Rüfenacht - Von "Mehr-Arbeit" begeistert
Am Samstag zelebrierten Fans alter Landmaschinen ein Stück Zeitgeschichte. Auf dem Hof von Paul Gfeller droschen sie Getreide nach althergebrachter Weise.
Ursula Grütter, Berner Zeitung BZ
Ein Blick von der Hauptstrasse zum Bauernhof von Paul Gfeller ist wie ein Blick in vergangene Zeiten. Männer in blauen Arbeitshemden stehen um eine altertümlich anmutende Dreschmaschine herum. Gebaut wurde sie im Zweiten Weltkrieg als Folge der Anbauschlacht, ist von den Anwesenden zu erfahren. Nach den Plänen von Bundesrat Traugott Wahlen wurde damals überall Gemüse und Getreide zur Selbstversorgung angepflanzt. «Es brauchte zusätzliche Maschinen für die Ernte», erklärt Gastgeber Paul Gfeller.
«Mehr-Arbeit» bockt
Die Transportfirma Bergundthal entdeckte diese Marktlücke und baute eine eigene Dreschmaschine. Das Gerät erhielt den Namen «Mehr-Arbeit». Am Samstag steht die Maschine in Rüfenacht, ausgerüstet mit zahlreichen Riemen, Rollen und einer Art Walze. Der pensionierte Drescher Fritz Roggli hat sie mit dem Traktor am frühen Morgen von Schüpfen nach Rüfenacht gefahren. Jetzt sollte sich zum Einsatz kommen. Doch «Mehr-Arbeit» bockt. Nachdem sie an den Strom angeschlossen ist, springt sie zwar an, aber sofort breitet sich ein penetranter Geruch nach verbranntem Gummi aus. Helfer, mit Schraubenzieher, Zangen und Putzlappen ausgerüstet, knien auf den Boden, öffnen Kästen und prüfen das Elektrische. «Der Motor hat sich etwas verschoben», ruft einer.
Im Einsatz bei Dresch-Shows
Gfeller schaut gelassen zu. Nach vierzig Jahren will er einfach nochmals das Original aus seinen Kindheitserinnerungen auf dem Hof sehen. Die Maschine ist im Besitz der Firma Bergundthal und wird seit 1975 gelegentlich für ein Showdreschen eingesetzt. «Wir werden vielleicht demnächst umbauen, und dann würde der Platz zu eng», erklärt Gfeller. «Mehr-Arbeit» funktioniert in der Zwischenzeit einwandfrei. Sowohl vorne als auch hinten wird je ein Traktor angehängt. Das Gerät soll samt Pressmaschine auf die Bühne geschafft werden. Die anwesenden Fans zücken ihre Fotoapparate, und die Fahrer schaffen die steile Kurve meisterhaft. Auf der Bühne erfolgt die Feinarbeit. Die eingebauten Wasserwagen zeigen auf, ob die Maschine richtig steht. «Ist sie im Blei?», wird immer wieder nachgefragt. «So lange diskutierten wir früher nicht», ruft jemand. Schliesslich sind die Rohre zur Bühnenluke hinaus gesetzt. Sie werden das Spreu, den sogenannten Grichu, in einen Viehwagen einleiten. Früher wurde dieses Produkt den Kühen ins Futter gegeben, bei den heutigen Dreschvorgängen bleibt es auf den Feldern liegen.
Staub, Rattern, Dröhnen
Auf der anderen Seite des Dreschers ist nun auch das Staubsaugerrohr verlegt. Bis zum Scheunentor hat es allerdings nicht ganz gereicht, und bald dringt ein feiner Staub in die Nasen der Anwesenden. Drescher Roggli kippt den Hebel, und die Maschine läuft. Garbe um Garbe verschwindet oben in der Maschine, eingespeist von Männern mit Heugabeln. Im Innern der Maschine rattert und dröhnt es. Bürsten, Stahlräder und Riemen lösen das Korn aus der Hülse und pressen hinten das Stroh heraus. Vorne füllt sich nach und nach der erste Jutesack. «Die alten Maschinen haben gegenüber den modernen Mähdreschern auch einen Vorteil», erklärt Fritz Roggli, «das Korn muss nicht nachgereinigt werden, und die Säcke sind nach dem Abfüllen gleich transportbereit.»
Kurz nach 12 Uhr ist es so weit. Der erste volle Getreidesack mit der Aufschrift «Adm. Federale des Blés 1957» wird auf den Ladewagen gekarrt.