Schlosswil - Handwerker stolpert über seine nachlässige Buchhaltung

Weil ein Bauunternehmer jahrelang keine richtige Buchhaltung führte und beim Konkurs seiner Firma ­Vermögenswerte verheimlichte, stand er letzte Woche vor dem Kreisgericht Konolfingen. Mit einer Haftstrafe von einem Jahr bedingt zahlt er für Überforderung und Beratungsresistenz.

Manfred Joss / Wochen-Zeitung
B ist ein hilfsbereiter, gemütlicher und geachteter Mann, lange Jahre Gemeindepräsident, Feuerwehrkommandant und Präsident des Schützenvereins. Dazu ist er ein begabter Handwerker. Doch wer im Geschäftsleben bestehen will, sollte nicht nur sein Handwerk verstehen – er sollte auch schauen, dass er seine Buchhaltung im Griff hat und für seine Arbeit bezahlt wird. Das unterliess B, was ihn zuerst in Teufels Küche und dann auf die Anklagebank im Gerichtssaal in Schlosswil brachte.

Buchhaltung verschlampt

Schon 2003 ging die Baufirma des heute 67-jährigen, die er von seinem Vater übernommen hatte, in Konkurs. Ein Jahr später gründete er eine GmbH und geschäftete weiter, nur um knapp drei Jahre später wieder die Konkursbeamten am Hals zu haben, mit Schulden von etwa 300’000 Franken. Er habe die Buchhaltung seiner Firma «aus Desinteresse und Überforderung» arg vernachlässigt, heisst es im Überweisungsbeschluss der Anklage. Hilfsangebote aus seinem Umfeld hat er nicht angenommen, und die Pflege seiner erkrankten Mutter forderte ihn zusätzlich. Trotzdem: «Ich dachte, es gehe schon irgendwie.» Es ging aber ganz und gar nicht, die Buchhaltung seiner Firma war chaotisch bis inexistent. Das ist umso erstaunlicher, als B schon nach dem ersten Konkurs bei Gerichtspräsident Zwahlen in Schlosswil antraben musste, und für ähnliche Versäumnisse drei Monate bedingt kassiert hatte. Zwahlen sagte denn auch, B zeige eine gewisse Sturheit und sei beratungsresistent. «Heute würde ich es anders machen», brummte B, aber das Gericht kam nicht umhin, ihn wegen Misswirtschaft, Unterlassen der Buchführung und Verstoss gegen das AHV-Gesetz schuldig zu sprechen.

Knifflig war für den Richter hingegen die Frage, inwiefern der gescheiterte Bauunternehmer in den beiden Konkursverfahren seine Vermögenswerte falsch oder unvollständig angegeben hatte.

Privatkonto verschwiegen

Untersuchungsrichteramt und Staatsanwaltschaft listeten 15 Punkte auf, in denen sich B des betrügerischen Konkurses schuldig gemacht haben soll, indem er Vermögenswerte verschwieg. Schon im ersten Konkurs 2003 habe er angegeben, sein Werkzeug verkauft zu haben, stattdessen hat er es behalten und später wieder verwendet. Im zweiten Konkurs 2007 soll er im Wesentlichen ein privates Postcheckkonto verschwiegen haben; dorthin leitete B Zahlungen, die eigentlich der GmbH und damit der Konkursmasse zustanden. Punkt für Punkt erörterte das Gericht, ob ein bewusstes Verheimlichen vorlag und damit ein betrügerisches Vorgehen, oder ob es sich um den weniger schweren Tatbestand des «Ungehorsams im Betreibungs- und Konkursverfahren» handelte. Letzterer verjährt nach drei Jahren und hatte dadurch das Gericht grösstenteils schon nicht mehr zu beschäftigen.

Ein Jahr bedingt

In vielen Punkten wurde B freigesprochen, weil er auf seinem Privatkonto nicht nur Einnahmen der GmbH verbuchte, sondern auch Ausgaben für die Firma geltend machte. Andere Kontobewegungen fanden nach dem Konkurs statt und waren Lohn für die Arbeit, die B auf privater Basis auf seinen Baustellen noch zu Ende führte. Somit reduzierte sich die Deliktsumme schliesslich auf 50’000 bis 70’000 Franken. Die Anklage hatte noch ein Total von fast 200’000 Franken errechnet.

Auch wenn hinter B’s Vorgehen vor allem Unvermögen stecke, sei er nicht nur der gutmütige «Laueri», tadelte Gerichtspräsident Zwahlen. B habe auch bewusst die Unwahrheit gesagt. Das Gericht verurteilte ihn zu neun Monaten Haft bedingt für die Verfehlungen im zweiten Konkursverfahren, und zu drei Monaten für jene im ersten. Eine Busse von 1’800 Franken plus die Verfahrenskosten kommen hinzu.

B ist inzwischen pensioniert und lebt mehr schlecht als recht von der AHV und einigen Gelegenheitsjobs. Auf die Rücknahme seiner Buchhaltungsbelege, die in einer Kiste im Gerichtssaal lagerten, verzichtete er dankend. Kein Problem, sagte Gerichtspräsident Zwahlen: Weil das Gericht im Schloss Wyl im Rahmen der Justizreform aufs Neujahr nach Bern zügelt, werde es so oder so eine Schuttmulde brauchen, um all den Krempel zu entsorgen.

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Erstellt: 04.11.2010
Geändert: 04.11.2010
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