Schlosswil - Zwei Urgesteine prägen das Buch

«Hans Berger ist der sachliche Typ. Ich suchte eher die Geschichten um die Fakten herum.» So sieht Hans Zaugg die Arbeitsteilung im neuen Buch «Schlosswil – die kleine grosse Gemeinde».

Wochen-Zeitung
Wer Schlosswil kennt, kennt auch den Hans Berger und den Hans Zaugg. Und die beiden kennen Schlosswil wie ihre eigene Hosentasche. Beide haben – wie bereits ihre Vorfahren – die meiste Zeit ihres Lebens dort verbracht. Beide interessieren sich sehr um alles, was einmal in Schlosswil war und um alles, was jetzt in Schlosswil läuft. Beide haben massgeblich am neu herausgegebenen Buch «Schlosswil – die kleine grosse Gemeinde» mitgeschrieben (die «Wochen-Zeitung» stellte das Buch vor). Hans Berger ist fast 90-jährig, Hans Zaugg nur ein paar Jährchen jünger. Vieles haben die beiden alten Schlosswiler Herren gemeinsam: Beispielsweise, dass sowohl Hans als auch Hans den Zeitungsmann anhalten, «ömu de nid z vieu vo ihm z schribe». In vielem sind Hans Berger und Hans Zaugg aber auch unterschiedlich. Beide haben sich auf ihre Weise für die Gemeinde eingesetzt. Hans Berger amtete 40 Jahre lang als Gemeindeschreiber. Dazu war er Sekretär und Kassier zahlreicher Kommissionen, Vereine und Genossenschaften, «einfach Mädchen für alles», wie er seine Tätigkeit im Rückblick zusammenfasst.

Hans Zaugg leistete seinen Beitrag für die Öffentlichkeit im kirchlichen Leben. Dazu war und ist er eifriger Leserbriefschreiber und kritischer Beobachter des Gemeindegeschehens.

Ein Besuch bei alt Gemeindeschreiber Hans Berger bestätigt, was Hans Zaugg bereits über ihn gesagt hatte: Er ist ein sachlicher Typ. «Sie haben also noch Fragen zum Buch?», kommt er bald einmal zur Sache. Obschon er seine Beiträge zum Buch bereits vor ein paar Jahren abgeliefert hat, weiss er noch genau, was und worüber er geschrieben hat. Einen grossen Effort leistete Hans Berger bereits zur 850-Jahr-Feier der Gemeinde 1996. «Ich erhielt damals vom Gemeinderat den Auftrag, Fakten über die Gemeinde zusammenzutragen», erinnert er sich. Dies tat er in akkribischer Arbeit. Über jeden Hof wollte er die Handänderungen und die Umstände, die dazu führten, herausfinden. Über den jeweiligen Verkaufspreis steht im Buch nichts geschrieben. «Ich hatte mich nicht dafür, ihn zu veröffentlichen.» Losgelöst von den damaligen Umständen die Verkaufssumme zu nennen, wäre ohnehin nicht aussagekräftig. Trotzdem: «Da und dort habe ich über den tiefen oder auch über den hohen Preis gestaunt», sagt Berger mit einem Schmunzeln.

Nicht nur das Jubiläum war für den Gemeindeschreiber Motivation, mehr über die Gemeinde zu erfahren. Immer wieder sei er von Einwohnern, insbesondere von Neuzuzügern, um Informationen über die Gemeinde gebeten worden. «Als dann fürs Gemeindejubiläum alles Material vorlag, habe ich mich dafür eingesetzt, dass diese Informationen als Ergänzung zum 1936 erschienenen Schlosswil-Buch von Ernst Werder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.»
Von der Idee des Buches bis zur Vernissage dauerte es einige Jahre. «Zeitweise glaubte ich nicht mehr daran, dass ich den Zeitpunkt der Veröffentlichung noch erleben darf», so Hans Berger. Um so mehr freut er sich nun, wenn er im Buch über «seine» Gemeinde blättert.
Hans Berger war Gemeindeschreiber mit Leib und Seele. Aus seiner 40-jährigen Amtszeit bleiben viele schöne und auch einige schmerzliche Erinnerungen zurück. Ein Beispiel: «Emotional stark berührt hat mich die politische Abtrennung der Gemeinde Oberhünigen von Schlosswil.» Im Buch wird das Thema Oberhünigen sachlich abgehandelt. «Und das ist richtig so», sagt Hans Berger.

Hans Zaugg hatte sich als Autor des Kapitels «Kirche und Kirchgemeinde» auch an die Fakten zu halten. «Ich suchte aber gerne nach den Geschichten, die hinter diesen Fakten stehen». Denn viel Neues gebe es aus der Kirchgemeinde nicht zu schreiben. Die Aufgaben und Probleme wiederholten sich immer wieder: Verwaltung, Wahlen, Rennovationen. Deshab habe er versucht, das Menschliche, oft Allzumenschliche herauszuspüren oder das vermeintlich so wichtige im Spiegel der Vergangenheit zu betrachten. Mit diesen Worten bereitet er die Leser des Buches auf «sein» Kapitel vor.

Hans Zaugg ist sich des Schreibens gewohnt. Bereits während seines Berufslebens als Geschäftsführer einer Schreinerei – und seit der Pension noch fleissiger – hat er immer wieder zur Feder gegriffen und Leserbriefe verfasst. «Immer dann, wenn ich etwas zu kritisieren habe», präzisiert er und lacht. Er sei nun einmal ein kritischer Mensch. Und weil ihm schreiben leichter falle als reden, äussere er sich auf diese Weise. Häufig möchte er mit seinen Briefen die Diskussion über politische Geschäfte in Gang bringen. «An der Gemeindeversammlung ist für eine Diskussion zu wenig Zeit. Da müssen die Meinungen schon gemacht sein», ist seine Erfahrung. So habe er es auch sehr geschätzt, als vor allem Neuzuzüger im Dorfteil Nest die Demokratische Vereinigung Schlosswil (DVS) als zusätzliche Stimme gegründet hätten. Diese Vereinigung prägt heute das politische Geschehen in der Gemeinde mit. Hat Hans Zaugg auch im Gemeinderat mitgearbeitet? «Nein! Kritisieren ist viel einfacher als es selber besser zu machen», sagt er, und wieder huscht ein schelmisches Lächeln über sein Gesicht.

Das Alles-Hinterfragen habe er von seiner Mutter geerbt. Sie sei auch ein kritischer Mensch gewesen. «Das wurde aber in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen, weil es das Frauenstimmrecht ja noch nicht gab.» Hans Zaugg hält inne. Dann fährt er fort: «Apropos kritischer Mensch: Vielleicht bin ich gar nicht kritischer als andere, aber ich wage, meine Fragen zu stellen und meine Meinung kundzutun. Dies könne er heute noch besser als früher. «Das ist ein Vorteil wenn man alt ist. Ich brauche in keiner Weise Rücksicht auf meine Karriere oder sonst irgend etwas zu nehmen.» Handelt er sich mit dieser Haltung nicht auch Anfeindungen ein? «Nein, das glaube ich nicht», sagt Hans Zaugg spontan. Er überlegt eine Weile und schüttelt dann den Kopf: «Nein, ich wüsste keinen einzigen Menschen, mit dem ich verfeindet wäre.» Hierzu gäbe es auch keinen Grund: «Nach einer Abstimmung habe ich nie ‹töipelet›», erklärt er. Selbst wenn Hans Zaugg mit Kritik nicht spart: Seine spitze Feder ist weder verletzend noch von einem besserwisserischen oder verbitterten Geist beherrscht. Vielleicht deshalb ist er vor Anfeindungen verschont geblieben.
Wie sein Namensvetter Hans Berger gehört auch Hans Zaugg zu den Urgesteinen Schlosswils, die ihren reichen Wissensschatz – jeder in seiner ­Eigenart – gerne mit anderen Bürgern teilen.

Ein Artikel aus der

www.schlosswil.ch

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Erstellt: 15.01.2009
Geändert: 15.01.2009
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