Schlosswil - Schlimmer Schimmel
Ein Schimmelpilz hat sich im Gemeindearchiv Schlosswil breitgemacht. Reinigungskosten: 120'000 Franken. Ohne Schutzanzug darf derzeit niemand das Archiv betreten.
Ein ungebetener Gast hat sich in Schlosswil eingeschlichen. Und um ihn wieder loszuwerden, muss die Gemeinde tief in die Tasche greifen. Sein Name ist Aspergillus, und er ist ein Schimmelpilz.
Breitgemacht hat er sich im Luftschutzkeller unter der Gemeindeverwaltung. Dort befindet sich das Schlosswiler Gemeindearchiv. «Der ganze Raum ist befallen», erklärte Gemeindepräsidentin Doris Reber an der Gemeindeversammlung. «Wie es dazu gekommen ist, wissen wir nicht. Wahrscheinlich wurde irgendwann kontaminiertes Material hineingetragen.»
Was die Schlosswilerinnen und Schlosswiler aber wissen: 120'000 Franken kostet es, den Schaden zu beheben. Die Gemeindeversammlung hatte über den nötigen Kredit zu befinden und genehmigte ihn ohne grosses Murren.
Jedes einzelne Blatt
Den Schaden beheben bedeutet in diesem Fall, dass alles penibel gereinigt werden muss. Und eine Reinigung von Archivmaterial wird dann richtig teuer, wenn es alt ist. Wie Doris Reber erklärte, gibt es in der Schweiz nur eine Firma, die auf Schimmelpilzbefall in Archiven spezialisiert ist: die Firma Docusave aus Seftigen.
Laut Geschäftsleiterin Barbara Mordasini Voser läuft es immer ähnlich ab. Zuerst wird der Schadenort analysiert. Dann wird das Material vor Ort im Unterdruck grob gereinigt, verpackt und in die Produktionsstandorte der Firma Docusave abtransportiert. Dort wird der Pilz mithilfe von Röntgenstrahlen abgetötet. Eine solche Bestrahlung lässt das Material jedoch vorzeitig altern.
Deshalb ist diese Methode für historische Akten und Kulturgüter, wovon es im Schlosswiler Archiv einige gibt, nicht geeignet. Mit oder ohne Bestrahlung, der Leib des Pilzes und dessen Ausscheidungsprodukte müssen in Handarbeit entfernt werden.
Je nach Befall müssen die Mitarbeiter der Firma Docusave jedes einzelne Blatt manchmal sogar mehrere Male mit Mikrofaserlappen und einem Gemisch aus Wasser und Ethanol abreiben. Schon nur diese Reinigung kostet die Gemeinde Schlosswil 54'000 Franken.
Überzug und Mundschutz
Eine Analyse der Firma Docusave hat ergeben, dass es sich beim Schlosswiler Schimmelpilz um die Gattung Aspergillus handelt. Laut Mordasini Voser ist der Pilz gesundheitsgefährdend und kann bei breitem Auftreten Infektionen und Allergien auslösen, wenn auch nur bei längerem Kontakt. Darum muss, wer das Schlosswiler Archiv betreten will, Schutzkleidung tragen.
Schon ein Dutzend Mal hat sich Gemeindeschreiberin Therese Dütschler in den letzten Monaten den weissen Anzug überziehen müssen, inklusive Mundschutz. Etliche Stunden hat sie in den kontaminierten Räumlichkeiten verbracht. «Da wir für die Reinigung pro Laufmeter bezahlen, haben wir erst einmal ausgemistet», erklärt sie. «Alles, was nicht mehr archivpflichtig oder archivwürdig war, haben wir in Kisten verpackt.»
Zwanzig Kisten sind es letztlich geworden, die von Docusave dann abtransportiert und vernichtet werden. Alles andere wird in den nächsten drei Monaten gereinigt. Spätestens im Frühjahr 2016 sollte das Archiv wieder frei zugänglich sein.
Realschule wird ausgelagert
Ab dem Schuljahr 2016 gehen die Schlosswiler Realschüler in der Nachbargemeinde Grosshöchstetten in den Unterricht. Die Gemeindeversammlung hat die dafür notwendige Teilrevision des Organisationsreglements grossmehrheitlich genehmigt. Die Sekundarschule wird von den Schlosswiler Schulkindern schon seit Jahren in Grosshöchstetten besucht.
Viel zu diskutieren gab dieses Traktandum nicht. Überraschenderweise, schliesslich ist das Thema Schule meist umstritten. «Es lag wohl daran, dass wir die Bevölkerung bereits im Frühling mit einem Brief darüber informiert haben», meint Gemeinderätin Franziska Zumbrunnen, die das Ressort Bildung unter sich hat. «Und sicher hat auch die geplante Fusion mit Grosshöchstetten geholfen.»
Ein weiterer Aspekt sind die Schülerzahlen. In den nächsten zwei Jahren wären pro Schuljahr auf der Realstufe noch ein bis zwei Schüler vertreten, die dann in bis zu fünfstufigen Klassen unterrichtet würden. Sowohl für Lehrer wie auch für die Schüler sei dies alles andere als ideal, bekräftigt Zumbrunnen.
Auch die Schaffung einer neuen Schulklasse nur für Realschüler sei letztlich keine Alternative gewesen, sagt Zumbrunnen weiter. «Schon der Kanton hat ein entsprechendes Gesuch abgelehnt.»
Zudem wäre dies mit jährlichen Kosten von über 200'000 Franken teurer gekommen als eine Auslagerung. Für diese rechnet Schlosswil mit 165'000 Franken pro Jahr.