Ski Alpin - Zu Hause im Glück

Slalomspezialist Luca Aerni aus Grosshöchstetten lässt dem 19. Platz von Adelboden Rang 10 in Wengen folgen. Der Turnaround ist geschafft, die halbe WM-Norm erfüllt.

Micha Jegge, Berner Zeitung BZ

Übers Wetter spricht, wer nicht weiss, worüber er sonst sprechen soll. Im Skisport bedient sich zuweilen dieses Themas, wer zu erklären versucht, weshalb die Fahrt nicht das angestrebte Ergebnis eingebracht hat – oder gar umgekehrt. So lässt Luca Aerni im Wengener Zielraum bei heftigem Schneetreiben strahlend verlauten, sein Gefühl sei morgens beim Aufstehen schon gut gewesen, als er aus dem Fenster geschaut habe.

«Wenn es schneit, läuft es mir meistens gut.» Als der Slalomspezialist aus Grosshöchstetten im Januar 2013 erstmals auf sich aufmerksam machte, im Europacup-Nachtrennen von Chamonix triumphierte, war die Sicht wegen des dichten Flockengewirrs schlecht. Ähnliche Verhältnisse herrschten vor Jahresfrist in Kitzbühel, wobei sich Aerni abermals nicht irritieren liess und reichlich überraschend als Fünfter einreihte. Es handelt sich um sein bestes Weltcupresultat.

Beaver Creek in Sichtweite

Am Lauberhorn brillierte der 21-jährige Berner in der Ouvertüre, verlor mit Startnummer 30 lediglich 1,43 Sekunden auf den führenden Mattias Hargin, belegte Platz 11. Der Auftritt in der Reprise, wohldosiert wie kontrolliert, bescherte Aerni den zehnten Schlussrang wie die Gewissheit, den Turnaround geschafft zu haben – und dies ausgerechnet in der Heimat, vor den Augen seiner Eltern und seiner Schwester.

Die mit Platz 19 belohnte Darbietung vor Wochenfrist in Adelboden hatte ihm jenes Selbstvertrauen verliehen, welches die Rückkehr in die erweiterte Weltspitze ermöglichte. «Ich habe innert weniger Tage einen grossen Schritt nach vorne gemacht», resümiert der Begabte, welcher an der Junioren-WM 2014 im slowakischen Jasna einzig dem um ein Jahr jüngeren Ausnahmekönner Henrik Kristoffersen den Vortritt lassen musste.

Aernis Vorstellung am Fusse der Jungfrau ist insofern erstaunlich, als ihm fehlt, was Experten als Basis guter Slalomleistungen betrachten: genügend Trainingstage. Ende Juli erlitt er beim Riesenslalomtraining auf dem Gletscher einen Bandscheibenvorfall, auf die Skier kehrte er erst im Oktober zurück. Als die Stangenakrobaten den Winter Mitte November in Levi eröffneten, hatte der Aufsteiger der Vorsaison 7 Schneetage in den Beinen – rund 40 weniger als der Durchschnittskonkurrent.

Nun scheint er einen beträchtlichen Teil aufgeholt zu haben; er sagt, im ersten Lauf «relativ nahe am Optimum» gewesen zu sein. 50 Prozent der WM-Norm hat Aerni erfüllt; reiht er sich neuerlich unter den besten 15 ein, fliegt er im Februar nach Beaver Creek. Am Sonntag treffen sich die Slalomspezialisten in Kitzbühel – schöne Erinnerungen sind dem Berner gewiss.

Hubert am Herd

Mattias Hargin, der in Engelberg wohnhafte Schwede, ist nicht für schnelle Finaldurchgänge bekannt – im Gegensatz zu Felix Neureuther. Der Deutsche demonstrierte seine Klasse, fuhr wie auf Schienen, liess sich am Lauberhorn zum zweiten Mal als Sieger feiern. Er trainiere oft bei derartigen Verhältnissen, sei daher gut vorbereitet gewesen, lässt er verlauten.

Nun äussert sich sogar der 30-jährige Bayer zum Wetter, ein Sportler mit Entertainerqualitäten, welcher fast immer eine Geschichte zu erzählen weiss. Zum Beispiel jene von Hotelkoch Hubert, der im Vorjahr Patrick Küng kulinarisch verwöhnt hatte, worauf dieser tags darauf in der Abfahrt reüssierte. Raten Sie mal, von wem sich Felix Neureuther am Freitagabend bekochen liess …


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Erstellt: 19.01.2015
Geändert: 19.01.2015
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