sehen. Für Gemeindepräsident Beat Moser (Grüne) ein Ansporn, die Veloville Münsingen weiter zu fördern.
„Wir können uns im Bezug auf Velofreundlichkeit auf hohem Niveau noch verbessern“, sagt Moser. Für ihn ist klar, dass es umso weniger Stau gibt, je mehr Leute vom Auto aufs Velo umsteigen. Die Velowegehätten noch Kapazität, sagt er. „Die Elektromobilität wird möglicherweise auch dazu führen, dass man weniger Skrupel hat das Auto zu nehmen“, schätzt Moser.
Zudem werde es mit der geplanten Einführung des Viertelstunden-Takts der Züge in Münsingen und den neuen Arbeitsplätzen im Wankdorf mehr Pendler geben. „Diese Leute müssen wir motivieren, mit dem Velo zum Bahnhof oder noch besser zur Arbeit zu fahren“, sagt er.
Lokal und regional so wenige Autofahrten wie möglich
Allgemein nehme die Mobilität zu, nicht nur bei den jungenLeute, auch ältere Leute bleiben länger mobil. „Wir müssen Anreize schaffen ,dass wir so wenig wie möglich von dieser Zunahme an Verkehr mit dem Auto fahren“, meint Moser. Seine Vision: Im lokalen Verkehr soviele Wege wie möglich per Velo oder ÖV zurücklegen, wobei er damit vor allem auf Berufstätige aus dem Dienstleistungssektor und weniger auf das Gewerbe abzielt.
Für lokale Einkaufsfahrten sollen Dienstleistungen wie Kurierdienst oder Vermietung von Cargovelos angeboten werden. In diese Richtung geht das Postulat, welches die Grünen vor Kurzem eingereicht haben: Sie wollen für solche Dienstleistungen ein Zentrum am Bahnhof einrichten, wie es beispielsweise die Stiftung Intact in Langnau betreibt. „Zu so etwas muss die Gemeinde einen Anstoss geben, zum Beispiel in Form einer Anschubfinanzierung“, meint Moser.
Velofahrende als Schlüssel zum Erfolg
Mosers Ideen kommt die Tatsache entgegen, dass die Mobilität auch unter den Velofahrerinnen und -fahrern zunimmt: „Die Leute fahren heute länger Velo – ältere Leute sind mit den E-Bikes länger unterwegs“, sagt er.
Bei den Velofahrerinnen und -fahrern selbst sieht Moser allerdings auch die grösste Gefahr für die Sympathie des Veloverkehrs: „Mit dem agressiven Verhalten mancher Velofahrer werden die übrigen Verkehrsteilnehmer unnötig provoziert.“ sagt er. Wer zum Beispiel bei Rot durch fahre, mache schlechte Werbung fürs Velo.
Mehr Respekt auf der Strasse
Um dieses Problem zu lösen, setzt er auf Respekt: „Wir müssen im Verkehr vermehrt die Koexistenz leben.“ Der Raum sei eng und müsse geteilt werden. Da sei gegenseitiger Respekt wichtig.
Konkret denkt er dabei an die Kombination von Fussgängern und Velofahrern, beispielsweise in den vielen Querverbindungen in Münsingens Quartieren. Dort herrscht zum Teil Velofahrverbot.
Vorhandene Infrastruktur besser nutzen statt neu bauen
„Wir müssen die vorhandene Infrastruktur noch besser nutzen,“ sagt Moser. Dabei sei die Erkenntnis wichtig, dass man im Lokalverkehr langsam schneller und sicherer ans Ziel komme. „Temporeduktion verflüssigt den Verkehr und schafft mehr Kapazität für alle Teilnehmenden“, sagt er.
Moser setzt bei der besseren Nutzung der bestehenden Infrastruktur auf einfache Lösungen, da diese gelingen würden. Als Beispiel dafür nennt er die Schulwegsicherung in Tägertschi. „Anstelle einer teuren und aufwändigen baulichen Lösung prüfen wir dort, ob die Velofahrer bei der Einmündung auf die Hauptstrasse ausgangs Mühletäli auf dem Trottoir fahren könnten“, so Moser.
Veloförderung seit über 20 Jahren
Münsingen fördert seit 1995 aktiv den Veloverkehr. Damals lancierte die Gemeinde mit Veloville eine Sensibilisierungskampagne. Diese startete mit den blauen Veloständern, welche es ermöglichen, beim Einkauf per Velo privilegiert, direkt vor den Geschäften zu parkieren.
Weitere Massnahmen im Bezug auf die Infrastruktur für Velos und Aktionen wie “Bike to work“ und „Bike4car“ folgten. Zuletzt fand der nun jährlich stattfindende Grossanlass „Hallo Velo!“ zum ersten Mal statt. Innerhalb des Projekts Bahnhof West entsteht zudem in den nächsten Jahren eine Veloeinstellhalle mit 650 Veloabstellplätzen direkt beim Bahnhof.
[i] Bis zum 30. November kann man bei der Pro-Velo-Umfrage „Wie velofreundlich ist ihre Stadt?“ seine Bewertung für Münsingen abgeben. Die Ergebnisse fliessen in die Arbeit der Gemeinde Münsingen mit ein. https://www.velostaedte.ch