Rubigen/Münsingen - Um sieben klingelt der schwarze Mann

Was macht eigentlich der Kaminfeger genau? Ist nach getaner Arbeit wirklich alles dreckig und staubig? Bei einem Augenschein ist bald klar: Küche und Stube der Familie Rolli bleiben so sauber, wie sie vor dem Besuch des Kaminfegers waren.

Christine Nydegger, Berner Zeitung BZ

An diesem Morgen bleibt es kalt im Bauernhaus. Der Kaminfeger hat sich angemeldet bei Familie Rolli in Rubigen. Es ist noch stockdunkel draussen, als die Klingel geht und Stefan Lieberherr mit samt seinem Riesenstaubsauger vor der Türe steht. Montag Morgen um sieben, Lieberherr ist noch picobello sauber und gewaschen. Schnell legt er rund um Heizofen und Kochherd in der Bauernhaus­küche seine Tücher schützend auf den Boden und macht sich an der viereckigen Kamintüre zu schaffen. Heute hat er es einfacher, weil auch sein Chef Roland Morgenthaler zugegen ist.

Lieberherr nimmt vorsichtig die innere Kamintüre aus der Öffnung, Morgenthaler saugt mit dem Staubsauger alles weg, was sich in Rollis Küche breitmachen will. Danach wird rund um die Öffnung herumgesaugt und eine weiche Schaumstoffabdeckung eingeklemmt. Jetzt kommt die typische runde Metallbürste zum Einsatz, mit der jeder Kaminfeger abgebildet wird. Sie ist vorne auf einer langen Kohlefaserrute montiert, die über ein grosses Rad in einem Gestell läuft. Unter dem Schaumstoffschutz hindurch wird die Bürste ganz langsam, Meter um Meter, nach oben in den Kamin geschoben. Unten saugt der Sauger den Russ weg, der sich mit jeder Bürstenbewegung innen im Kamin löst. Beim zweiten und dritten Mal fährt Lieberherr mit der Bürste schneller den Kamin hoch und runter und holt so den Russ von der Innenseite des Rohrs.

Hauptarbeit: die Holzheizung

Familie Rolli heizt ihr Bauernhaus von einer Kochherdzentralheizung in der Küche aus. Rund um das Feuer wird das Wasser erwärmt, das die Wärme über die Radiatoren in die Zimmer bringt. Dieses Wasser befindet sich in gezackten Heizregistern. Dort hat sich der Russ als schwarze, harte Schicht abgesetzt. Diese muss Lieberherr nun mit verschiedenen Metallschabeisen entfernen. Schon bald nach Beginn dieser anstrengenden Handarbeit beginnt er, in der kalten Küche zu schwitzen.

Fast eine Stunde lang schabt und klopft er am Wasserbehälter herum. Ganz sauber kriegt er ihn in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht. Aber das Meiste ist weg. Denn Russ und die Splitter wegstaubsaugen und die grosse Kochherdplatte wieder montieren. Danach geht Lieberherr auf die Knie und reinigt die Feuerungsöffnung, entfernt den Russ aus der Russschublade. Die Arbeit in der Küche ist getan.

Durch den Kamin ist der Durchgang zum Sitzofen in der Stuben zu sehen. Auch dieser Rauchgas-Zug muss sauber sein. Darum entfernt der Kaminfeger den runden Deckel an der Stirnseite des Sitzofens. Mit Bürsten und Staubsauger macht er sich an die Arbeit. Nach gut eineinhalb Stunden legt er vorsichtig seine schützenden Tücher zusammen, bringt den Staubsauger nach draussen und leert rund vier Kilogramm Russ in den bereitstehenden Metallbottich.

Kontrollen sind wichtig

Bei seiner Putzarbeit prüft der Kaminfeger auch die Verbrennung in den Holz- und Ölfeuerungen. Wird feuchtes Holz oder gar Kehricht verbrannt, sieht er das an der Beschaffenheit des Russes. «Wir weisen dann die Kunden darauf hin und erklären ihnen die Wirkung ihres Tuns», sagt Kaminfegermeister Roland Morgenthaler. Im Wiederholungsfall kann es aber auch bis zur Meldung bei den Gemeindebehörden gehen und zu einer Busse führen. Bei der Familie Rolli ist alles in Ordnung. Die Verbrennung ist gut eingestellt, und das Feuer bekommt genügend Sauerstoff.

Zweimal im Jahr erhalten Rollis Besuch vom Kaminfeger. «Ich bin im Winter froh, wenn er morgens ganz früh kommt», sagt Manuela Rolli. Denn dann bleibe das Haus nicht allzu lange kalt.

Es ist 8.35 Uhr an diesem Montagmorgen. Stefan Lieberherr schüttelt vor dem Haus seine Tücher aus und macht sich auf den Weg zum nächsten Kunden. Die Rechnung für Familie Rolli wird 175.70 betragen. Im Bauernhaus wird es wieder warm. Und sie werden in den nächsten Wochen mit weniger Holz mehr Wärme erzielen. Denn das ist neben der Sicherheit, dass im Kamin kein Brand entstehen kann, auch ein Ergebnis des Kaminfeger­besuchs.

[i] Das Monopol - Es ist immer wieder ein Thema

45 Kaminfegerkreise gibt es zur Zeit im Kanton Bern. Dies könnte sich ändern. Nämlich dann, wenn das Kaminfeger-Monopol aufgehoben würde und die Kunden den «Chemifäger» selber wählen könnten. Die Kaminfeger gehen in die Offensive: Der Bernische Kaminfegermeister Verband hat beschlossen, die Aufhebung des Monopols in die Wege zu leiten. Das würde bedeuten, dass Hausbesitzer den Kaminfeger selber wählen könnten. In der noch geltenden Monopol-Situation ist der Kanton Bern in 45 Kaminfegerkreise eingeteilt.

In jedem Kreis ist ein Kaminfegermeister gewählt. Seine Kunden sind ihm sicher, denn diese haben nur beschränkt eine andere Wahl. Die Kaminfegermeister werden in ihrem Kreis alle vier Jahre wiedergewählt. Das war in diesem Jahr der Fall. «Das ist auch einer der Gründe, warum wir jetzt aktiv wurden», erklärt Roland Morgenthaler, Kaminfegermeister in Münsingen und Umgebung und Präsident des Bernischen Verbandes. «Dieser Umstand bringt uns Zeit, damit wir die Veränderung mit allen beteiligten Partnern diskutieren und planen können.» Ihm selber mache die Umstellung keine Mühe. «Ich erhebe schon seit einiger Zeit immer wieder die Kundenzufriedenheit», sagt er. Und nimmt die ganze Sache gelassen. Denn entscheiden werde schliesslich die Politik. Das Kaminfegermonopol kann nur durch einen Beschluss des Grossen Rates aufgehoben werden.

Mit dem Entscheid, jetzt die Abschaffung des Monopols zu diskutieren, reagiert der Bernische Verband auch auf die Erfahrungen in anderen Kantonen, die mit der liberalen Regelung gute Erfahrungen gemacht haben. Die Kundenzufriedenheit sei dort gestiegen und die Schadenfälle hätten nicht zugenommen, schreibt der Bernische Verband in seiner Stellungnahme. Grund für eine mögliche Abschaffung des Monopols sei auch die Tatsache, dass durch Fernwärmeverbunde und alternative Heizmethoden Kaminfeger weniger Arbeit hätten. Mit der freien Wahl des Kaminfegers übernehmen die Hausbesitzer auch die Verantwortung dafür, dass ihre Heizanlagen und Cheminees regelmässig und fachgerecht gereinigt werden. Bis heute sorgt der gewählte Kaminfegermeister für diese Kontinuität. Er meldet sich periodisch immer wieder bei seinen Kunden an. «Die vorhandene Anlage bestimmt die Häufigkeit der Besuche.» Roland Morgenthaler und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehen ein- bis dreimal im Jahr bei den Kunden vorbei.


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Erstellt: 31.12.2015
Geändert: 31.12.2015
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