Schlosswil/Grosshöchstetten - Am Ehrentag der Viehzüchter
Jedes Jahr im Herbst finden hierzulande die Viehschauen statt. Werner Reber begleitete jene der Viehzüchter Ried-Schlosswil. Er erfuhr so am 13. Oktober viel Interessantes aus dem Alltag der Züchter und über die heutige Viehzucht, wie er in seinem Bericht für BERN-OST schreibt.
Bereits am Vortag wurden auf den Höfen die Hochdruckreiniger in Betrieb genommen und wenn nötig mit der Bürste von Hand nachgebessert, denn jeder Züchter wollte seine Kühe ins beste Licht stellen. So machten sich am Morgen die Treibermannschaften mit rund 170 Tieren auf den Weg nach Grosshöchstetten, wo sie auf den Viehschauplatz nach Alterskategorien aufgestellt wurden. Ein Expertentrio nahm die sauber herausgeputzten Kühe unter Beschlag und waltete seines Amtes. Nach welchen Kriterien findet eine solche Beurteilung statt? Zuchtbuchführer Hanspeter Bieri und David Keller, beide selber passionierte Fleckviehzüchter, gaben mir bereitwillig Auskunft auf meine Fragen:
Früher kannte man hierzulande das Simmentaler Fleckvieh, das Braunvieh, die schwarz-weissen Freiburger und die Eringer aus dem Wallis. Was ist davon noch übrig geblieben?
Fleckvieh und Braunvieh sind immer noch aktuell und gelten als Zweinutzungsrassen, also sowohl Milch- wie auch Fleischproduktion. Die Freiburger Schwarzflecken wurden durch die Holsteiner abgelöst und gelten als ausgesprochene Milchlieferanten. Die Schwarzen aus dem Val-d’Hérens, die Eringer, haben sich als Fleischlieferanten etabliert, sind aber auch durch die (unblutigen) Kuhkämpfe im Wallis sehr populär. Vor ihrem Einsatz im Ring werden sie noch speziell aufgepäppelt, wobei im speziellen Futtergemisch auch der Fendant eine Rolle spielen soll...
Bei den meisten aufgeführten Tieren fällt auf, dass sie keine Hörner tragen. Warum eigentlich?
Das ist vor allem eine Vorsichtsmassnahme, die bei den heutigen Freilaufställen die Verletzungsgefahr minimiert. Die Enthornung geschieht bereits im Kälberalter und wird unter Vollnarkose durch den Tierarzt ausgeführt.
Nach welchen Kriterien wird eine Kuh bewertet?
Als erstes wird das Exterieur beurteilt, das heisst, wie sich eine Kuh präsentiert. Beim Fundament geht es um die Gliedmassen, wie das Tier auf den Beinen steht. Beim Euter wird auf eine gute Drüsigkeit geachtet, es muss gut aufgehängt sein. Und zu guter Letzt müssen die vier Striche (Zitzen) gut platziert und nicht zu kurz oder zu lang sein (wegen der Melkmaschine).
Werden dafür Punkte vergeben und wo liegt das Punktemaximum?
Bei den jüngsten liegt dieses bei 90 Punkten. Es steigert sich dann mit dem Alter auf 94, 96 und 98 Punkte. Diese Zahl kann nur erreicht werden, wenn die Kuh viermal gekalbt hat.
Wird bei dieser Prämiierung auch eine Siegerin erkoren, sozusagen eine «Miss Schlosswil»?
Bei uns noch nicht, anderswo schon. In fünf Jahren feiert der Viehzuchtverein Schlosswil sein 125-jähriges Bestehen, vielleicht lassen wir uns dazu etwas einfallen.
Vor der Präsentation der höchstprämierten Tiere im Ring offerierte der Viehzuchtverein Ried-Schlosswil aus Anlass seines 120-jährigen Bestehens allen Anwesenden einen feinen Apéro.
Dann begaben sich die Züchter mit ihren Familien in den Gasthof Sternen zum gemeinsamen Mittagessen und Fachsimpeln. Vereinspräsident Beat Stalder begrüsste die Anwesenden, gratulierte zum Erfolg und dankte den Experten für ihre gewissenhafte Arbeit. Nun folgte der krönende Abschluss der Viehschau. Die Tiere wurden nochmals herausgeputzt, der Blumenschmuck aufgesetzt und die Glocken umgehängt. Dann gings herdeweise ans «Heimsennen» durchs Thali oder in Richtung Ried.
Am darauffolgenden Abend fand im Restaurant Kreuz der Züchterabend statt. Dabei durften die erfolgreichsten Züchter die begehrten Glocken als Wanderpreis entgegennehmen.