Schleichweg Worb SBB - Richigen: Gemeinde belässt Zustand bewusst

Die Strasse zwischen dem Bahnhof Worb SBB und dem Richiger Dorfzentrum ist in desolatem Zustand und Pendler benutzen sie in den Stosszeiten als Schleichweg. Für Anwohner ist die Strasse und der Verkehr darauf eine Zumutung. Die Gemeinde Worb belässt die Strasse aber bewusst in diesem Zustand.

Isabelle Berger, isabelle.berger@bern-ost.ch
Es ist Dienstagabend um 17 Uhr. Noch scheint die Stationsstrasse ab dem Worber SBB-Bahnhof eine selten befahrene Landstrasse zu sein, was sich aber gleich ändern wird. "Ich fahre gar nicht gerne über diese Strasse", sagt Christine Stähli aus Richigen. "Sie ist eng, unübersichtlich, schlecht unterhalten und wird auch noch vom Landwirtschaftsverkehr benutzt."

Wir fahren die Strecke ab. Die Menge an Autos, die nun von beiden Seiten die Strasse befahren, wirkt grotesk in Anbetracht der schmalen Landstrasse ohne Mittellinie. Überall weichen Autos zum Kreuzen neben die Strasse aus. Kurz vor der Kreuzung mit der Trimsteinstrasse ist die Stationsstrasse bereits fast einen halben Meter breiter geworden. "Die Gemeinde füllt diese Stellen und die Löcher in der Strasse einfach mit Kies. Die Strasse wird dadurch immer breiter", sagt Stähli.

Tempo 80

Das Kreuzen ist auch nicht ungefährlich. Einerseits wegen der Enge der Strasse, andererseits wegen des erlaubten Tempos: 80 Stundenkilometer. "Ohnehin viel zu schnell für so eine Strasse", findet Stähli, die selbst mit 30 Stundenkilometern unterwegs ist. Gerade an unübersichtlichen Stellen, wie der engen Kurve auf dem Gsteig, kommt es immer wieder zu brenzligen Brems- und Ausweichaktionen.

Der Schleichweg sei schon vor der Verkehrssanierung benutzt worden. Aber seit diese im Gange sei, habe sich die Lage zugespitzt, sagt Stähli. Wegen den aktuellen Bauarbeiten an der Bernstrasse, ist der Migros-Kreisel nur schwer passierbar, die Rubigenstrasse nur einseitig befahrbar.

Gemeinde will Schleichverkehr nicht fördern

Gemeindepräsident Niklaus Gfeller glaubt, dass sich die Situation bessern wird, wenn dereinst die Bauarbeiten abgeschlossen sind. Dass die aktuelle Situation eine Zumutung ist, findet aber auch er. Aber: "Die Gemeinde lässt die Strasse bewusst in ihrem jetzigen Zustand. Würde die Strasse ausgebaut, würde das den Schleichverkehr nur noch fördern."

Für immer wird es aber nicht so bleiben. "Nach dem Abschluss der Worber Verkehrssanierung 2021 ist die Belagssanierung der Strecke Worb SBB-Richigen eingeplant", sagt Gfeller. Dann sieht er auch eine Möglichkeit Bodenwellen einzubauen. "Allerdings müssten diese so platziert sein, dass sie den landwirtschaftlichen Verkehr nicht beeinträchtigen", sagt er.

Mögliche Massnahmen: Lastwagenverbot und Temporeduktion

Zudem prüft die Gemeinde ein Verbot für Lastwagen. "Ein solches müsste aus unserer Sicht bestehen", sagt Gfeller. Die komplette Schliessung der Strasse sei nicht möglich, da sie unter anderem für die Landwirte von Bedeutung sei. Ein Zubringerdienst, wie ihn auch Stähli wünscht, mache keinen Sinn. "Dieses Signal hat heute keine Wirkung mehr. Jeder kann sich als Zubringer verstehen und die Polizei kann dies nicht überprüfen", sagt Gfeller.

Eine Verkehrsmessung habe zudem ergeben, dass 85 Prozent der Autofahrer weniger schnell als die erlaubten 80 Stundenkilometer fahren würden. "Die meisten fahren 55, aber noch das ist meiner Meinung nach zuviel", sagt er und verspricht, dass die Gemeinde die Tempi auf der Strecke im Auge behalten wird. "Besonders mit dem neuen Belag wird es dann heikel, da dieser zum Schnellerfahren einlädt."

Gfeller appelliert an die Bevölkerung

Gfeller überlegt sich auch, die Bevölkerung mit einem Flugblatt auf die Situation aufmerksam zu machen und an das Gewissen der Autofahrer zu appellieren.

Und er hofft, dass sich die Bauern gegen den Verkehr wehren: "Ich staune, dass von den Bauern, die an den Rändern der Strasse Land einbüssen, kein Widerstand kommt." Die Bauern finanziell zu entschädigen, steht für ihn aber nicht zur Diskussion: "Wir wollen ja die Strasse gar nicht verbreitern!" Eine Entschädigung durch die Gemeinde käme in diesem Sinne einer Gebühr für die Nutzung gleich.

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Erstellt: 03.07.2017
Geändert: 03.07.2017
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