Sanierung Worbboden: Vermag Worb die 26 Millionen?
FDP und SVP haben im Worber Parlament (GGR) gegen die Gesamtsanierung der Schulanlage Worbboden gestimmt, weil sie zu teuer sei. Tatsächlich könnte die Investition weitreichende Folgen haben: von einer mutmasslichen Steuererhöhung bis zu einer jahrelangen Investitionsbremse für in der Gemeinde.
Im Oktober kommt in Worb die Sanierung des Oberstufenzentrums Worbboden an die Urne. Das Stimmvolk entscheidet dann über einen Kredit von mehr als 26 Millionen. Darin enthalten sind nebst der Sanierung des Schulhauses auch ein Container-Provisorium für den Unterricht während des Umbaus.
Wasserschäden beweisen den Bedarf
Dass die Sanierung der rund 50-jährigen Schulanlage notwendig ist, hat im GGR niemand bestritten. Handfester Beweis für die Notwendigkeit sind etwa Wasserschäden, die es in den letzten Jahren immer wieder gab.
Trotzdem haben die SVP und die FDP geschlossen gegen das Projekt gestimmt, nachdem ihre Änderungsanträge abgelehnt wurden (BERN-OST berichtete). Der Grund ist das Geld.
«Wir sind der Meinung, dass wir das nicht vermögen», sagt SVP-Präsident Bruno Fivian. Das sei auch der Schluss, zu dem die Finanzkommission gekommen sei.
«Nicht tragbar ohne Steuererhöhung»
Dem stimmt Lenka Kölliker, Gemeinderätin mit dem Ressort Finanzen und damit Präsidentin der Finanzkommission zu. In einer ersten Version der Botschaft an die Stimmberechtigten stand, das Projekt sei «wahrscheinlich nicht tragbar ohne Steuererhöhung». Genau so habe das Fazit der Kommission gelautet, sagt Kölliker. In der zweiten, noch nicht definitiven Version heisst es nun, es sei «zum heutigen Zeitpunkt nicht möglich zu sagen, wann eine Steuererhöhung allenfalls erforderlich sein wird.»
Geblendet von der guten Rechnung?
Für diese Aussage habe man wohl die Jahresrechnung 2022 herangezogen, vermutet Fivian. Diese fiel massiv besser aus als das Budget und schliesst im allgemeinden Haushalt mit einem Gewinn von 1,7 Millionen Franken ab. Nur: Die Steuereinnahmen bei den natürlichen Personen waren viel tiefer als budgetiert und sind gegenüber dem Vorjahr nur leicht gestiegen. «Es ist in wirtschaftlicher Hinsicht absehbar, dass sie in Zukunft deutlich zurückgehen», so Fivians Befürchtung.
Auch Kölliker sagt: «Da hat man sich wohl etwas blenden lassen vom aktuellen guten Ergebnis.» Die Finanzkommission habe ihre Aussage nicht revidiert. «Eine Prognose ist aber sehr schwierig. Wenn weitere so gute Rechnungen folgen, ist es vielleicht wirklich möglich, die Steuern nicht zu erhöhen. Aber das aktuelle Ergebnis ist zu weiten Teilen auf so genannte Sondereffekte, zum Beispiel bei den Grundstücksteuern, zurückzuführen, die sich wohl nicht jedes Jahr wiederholen. Wenn sich die Steuern der natürlichen Personen so weiter entwickeln, wird es ziemlich sicher nicht reichen.»
Eine Steuererhöhung wollen beide in dieser Sache oppositionellen Parteien unbedingt vermeiden. Eine solche ist aber nicht die einzige finanzielle Folge, die das Millionenprojekt haben könnte.
Die Folgekosten
«Es muss auch günstiger gehen. Die übermässige Schulhaus-Sanierung belastet die Gemeinde finanziell zu stark», sagt FDP-Fraktionspräsidentin Elena Lanfranconi. «Das schränkt auch den Spielraum für andere Aufgaben ein, was keine gute Politik ist.» Nicht nur der Kredit wird bei einem Ja nämlich fällig. Die Sanierung würde die Gemeinderechnung während 25 Jahren mit jährlich über einer Million in Form von Abschreibungen und Zinsen belasten.
Was sonst noch ansteht
Eine Million pro Jahr, das ist kein kleiner Betrag. Und in Worb sind für die nächsten Jahre diverse weitere Investitionen geplant. Im Finanzplan sind allein für die nächsten vier Jahre im allgmeinen Haushalt über neun Millionen Franken eingestellt, davon rund 4,7 Millionen für weitere Schulhaussanierungen, 1,3 Millionen für Strassen, eine halbe Million für den Sportplatz Niederhaus, 680'000 Franken für ein neues Tanklöschfahrzeug und 900'000 Franken für Sanierungen und Gebäudetechnik im Verwaltungsgebäude und anderen Gemeindeliegenschaften. Ein kleiner Teil dieser Gelder ist schon gesprochen. Der grössere Teil wird zwar als wichtig oder gar zwingend eingestuft, es handelt sich aber um unverbindliche Zielwerte.
Wieviel von diesen Vorhaben müssten über die Klinge springen, wenn der Worbboden wie vorgesehen saniert wird?
Sanierung bindet finanzielle und zeitliche Ressourcen
Das könne man so nicht beantworten, sagt Gemeindepräsident Niklaus Gfeller (EVP). «Die Beträge im Finanzplan sind ja noch nicht beschlossen. Jedes einzelne Projekt muss durch das finanzkompetente Organ beschlossen werden. Investitionen über 150'000 Franken beschliesst der GGR und Investitionen oberhalb 2 Millionen das Stimmvolk..» Die Worbbodensanierung werde sicher Ressourcen binden, auch zeitlich und personell. «Es darf aber nicht sein, dass man jetzt sagt, wenn der Worbboden kommt, machen wir 15 Jahre nichts anderes mehr. Wenn zum Beispiel das Tanklöschfahrzeug der Feuerwehr abliegt, so muss dies ersetzt werden.»
Nicht vergessen dürfe man zudem, dass ein sanierungsbedürftiges Gebäude auch eine Art Schuld sei.» Wenn man etwas realisiert, wird aus der virtuellen einfach eine ordentliche Schuld, die in der Rechnung auftaucht.»
Hat Worb zu viel Schulraum?
Auch Lenka Kölliker kann die Frage nicht konkret beantworten. «Im Finanzplan sind ja erstmal alle Bedürfnisse drin. Beschlüsse fallen erst beim Budget oder bei konkreten Projekten.» Anschauen müsse man aber sicher die hohen Investitionen in die Schulhäuser. «Da die Schülerzahlen voraussichtlich nicht steigen und schon jetzt überzählige Räume extern vermietet sind, wird man sich fragen müssen, ob man zusätzlich zur Sanierung des überdimensionierten Worbbodenschulhauses alle anderen Schulhäuser noch braucht und auf Vorrat sanieren will.»
Was wäre die Alternative?
Bleibt die Frage, was die Alternative wäre zum vorgelegten Sanierungsprojekt. «Eine Pflästerlipolitik» die letztendlich viel teurer werde, so die Ansage des Gemeinderats. «Das ist überhaupt nicht belegt», sagt dazu Bruno Fivian. Das Wunschszenario der SVP sei, dass das Stimmvolk die Vorlage ablehne und der Gemeinderat sie in der Folge redimensioniere. Seine Partei werde sich deshalb für ein Nein einsetzen. Auch die FDP werde vor der Abstimmung ihre Argumente ans Stimmvolk bringen, so Elena Lanfranconi. "Wir wollen ein neues Projekt, das unsere Anliegen aufnimmt."
Wieviel Raum braucht die Schule?
Nebst den geforderten Varianten ist dies auch eine Gesamtschau in Sachen Schulraum. «Man hat nur den Raumbedarf in diesem Schulhaus geprüft.» Da der Worbboden schon jetzt überdimensioniert sei - einige überzählige Räume sind bereits an die Musikschule vermietet - müsse man die ganze Gemeinde anschauen. Ein Anstieg der Schülerzahlen ist nämlich nicht in Sicht. Schaut man die demographische Zusammensetzung der Worber:innen an, werden sie eher sinken.
Wie die finanziellen Auswirkungen des 26-Millionen-Projekts in der Botschaft ans Stimmvolk letztendlich dargestellt werden, ist noch nicht klar. Laut GGR-Präsidentin Catarina Jost wird die Botschaft an das Stimmvolk vom GGR-Büro diese Woche überarbeitet.