Simon Waber: Zu Besuch beim Psychotherapeuten
Simon Waber wollte als Kind Sprachforscher werden. Heute hat er seine eigene Praxis als Psychotherapeut in Oberdiessbach. Im Gespräch mit BERN-OST erzählt er, mit welchen Problemen Leute zu ihm kommen und wie er ihnen hilft.
Wir treffen uns in der Praxis von Simon Waber und sitzen uns gegenüber. Ich bin ein wenig erstaunt, dass in der Praxis weder eine Liege noch ein Sofa stehen. Aus Filmen kennt man das Bild: Patient:innen liegen und Therapeut:innen sitzen daneben. Das sei in der Psychoanalyse üblich gewesen, sagt Waber. Sigmund Freud, der Begründer der Psychoanalyse, habe das so gemacht, deshalb habe sich das Sofa in Praxen ausgebreitet.
Es geschah im Theater
Bei Simon Waber (40) sitze ich in einem bequemen Sofasessel. Als Kind wollte Waber Sprachforscher werden. "Ich hatte zwar keine Ahnung, was das ist, hatte aber als Schüler immer Freude am Deutsch." Dass er Psychotherapeut wurde, habe er einem Theaterbesuch zu verdanken. Er habe vor Jahren - das war noch vor seinem Studium - ein Theaterstück gesehen. Im Stück habe eine überzeichnete Psychotherapeutin den Leuten geholfen. Von da an wusste er, dass er Psychologie studieren wird.
Angst vor peinlichen Situationen
Heute kommen zu ihm viele Leute, die von Angstzuständen geplagt sind. Das seien Leute, die sich vor bestimmten Situationen fürchten. Zum Beispiel vor einer Busfahrt oder mit dem Auto auf der Autobahn zu fahren. "Es gibt auch Patient:innen, die Angst vor einer peinlichen Situation haben, beispielsweise, dass sie in einer Schlange stehen und es ihnen plötzlich unwohl wird und sie umfallen", schildert Waber ein mögliches Angstszenario. "Das sind nicht rationale Ängste. Aber etwas, in das sich Leute hineinsteigern können." Klar, er könne helfen, aber es sei keine Wellnessbehandlung. "Man muss sich der Angst stellen."
Zuerst ein Gespräch
Bei einem Erstgespräch erzählen die Patient:innen, was sie bedrückt. Waber gibt erste Hinweise, wie die Therapie verlaufen könnte. "Danach versuche ich mir ein Bild von der Person zu machen. Wir schauen in die Vergangenheit, wie ist sie aufgewachsen, wie war der Werdergang, welchen Rucksack trägt die Person mit sich. Ich mache mir ein Bild über die Eckdaten der Biografie." Danach geht Waber mit seinen Patient:innen eine Checkliste durch. Sie können ankreuzen und selbst formulieren, wie sie sich die Lösung vorstellen, wohin sie wollen. "Das ist für mich wichtiger als die Diagnose", so Waber.
Wie ein Bergführer
Ein Psychiater würde darauf achten, wie die Diagnose lautet, und daraus die Therapie ableiten. Die Behandlung bei Simon Waber laufe darauf hinaus, wohin der Mensch will. "Die Therapie dauert so lange, bis wir die gesetzten Ziele erreicht haben. Das ist eine Absprache zwischen der Patient:in und mir." Er sehe sich in der Rolle eines Bergführers. Der Bergführer kennt die Berge, das Bergsteigen, aber er weiss nicht, wohin die Kundin will. "Der Klient oder die Klientin nennt den Berg und ich weiss, wie wir dorthin kommen." Die Schritte müssten die Leute selbst machen. Das sei auch in der Therapie so.
Kinder sind anstrengender
Simon Waber sagt über seine vor Jahren getroffene Berufswahl: "Das war eine gute Wahl. Es ist das das richtige für mich. Ich arbeite 50 Prozent in der Praxis, daneben bin ich Hausmann, Vater und Organist in der Kirche." Der Wechsel von der Praxis in den Haushalt tue gut. "Ein Nachmittag mit zwei, drei Kindern zuhause ist anstrengender als ein Arbeitstag in der Praxis."
Runterfahren ist wichtig
Er versuche, im Alltag kein Therapeut zu sein. Er wolle nicht bei jedem Menschen, den er treffe, sich Gedanken über dessen Psyche machen. Von der Arbeit abschalten gelinge ihm gut. "Das kann man lernen", so Waber. "Bei meiner ersten Anstellung hatte ich zwei Stunden Arbeitsweg und konnte gut runterfahren. Heute passiert das selten, dass ich die Geschichten aus der Therapie mit nach Hause nehme."
[i] Simon Waber ist in Oberdiessbach aufgewachsen. Nach der obligatorischen Schule besuchte er das Gymnasium in Thun. Danach studierte er in Bern Psychologie und bildete sich zum Psychotherapeuten weiter. Bevor er in die ambulante Psychotherapie wechselte, arbeitete Waber stationär in einer Klinik. Seit acht Jahren führt er seine eigene Praxis. Wenn eine Therapie von einer Ärztin angeordnet wird, wird die Behandlung von der Grundversicherung bezahlt. Ansonsten kostet eine Konsultation 160 Franken.
[i] Lic. phil. Simon H. Waber, eidgenössisch anerkannter Psychotherapeut, Krankenhausstrasse 7, Oberdiessbach
[i] Dieser Artikel erschien zuerst im Newsletter der Gemeinde Oberdiessbach.