Rüttihubeliade - Die verkannte Seele des Orchesters
Im Rahmen der 9. Rüttihubeliade führt der Basler Hornist Thomas Müller mit seinem Quartett Horn Connection durch die spannende Geschichte des Horns.
Die «Seele des Orchesters» hat Robert Schumann das Horn einmal genannt. Auch Thomas Müller, Solohornist des Zürcher Kammerorchesters, schwärmt von der wohligen Wärme des Hornklanges und erklärt, warum der Mensch so empfänglich ist für diese Töne: «Der Frequenzbereich ist derselbe, wie wenn ein ungeborenes Kind seine Mutter sprechen hört.» Manch spöttischer Musiker lässt hingegen kein gutes Haar an dem Blechblasinstrument. So kursiert in Musikerkreisen der Witz: «Warum ist das Horn ein göttliches Instrument? Ein Mensch bläst zwar hinein, aber Gott allein weiss, was rauskommt.» Manche nennen das Horn auch gerne «Glücksspirale» oder «das Instrument, das immer danebenkiekst». Solchen Vorwürfen sind Hornisten viel mehr ausgesetzt als zum Beispiel Trompeter oder Posaunisten. «Wegen der dünnen, gewundenen Röhre führt bereits die minimalste Fehlbewegung der Lippen dazu, dass der falsche Ton erwischt wird», sagt Naturhornspezialist Thomas Müller.
Stress wie im Kampfjet
Zudem durchdringt ein «Danebenkieksen» des solistisch besetzten Horns sofort den Gesamtklang des Orchesters. Umso höher sind die Erwartungen, welche die anderen Musiker an die hintere Bläserreihe setzen. «Als Hornist braucht man eine starke Persönlichkeit, um den psychischen Druck im Orchester auszuhalten», sagt Thomas Müller. Dass Solohornist einer der schwersten Berufe der Welt ist, belegt eine kanadische Studie. Diese fand heraus, dass ein Hornist bei einem Solo genauso unter Stress steht wie ein Kampfpilot im Einsatz.
Bis sich das Horn singend entfalten durfte, war es ein langer Weg. Vor dem 18. Jahrhundert war das Horn nicht für die Melodien, sondern für die Signale zuständig: «Bevor der Postbote die Serpentinen in Angriff nahm, hat er unten im Tal in sein Horn geblasen. So konnte er mitteilen, ob ein Expressbrief eintrifft oder neue Pferde bereit gemacht werden müssen», erklärt Müller.
Reise durch die Geschichte
Das Image des Datenübermittlers wurde das Instrument so schnell auch nicht los: Während Trompeter und Posaunisten als Stadtbläser schon längst gesellschaftliches Ansehen genossen, wurde das Jagdhorn nur von Stallknechten geblasen. In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts kam dann die Stopftechnik auf: Mit der Bewegung der Hand im Schalltrichter konnten nun mehr als nur die Naturtöne gespielt werden. Erst 1815 wurden dann die Ventile erfunden. Der Professionalisierung des Instrumentes zum Trotz kann ein guter Hornist aber genauso auf einem einfachen Gartenschlauch Vivaldis Doppelkonzert für Jagdhorn spielen, wie Thomas Müller in seinem Programm «Das magische Horn» beweisen wird: «Man steckt vorne ein Mundstück drauf und hinten einen Trichter, und dann geht das wunderbar.» Mit seinem Quartett Horn Connection führt er in einem moderierten Familienkonzert mit vielen Musikbeispielen durch die Geschichte des Horns und lässt alles Hornartige vom Alphorn über Teekanne bis zur Giesskanne erklingen. Einzig mit den Nashörnern, die das Berner Naturhistorische Museum vorgestern diebessicher machte, hat all dies nichts zu tun.
Familienkonzert: «Das Horn – das magische Instrument». Donnerstag, 29. Dezember, 16 Uhr, Rüttihubelbad, Walkringen.