Schule Schlosswil: "Habt doch den Mut zu sagen, dass die Schule für immer schliesst"
Nun ist der Entscheid definitiv. Der Gemeinderat von Grosshöchstetten hat entschieden. Am Montagabend wurde die Bevölkerung informiert. Die Schule Schlosswil geht zu. Ab nächstem Jahr werden alle Klassen in Grosshöchstetten unterrichtet. Das kam im vollen Saal schlecht an.
Gemeindepräsidentin Christine Hofer (EVP) hatte einen schweren Stand an diesem Montagabend. Zusammen mit Gemeinderat Peter Däpp (FDP) vom Ressort Bildung waren sie fast die einzigen, die hinter dem Entscheid standen. "Es sei nicht alles gut gelaufen", sagte die Gemeindepräsidentin zu Beginn. Aber nun ist der Entscheid gefällt.
Schon dieses Jahr zieht der Kindergarten um. Ab nächstem Jahr müssen alle Kinder nach Grosshöchstetten in die Schule. Grund für den unpopulären Beschluss sind die nachlassenden Schülerzahlen. Eine Prognose geht von einem Rückgang von heute 62 auf 36 Schüler:innen im Jahr 2027.
Heftige Diskussion...
An der Versammlung im Gemeindesaal bricht nach der Mitteilung als erstes eine Diskussion über den Transport aus. Wie denn der Transport der Kinder funktionieren soll, wollen mehrere Fragende wissen. Gemeindepräsidentin Hofer antwortet: "Wir starten bereits dieses Jahr mit dem Kindergarten. Wenn sich der Transport bewährt, dann machen wir da weiter. Wenn nicht, finden wir eine Lösung."
...um den Schulbus
Ob denn ein Transport für alle Kinder organisiert werde, wird gefragt. "Für die Kinder bis in die 3. Klasse wird ein Transport organisiert. Danach ist der Weg zumutbar", antwortet die Gemeindepräsidentin.
"Wie soll das gehen, wenn viel Schnee liegt und die Kinder der 4. Klasse nicht mit dem Velo in die Schule können? Wie wollen Sie da einen Tranport organisieren?" fragt ein Vater. "Der Schülertransport ist nicht das grösste Problem", hält Hofer fest.
...um den Veloweg
"Wie wärs mit einem beleuchteten Veloweg für die Kinder? Der Feldweg geht nicht und die Strasse ist gefährlich. Die Autos fahren mit 80 km/h", will eine Mutter wissen.
Hofer antwortet: "Wir sind dran und klären das mit dem Kanton ab. Allenfalls könnte eine Temporeduktion eingeführt werden." Lautes Murren im Saal. Ein Mann ruft dazwischen: "Das ist ein Witz, dass dies nächstes Jahr realisiert werden kann. Bis der Kanton soweit ist, dauert es ewig."
Eine Frau meldet sich: "Wir haben drei Buben im Kindergartenalter. Es ist machbar. Vom Nest und Thali gehen die Kinder mit dem Velo in die Schule."
... um die Sicherheit
Eine andere Mutter zeigt sich besorgt: "Wir warten seit Jahren, dass die Vortrittszeichen beim Tunnel mal wieder neu gefärbt werden, damit die Kinder dort nicht über den Haufen gefahren werden. Bezüglich Sicherheit des Schulweges möchten wir gerne spüren, dass das ein ernstes Anliegen ist." Lauter Applaus hallt durch den Saal. Gemeindepräsidentin Hofer: "Es ist mir wichtig, dass dieser Schulweg sicher wird. Ich appelliere, dass wir dies gemeinsam lösen."
...um das endgültige Ende
Ein Mann steht auf: "Habt doch den Mut zu sagen, dass diese Schule für immer zu geht." Lauter Applaus. Christine Hofer: "Wir sagen, dass wir die Schülerzahlen beobachten. Wenn etwas geht, dann geht die Schule wieder auf. Seien sie dankbar, dass die Kinder in die Schule dürfen." Lautes Geschrei und Buhrufe ertönen. Eine Frau ruft: "Shame on you."
...um den Frust
Eine Frau steht auf: "Ich bin 2018 hier hergezogen und es hiess, es sei sicher, dass die Kinder hier zu Schule gehen können. Ich bin enttäuscht über diesen kurzfristigen Entscheid. Das gibt kein gutes Gefühl. Ich möchte Ihnen ans Herz legen: So sollte man nicht mit Mitmenschen umgehen. Das ist sehr schade. Ich werde diesen Sommer wegziehen." Applaus. Christine Hofer: "Ich nehme mir das zu Herzen."
... und ein Pro für den Gemeinderat
Eine Frau, die zuhinterst sitzt, sagt: "Der Gemeinderat musste in dieser Situation einen Entscheid fällen. Das war nicht einfach. Aber alle die dagegen sind, können für den Gemeinderat kandidieren." Gemurmel und Lachen.
...um die Basisstufe
Eine Frau fragt: "Warum soll eine Basisstufe nur eine kurzfristige Lösung sein?" Hofer: "Weil wir hier langfristig die Kinder nicht sehen." Die Frau: "Ich bin sicher, dass wir genügend Kinder finden würden. Sie könnten auch von Grosshöchstetten kommen."
...zur Zukunft von Schlosswil
Ein Mann meldet sich: "Wir müssen jetzt irgendwie damit leben. Ich möchte wissen, was macht die Gemeinde in Zukunft für die Gesellschaft in Schlosswil? Wie sieht Ihre Vision aus? Wie sehen Sie Schlosswil in zehn Jahren?"
Gemeindepräsidentin Christine Hofer: "Das ist ein Entscheid, den der Gemeinderat fällen muss. Morgen diskutieren wir die Legislaturziele für die nächsten Jahre. Der Ortsteil muss belebt bleiben, auch wenn die Schule nicht mehr da ist. Ich träume davon, dass Schlosswil ein belebtes Dorf bleibt, das traue ich Euch zu."
[i] Im Jahr 2020 hat der Gemeinderat beschlossen die Kinder nur noch in Grosshöchstetten zu unterrichten und die Schule in Schlosswil zu schliessen.
Die Kerngruppe Pro Schule Schlosswil sammelte darauf 1'600 Unterschriften für den Erhalt der Schule. Der Gemeinderat entscheidet darauf, die Schule vorerst offen zu halten. Am 4.4.2022 hat der Gemeinderat den definitiven Entscheid gefällt. Die Schule macht 2023 zu. Unterrichtet wird nur noch in Grosshöchstetten.