Skiclub Rubigen: Im März geht es wieder auf den Drümännler

Der Rubiger Skiclub besteht seit 27 Jahren, ein Lawinenunglück hat es noch nie gegeben – bis zum letzten Sonntag im Diemtigtal.

Simon Jäggi / Berner Zeitung BZ
«Sie wissen doch, dass ich nichts sage», sagt Bernhard Scherz ins Telefon. An der Leitung hängt eine Journalistin einer Boulevardzeitung, sie möchte den Namen des verletzten Verschütteten bestätigt haben. Als Scherz seinen Vereinskollegen zwei Minuten später vorwarnen will, hat dieser bereits einen Anruf der Journalistin erhalten.

Scherz hat am Sonntag nicht nur das tragische Unglück im Diemtigtal hautnah miterlebt, er erfährt nun auch, wie sich eine Medienlawine anfühlt. Sein Mobiltelefon klingelt seit zwei Tagen ununterbrochen. Geduldig beantwortet er die immer gleichen Fragen. «Ich verstehe, dass die Leute Informationen haben möchten», sagt er milde.

Scherz sitzt im Vorstand des Skiclubs Rubigen, er ist verantwortlich für Touren. Er hat für den Verein letzten Sonntag die Medienarbeit übernommen, da er als Swissmedic-Angestellter hin und wieder Erfahrungen mit Pressearbeit gemacht hat. Für Trauerarbeit und eine Verarbeitung der Ereignisse hat Scherz bislang keine Zeit gefunden. «Es wird wohl noch auf mich hereinbrechen.» Vielleicht an den zwei Beerdigungen, sagt er, die nun anstünden.

Der 3. Januar wird als schwarzer Tag in die Geschichte des Skiclubs Rubigen eingehen. Seit 1972 gibt es den Verein in der Berner Agglomerationsgemeinde, dem 179 Mitglieder aus der ganzen Schweiz angehören. Jährlich führt der Club 50–90 Skitouren durch – noch nie habe es einen Lawinenverschütteten gegeben, weiss Scherz. Das Diemtigtal ist eines der bevorzugten Gebiete des Skiclubs. «Ein Paradies für Touren, und so nah.»

Zwei der sieben Toten des Lawinenunglücks gehörten der 27-köpfigen Tourengruppe des Skiclubs an. Einer war als Gast dabei. Der andere, ein 61-Jähriger Augenarzt aus dem Oberland, war langjähriger Tourenleiter des Sportvereins. «Die Berge waren seine Leidenschaft», sagt Scherz über ihn. Diesen Sonntag hätte er eine Skitour aufs Wandelhorn leiten wollen.

Verletzter konnte Spital verlassen

Es waren drei Mitglieder aus der Rubiger Gruppe, die dem Rega-Arzt zur Hand gingen, als die zweite Lawine vom Gegenhang hinunterdonnerte. Zwei von ihnen haben für ihre Hilfsbereitschaft mit dem Leben bezahlt, einer hat überlebt: Der 62-jährige Schweizer konnte gestern das Spital verlassen. Er konnte am Sonntag ungefähr eine Stunde nach dem Niedergang der zweiten Lawine geborgen werden.

Gegenüber den Medien möchte der Verletzte keine Auskunft geben. Es sei ihm aber ein Anliegen, etwas loszuwerden, gibt Scherz weiter: Die Jagd gewisser Medien auf seine Person habe ihn betroffen gemacht. Im Spital habe er sich nicht aus dem Zimmer begeben können, da ihm die Fotografen aufgelauert hätten.

Gegenüber Scherz hat der Verletzte seine Erlebnisse geschildert: Die Lawine sei lautlos gekommen. Im letzten Moment hätten sie zu fliehen versucht. Mit Schwimmbewegungen habe er versucht, sich an der Oberfläche zu halten, vergeblich. «Da er noch Licht gesehen hat, hat er die Hoffnung nie verloren, dass er gerettet wird», erzählt Scherz. Obwohl er versucht habe, bei Bewusstsein zu bleiben, sei er nach einiger Zeit weggedämmert. «Der Tod in einer Lawine ist wahrscheinlich ein schöner Tod», glaubt Scherz.

Der Vorstand des Rubiger Skiclubs hat vorgestern Abend eine Krisensitzung abgehalten. Man habe besprochen, wie man zu einem würdigen Abschied der Opfer beitragen könne, sagt Scherz. Der Verein plant auch mit der Tourengruppe ein Debriefing mit dem Care-Team. Skitouren werden im Moment keine abgesagt. Die Rubiger Gruppe habe schliesslich keine Lawine ausgelöst, es seien aussergewöhnliche Umstände gewesen, die zum Unglück geführt hätten, sagt Scherz. Im März sei wieder eine Skitour auf den Drümännler geplant.

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Erstellt: 06.01.2010
Geändert: 06.01.2010
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