Rüfenacht - Blütenpracht stillt den Hunger der Bienen

Als Ruth Schadegg hörte, dass Bienen zuweilen Hunger leiden, schritt sie zur Tat. In ihrem Schrebergarten säte sie Phacelia und Buchweizen an. Jetzt wimmelt es dort bei schönem Wetter von Hummeln und Bienen.

Susanne Graf / Berner Zeitung BZ
«Sie tun Ihnen nichts.» Mit diesem Satz versuchen sonst Hundehalter, ängstliche Passanten zu beruhigen. Doch wenn Ruth Schadegg in ihrem Schrebergarten in Rüfenacht sagt, «sie tun Ihnen nichts», bezieht sie sich auf Bienen und Hummeln. Zu Hunderten summen diese in einem Phacelia- und Buchweizenfeld, das die 73-jährige Rentnerin diesen Frühling angesät hat.

Als Ruth Schadegg letztes Jahr in dieser Zeitung las, dass Bienen zuweilen Hunger leiden müssen und deshalb erst recht anfällig seien für Krankheiten, wandte sie sich umgehend an Ruedi Ritter. Vom Leiter der Fachstelle Bienen am landwirtschaftlichen Bildungs- und Beratungszentrum Inforama des Kantons Bern wollte sie wissen, wie sie als Gartenbesitzerin helfen kann.

600 Franken investiert

In ihrem Schrebergarten machten sich Ruth und René Schadegg dann auf einer nicht mehr genutzten Fläche ans Werk: Auf 200 Quadratmetern gruben sie den Boden um, kauften eine Walze, um die Erde gleichmässig zu ebnen und säten im Frühling gemäss Ritters Rat Phacelia und Buchweizen an. Sie habe über 600 Franken investiert, sagt Ruth Schadegg. «Aber ich bekomme viel mehr zurück.» Die Rentnerin ist schlicht entzückt – einerseits ob der Blütenpracht, die sich in wenigen Wochen entwickelt hat, andererseits ob dem Summen der Hummeln und Bienen, die sich nun auf den Nektar spendenden Pflanzen gütlich tun.

Sie spricht mit den Bienen

Gestochen worden sei sie noch nie, sagt die Tier- und Naturschützerin. Sie weiss auch, warum: «Ich spreche mit den Tieren, und sie spüren, dass ich es gut mit ihnen meine.» Davon ist die pensionierte Bankangestellte überzeugt, auch wenn sie belächelt wird. «Ich habe schon ein bisschen einen Tick», räumt sie ein, bevor sie über sich selber schmunzelnd erzählt, wie sie jeweils Regenwürmer von der Strasse pflücke, um sie auf Wiesen vor den Autos in Sicherheit zu bringen. «Stellen Sie sich vor, diese Tierchen arbeiten den ganzen Tag», sagt sie – und wendet sich wieder bewundernd den Bienen und Hummeln zu, die fleissig in der Bienenweide hin- und herfliegen.

Hungernde Bienen

«Die Bienen brauchen diese Nektar spendenden Pflanzen für den Futtervorrat oder als Nahrung für die jungen Bienen», erklärt Christian Oesch. Er ist Mitpächter des Gutsbetriebs Inforama Rütti in Zollikofen und betreut dort den Lehrbienenstand. Auch er hat –wie zehn andere Bauern im Kanton Bern – entlang eines Maisfeldes versuchsweise eine Bienenweide angesät. Es gehe darum, mit Pflanzen, die über längere Zeit blühen, sogenannte «Trachtlücken» zu schliessen, erklärt Oesch. Im Frühling spriesst überall eine üppige Blütenpracht.

Danach kann es je nach Witterung knapp werden mit der Blütentracht, dem Nahrungsangebot für die Bienen. Solche «Phasen des Hungers» könnten Stress auslösen und die Widerstandskraft der Bienenvölker mindern. Das erklärte der Berner Volkswirtschaftsdirektor Andreas Rickenbacher vor einem Jahr, als er das kantonale Bienenförderungskonzept vorstellte. Ruedi Ritter hat deshalb einen Katalog der wichtigsten Trachtpflanzen zusammengestellt (www.inforama.vol.be.ch, unter Beratung, Bienen ). Ein Ziel der Berner Bienenförderung ist es, nebst Bauern etwa auch Gärtner und Hausbesitzer zum Anpflanzen der für die Bienen wichtigen Futterquellen zu motivieren. Ruth Schadegg jedenfalls wird auch nächsten Frühling wieder Phacelia und Buchweizen ansäen.

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Erstellt: 21.07.2011
Geändert: 21.07.2011
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