Silvan Aegerter vom FC Münsingen: Vom Hobby zum Beruf und zurück

Seit eineinhalb Jahren ist Silvan Aegerter Amateurfussballer. Im Team des FC Münsingen sieht er sich seinen Kollegen gleichgestellt.

Lukas Siegfried, Berner Zeitung BZ

Dienstagabend auf dem Sportplatz Sandreutenen. «Giele, wir haben noch drei Trainings, dann gehts los!» Trainerurgestein Kurt Feuz gibt, seine Trillerpfeife um den Hals tragend, den Tarif bekannt. Er verlangt höchste Konzentration, von allen im gleichen Mass. Mittendrin bei der ersten Übung ist auch Silvan Aegerter. Der Älteste und Erfahrenste im Kollektiv der Aaretaler fällt nicht auf, es würde auch sehr überraschen, wenn doch.

Silvan Aegerter als «Star» der Münsinger Mannschaft. Es ist nicht das erste Mal, dass ein Medienschaffender mit diesem Gedanken auf den ehemaligen Profifussballer zukommt. In der abgelaufenen Saison war dies besonders der Fall, sorgte der FC Münsingen doch im Schweizer Cup für grosses Erstaunen und scheiterte erst im Viertelfinal am FC Basel. Er könne das Interesse an seiner Person verstehen, sagt Aegerter. Und verweist im selben Satz darauf, dass seine Teamkollegen ebenso interessante Gesprächspartner wären. Bescheidenheit hat den heute 35-Jährigen während seiner Profikarriere stets ausgezeichnet.

Rampenlicht stets gemieden

Beinahe 300-mal ist Silvan Aegerter in der höchsten Schweizer Spielklasse für Thun und Zürich aufgelaufen, wo er jeweils Verantwortung übernahm und die Captainbinde trug. Der ruhende Pol war er und keiner, der oft laut wurde. «Das Rampenlicht habe ich nie gesucht», sagt Aegerter. Dahin hat er sich mit seinen Auftritten in der Champions League aber unweigerlich gespielt. Unvergessen bleibt das Heimspiel mit dem FCZ gegen Real Madrid, als ihm nach einem Corner gar ein Tor gelang.

Im Sommer 2012 erhielt Aegerter in Zürich keinen neuen Vertrag , versuchte sich bei Lugano, wo er allerdings nie richtig auf Touren kam. 18 Monate später meldete er sich aus Eigeninitiative beim FC Münsingen. Gründe für diese Destination gab es mehrere. Einerseits hatte der Grenchner bereits zu Thuner Zeiten beschlossen gehabt, sich einmal zwischen Thun und Bern niederzulassen. Andererseits konnte der Verein dem gelernten Elektriker gute Kontakte für eine Stelle vermitteln. Heute arbeitet Aegerter Vollzeit in seinem vertrauten Metier und wohnt in Boll in einer Eigentumswohnung.

Mit seiner Bodenständigkeit passt Aegerter exzellent zum Verein. «Das Umfeld bleibt stets ruhig, auch nach einer Niederlagenserie. Das schätze ich sehr.» Münsingen setzt auf Kontinuität und unterlässt grosse Personalrochaden – so auch in diesem Sommer. Dass Kurt Feuz seit 31 Jahren das Traineramt innehat, spricht für sich. Umgekehrt schätzt der Coach auch den Spieler Aegerter, der sich nahtlos ins Team integriert habe. «Er zeigt überhaupt keine Allüren, als hätte Silvan nie auf höherem Niveau als in der 1.Liga gespielt.» Ausserdem steht Aegerter Feuz auch als Assistenztrainer zur Seite. Die Tugenden, die der Ex-Profi pflegt, versucht er weiterzugeben. So steigt das Duo in die nächste Spielzeit, die laut Aegerters Einschätzung an der Spitze ausgeglichener verlaufen wird als die letzte, als Kriens, Cham und Zug sich deutlich vom Rest der Gruppe distanzierten. Daraus könnte man interpretieren, der Spieler schiele auf die Spitzenplätze.

Realistische Münsinger

Doch das wäre zu gewagt für die stets realistisch denkenden Münsinger, die in der abgelaufenen Saison bloss Rang neun belegten. Zu gewagt auch für Silvan Aegerter, der sich kaum zu weit aus dem Fenster lehnen würde. Doch eine Steigerung soll es mindestens werden, und Trainer Feuz gibt sich selbstbewusst: «Wir sind auf jeden Fall gerüstet.» Und dann freut man sich auf dem Sportplatz Sandreutenen auch heuer wieder auf den Schweizer Cup. Zuletzt hat sich der FCM nämlich zu einer echten Cupmannschaft gemausert. Unvergessen bleibt der 3:2-Achtelfinalsieg gegen Wil, als Silvan Aegerter aus 45 Metern in die Maschen traf. Gegen Real Madrid wird er wohl nicht mehr einnetzen können, doch der eine oder andere Superligist dürfte wohl noch zu Besuch kommen.


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Erstellt: 07.08.2015
Geändert: 07.08.2015
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