Für Werbespot und Familienfest: Worber baute Mättu Sempachs Schwingerstübli
Wer erinnert sich an den Emmentaler-Werbespot mit Matthias Sempach und Schauspieler Marcus Signer zum ESAF vom letzten Jahr? Im dunstigen Hintergrund nimmt man eine Reihe geschmückter Treichlen unter einem hölzernen Dachvorsprung wahr. Es ist aber nicht eine künstliche Kulisse, sondern Sempachs Schwingerstübli. Gebaut hat dieses der Worber Holzbauer Hans Eberhart. BERN-OST durfte ihn auf einen Besuch beim Schwingerkönig von 2013 begleiten.
Schon lange hatte Hans Eberhart im Sinn, die Eichentische in Matthias Sempachs Schwingerstübli auffrischen zu gehen. Darum besuchte er Ende März Sempachs Hof Vorderbrunnen in Entlebuch (LU) und lud BERN-OST ein, ihn dorthin zu begleiten. Vor drei Jahren hatten er und Holzbauerkollege René Willener die ursprünglich zwei Räume nach halbjähriger Planung komplett umgebaut. Sempach wollte darin seine Schwing-Trophäen ausstellen und Gäste empfangen.
Für den Umbau suchte Sempach in seinem Umfeld nach geeigneten Fachleuten. «Meine Frau ist Mättus Cousine», sagt Eberhart, der seine Werkstatt in Rüfenacht hat und in Worb wohnt. Über diese familiäre Verbindung kam er bereits zu kleineren Aufträgen für Sempach. Willener war der Gründer und Präsident von Sempachs mittlerweile aufgelöstem Fanclub. Eberhart und Willener wiederum kannten sich von der Ausbildung. «René war mein Oberstift, als ich in der Lehre war», sagt Eberhart. Nach Abschluss ihrer Lehren arbeiteten sie immer wieder zusammen. «Wir haben die gleiche Philosophie und verstehen uns blind auf dem Bau», sagt Willener. Schwingfans dürfte sein Name ein Begriff sein, weil er für die Wochen-Zeitung und den BZ-Ticker von den Schwingfesten berichtet und an diesen oft anzutreffen ist.
Wer war Bauleiter?
Wenn man das Schwingerstübli betritt, wirkt alles wie aus einem Guss. Man ist umgeben von behaglichem Holz, der Raum strahlt Gemütlichkeit aus. Überall gibt es bauliche Details, Glocken, Kränze und Fotos aus Sempachs Schwingerkarriere.
Es war aber gemäss Sempach, Eberhart und Willener nicht alles von Anfang an so durchgeplant, wie es jetzt danach aussieht. Und wie die Planung ablief, beschreibt Sempach etwas anders, als es die hier Schreibende auf dem Weg nach Entlebuch von den beiden Handwerkern gehört hatte. Einig sind sich die Drei darüber, dass Sempach am Anfang einfache Anpassungen an den bestehenden Räumlichkeiten vorschwebten, aber am Schluss alles komplett neu gemacht wurde und alle mit dem Resultat zufrieden sind. Dazwischen klingt es etwa so:
Sempach, mit provokativ-ironischem Unterton: «Housi und René haben das Gefühl, sie hätten die Ideen gehabt.» Worauf die Genannten laut lachen. Sempach, ernst: «Doch, dass das da [zeigt auf die Wand, vor der die Treichlen hängen] aussieht wie eine Heubühne, war meine Idee.» Willener lachend: «Nicht einmal vielleicht.»
Oder:
Sempach, augenzwinkernd, im Wissen um die folgende Reaktion: «Ich hatte die Bauleitung.» Wieder Lachen der anderen beiden. Auf dem Hinweg hatten sie erklärt, sie hätten von Anfang an gewusst, dass sie schlussendlich alles neu machen würden. Sie hätten immer wieder eine Ecke gebaut und Sempach dann jeweils für den nächsten Bauabschnitt von ihren Vorstellungen überzeugt.
Dafür gingen Ferien drauf
Wie dem auch sei – die drei amüsieren sich über diese Diskussionspunkte. «Es war eine lustige Zeit», sagt Eberhart über das Projekt. Es habe viel länger gedauert, als beabsichtigt. Willener kündigte seinen Job mit der Idee, vor Antritt der neuen Stelle das Schwingerstübli bauen zu können. «Am Schluss habe ich die ganzen Ferien vom ersten Jahr des neuen Jobs dafür gebraucht», sagt er. Fügt aber an: «Es war eine Herzensangelegenheit.» Dank der langen Planung hätten sie auch Schnellschüsse vermieden, sagt Sempach. «Es war gut so. Wir haben das Maximum rausgeholt.»
Dass viel Zeit in die Gestaltung des Schwingerstüblis gesteckt wurde, merkt man. Zum Beispiel an ausgeklügelten Details wie einem versteckten Kühlschrank, bei dem sich die Gäste Getränke holen können, beim grossen Bildschirm und dem Cheminée, die in die Wand eingebaut sind oder der automatischen Schiebetür zur Küche, die beim Servieren sehr praktisch sei.
Ein Stück Berner Heimat im Entlebuch
Auch die Materialien im Raum sind sorgfältig ausgewählt. Das Holz stammt vom Holzwerk Rieder aus St. Stephan, wo ein Kollege Sempachs arbeitet. «Es ist Bergholz von feiner Qualität», sagt Eberhart. Im Werk wurde es künstlich mittels Dämpfen gealtert. So sieht es aus wie Antikholz, ist aber ohne Würmer und deren Löcher.
Dass das Holz aus dem Kanton Bern ist, ist dem Heimweh-Berner Sempach wichtig. Auch von der Bauart her sei das Schwingerstübli im typisch bernischen Stil. «Ich habe Freude an den Schnitzereien», sagt Sempach. Besonders gefällt ihm der geschnitzte Spruch über einem Fenster im Raum: «Schwingerfründe cheret y, hie isch Platz zum gmüetlich sy». «Der Spruch passt, denn Schwingen ist nach wie vor wichtig in meinem Leben», sagt Sempach, der 2018 seinen Rücktritt gab.
Kein Kränzewald im Schwingerstübli
Ausgewählt sind auch die Erinnerungsstücke an Sempachs aktive Zeit. Gemäss den Holzbauern sollten anfänglich alle über 100 Kränze und alle Treichlen im rund 40 Quadratmeter grossen Raum Platz finden. Jetzt hängen neun Glocken an der hinteren Wand unter einem Schindeldächli, das mit Sempach befreundete Dachdecker gebaut haben. Und in einer separaten Ecke im vorderen Bereich des Stüblis hängt die Treichle vom Eidgenössischen in Burgdorf von 2013, als Sempach Schwingerkönig wurde. Daneben Fotos des Wettkampfs.
Von den Kränzen hat Sempach nur fünf aufgehängt: Die seiner vier Eidgenössischen Schwingfeste und jener seines 100. Schwingfests. Im Raum hängen zudem drei grosse Bilder, davon zwei von Burgdorf und eines vom Kilchberg Schwinget. Und über dem Cheminée prangt der Schädel vom Siegermuni aus Burgdorf. Es sei nun eine gute Mischung und nicht überladen, sagt Sempach. «Der Raum erinnert an meine Schwingerzeit, ist aber kein Museum.»
Wohlfühl- und Drehort
Sempach ist gern in seinem Schwingerstübli. «Ich fühle mich wohl hier», sagt er. Er nutzt den Raum mit der Familie, etwa an Geburtstagen oder Weihnachten, für Schulungen, Sitzungen und Apéros, oder vermietet ihn an Bekannte. Zudem empfängt er darin Pressevertreter:innen für Interviews und dreht darin – an seinem Lieblingsplatz in der Ecke unter den Glocken – Videos für seinen Instagram-Kanal. Und er nutzt es als Drehort für Werbungen seiner Sponsor:innen.
«Wenn das Schwingerstübli in einem Werbespot erscheint, tut das schon gut», sagt Eberhart. Es sei ein schöner Auftrag gewesen, und das nur ein Jahr, nachdem er sich selbständig gemacht hatte. Er und Willener scheinen auch ihr oberstes Ziel erreicht zu haben. Dieses ist aber nicht, das Schwingerstübli nach ihren Vorstellungen gebaut zu haben, sondern: «Man soll sich einfach wohl fühlen, trotz beschränktem Platz.»
[i] Eberhart Holzbau