Rubigen - "Wir sind nicht von Kästli abhängig"
Laut der kantonalen Baudirektion baut die Firma Kästli ohne Bewilligung Kies ab. Gemeindepräsident Renato Krähenbühl und Gemeinderat Hans Schweri äussern sich zum Entscheid, zur Rolle der Gemeinde und zum Verhältnis zu Kästli.
Johannes Reichen, Berner Zeitung BZ
Sie werden den Entscheid des Kantons nicht anfechten. Warum nicht?
Hans Schweri: Das ist nicht so einfach. Wir sind die Vorinstanz. Wir müssten an dem Verfahren etwas auszusetzen haben.
An Ihrer Einschätzung hat sich aber nichts geändert: Kästli baut nicht illegal Kies ab?
Schweri: Ja. Wir waren erstaunt über das Urteil. Wir kamen zum Schluss, dass die grundlegenden Bewilligungen vorhanden sind.
Ist der Entscheid eine Niederlage für den Gemeinderat?
Schweri: Wir sind uns einfach offensichtlich nicht nähergekommen. Wir hatten eine andere Sichtweise, damit konnten wir nicht durchdringen. In diesem Sinne ist es eine Niederlage.
Renato Krähenbühl: Man muss nicht von Sieg oder Niederlage reden. Erstens ist ein Entscheid da, der nicht rechtskräftig ist. Zweitens haben wir unterschiedliche Ansichten. Das ist völlig normal.
Schweri: Die effektiven Entscheide passierten zu einer Zeit, in der alle heute Beteiligten nicht involviert waren. Deshalb ist es nicht ein persönliches Thema.
Der Streit mit den Anwohnern dauert jetzt fünf Jahre. Die beiden Personen sagen, sie seien am Anfang nicht angehört worden.
Schweri: Wir haben eine andere Haltung. Das rechtliche Gehör wurde gewährt. Dann strengten die Anwohner ein baupolizeiliches Verfahren an. Erschwerend kam hinzu, dass wir angegriffen wurden. Der gesamte Gemeinderat wurde als befangen eingestuft. Das abzuklären, brauchte wieder Zeit. So hat sich das Verfahren in die Länge gezogen.
Krähenbühl: Man darf nicht vergessen: Das Paar war an den Veranstaltungen der Gemeinde dabei und konnte sich äussern. Ich bin überzeugt, dass seitens Gemeinde keine Fehler passierten.
Die Anwohner sagen, der Gemeinderat decke die Interessen von Kästli.
Krähenbühl: Die Firma Kästli ist für die Gemeinde ein wichtiger Partner. Aber wir stehen in keiner Art und Weise in einer Abhängigkeit. Kies muss man dort abbauen, wo es vorhanden ist. Und wir haben hier nun mal Kies.
Die Baubewilligung stammt von 1958. Ist es nicht eigenartig, dass sich Kästli auf ein so altes Dokument bezieht?
Krähenbühl: Für mich ist nicht diese Bewilligung der Ausgangspunkt. Noch letztmals im April 2015 erhielt Kästli eine Bewilligung, Kies abzubauen.
Schweri: Als in der Bodenweid 2002 der Abbau gestartet wurde, erteilte der Kanton mit einer Gewässerschutzbewilligung die Freigabe für eine Etappe. Ich finde es komisch, wenn es vierzehn Jahre später vom gleichen Kanton heisst, es liege keine Baubewilligung vor.
Hat Kästli aus Ihrer Sicht also alles Notwendige unternommen, um legal Kies abzubauen.
Schweri: Ja, und wir sind der Meinung, dass Kästli in guten Treuen davon ausgehen konnte, dass die Ausbauetappen bewilligt sind.
Gemäss dem Entscheid lagerte Kästli aber auch illegal Material, überschritt Lärmgrenzwerte, hielt eine grössere Abbaufläche offen als erlaubt. Wie konnte es so weit kommen?
Schweri: Es geht teilweise um Bestimmungen in einem Kiesgrubenreglement von 1961, das wir nun ausser Kraft gesetzt haben. Zum Beispiel die Frage der offenen Flächen.
Gab es keine Kontrollen?
Schweri: Diese Kontrollen obliegen den kantonalen Ämtern. Es ist nicht die Aufgabe unseres Bauverwalters, zu kontrollieren, was für Material abgelagert wird.
Krähenbühl: Meines Wissens werden die Kiesgruben durch den Kanton eng begleitet. Bei den Kontrollen wurde Kästli immer bestätigt, dass alles in Ordnung ist. Der Vorwurf, dass wir unsere Aufgaben nicht wahrgenommen hätten, stimmt nicht.
Nun verlegt die Firma Kästli den Hauptsitz zur Kiesgrube. Warum soll das gut sein für Rubigen?
Krähenbühl: Wir möchten die Möglichkeit bieten, in der Gemeinde zu wohnen und zu arbeiten. Der Umzug von Kästli ist mit Arbeitsplätzen verbunden.
Schweri: Kästli ist schon seit sechzig Jahren in der Gemeinde tätig und hat einen guten Namen.
Auch da gabs Kritik: Die Gemeinde finanziere einen Kreisel mit, der vor allem Kästli diene.
Krähenbühl: Aus unserer Sicht ist es sinnvoll, den Rautenanschluss mit einem Kreisel zu ersetzen. Damit lösen wir auch ein Sicherheitsproblem. Man kann nicht mit Tempo 100 über den Kreisel fahren. Wir haben auch Verbesserungen gemacht. Und man sollte nicht vergessen: 2013 hat die Stimmbevölkerung mit 64 Prozent Ja zum Projekt gesagt. Man muss es klar sagen: Der Widerstand kommt im Wesentlichen von zwei Personen.
Diese beiden stehen in diesem Kampf von David gegen Goliath derzeit als Sieger da.
Krähenbühl: Der Ausdruck passt mir nicht.
Schweri: Mir auch nicht.
Krähenbühl: Sie wollen uns wohl die Rolle als Goliath zuspielen. Das trifft es nicht. Der Mann der beiden Partner ist ein ausgewiesener Jurist und in keiner Art und Weise David.
Was haben Sie eigentlich vom Kiesabbau?
Schweri: Der Steuerertrag von allen Firmen liegt zwischen 100'000 und 150'000 Franken pro Jahr. Dies bei einem Budget von rund 12 Millionen Franken. Ausser Steuererträgen ist bis heute keine Abgabe geflossen.
Krähenbühl: Im Rahmen der geplanten Erweiterung der Kiesgrube sind wir aber der Meinung, dass wir nicht mehr nur den Lärm und den Staub haben wollen. Die Gemeinde soll für den künftigen Kiesabbau eine Abgabe erhalten.
Was sagt Kästli dazu?
Schweri: Wir haben harte Verhandlungen geführt.
Krähenbühl: Wir werden eine Lösung finden.
Interview: Johannes Reichen
Renato Krähenbühl (BDP), 66jährig, ist seit 2006 Gemeindepräsident und pensioniert.
Hans Schweri (SP), 51-jährig, ist seit 2003 Gemeinderat und Architekt bei der kantonalen Bau, Verkehrsund Energiedirektion.
FALL KÄSTLI
Seit 2011 tobt ein Streit um die Kiesgrube Rubigen. Die Anwohner Corinne Beringer und Tobias Wild beschuldigen die Firma Kästli, sie baue ohne Bewilligung Kies ab. Nun erhielten sie von der kantonalen Bau-, Verkehrsund Energiedirektion mehrheitlich recht. Der Entscheid ist noch nicht rechtskräftig. Weiter verlegt Kästli den Hauptsitz von Ostermundigen nach Rubigen und will den Kiesabbau weitere 35 Jahre fortführen. rei
Hans Schweri: Das ist nicht so einfach. Wir sind die Vorinstanz. Wir müssten an dem Verfahren etwas auszusetzen haben.
An Ihrer Einschätzung hat sich aber nichts geändert: Kästli baut nicht illegal Kies ab?
Schweri: Ja. Wir waren erstaunt über das Urteil. Wir kamen zum Schluss, dass die grundlegenden Bewilligungen vorhanden sind.
Ist der Entscheid eine Niederlage für den Gemeinderat?
Schweri: Wir sind uns einfach offensichtlich nicht nähergekommen. Wir hatten eine andere Sichtweise, damit konnten wir nicht durchdringen. In diesem Sinne ist es eine Niederlage.
Renato Krähenbühl: Man muss nicht von Sieg oder Niederlage reden. Erstens ist ein Entscheid da, der nicht rechtskräftig ist. Zweitens haben wir unterschiedliche Ansichten. Das ist völlig normal.
Schweri: Die effektiven Entscheide passierten zu einer Zeit, in der alle heute Beteiligten nicht involviert waren. Deshalb ist es nicht ein persönliches Thema.
Der Streit mit den Anwohnern dauert jetzt fünf Jahre. Die beiden Personen sagen, sie seien am Anfang nicht angehört worden.
Schweri: Wir haben eine andere Haltung. Das rechtliche Gehör wurde gewährt. Dann strengten die Anwohner ein baupolizeiliches Verfahren an. Erschwerend kam hinzu, dass wir angegriffen wurden. Der gesamte Gemeinderat wurde als befangen eingestuft. Das abzuklären, brauchte wieder Zeit. So hat sich das Verfahren in die Länge gezogen.
Krähenbühl: Man darf nicht vergessen: Das Paar war an den Veranstaltungen der Gemeinde dabei und konnte sich äussern. Ich bin überzeugt, dass seitens Gemeinde keine Fehler passierten.
Die Anwohner sagen, der Gemeinderat decke die Interessen von Kästli.
Krähenbühl: Die Firma Kästli ist für die Gemeinde ein wichtiger Partner. Aber wir stehen in keiner Art und Weise in einer Abhängigkeit. Kies muss man dort abbauen, wo es vorhanden ist. Und wir haben hier nun mal Kies.
Die Baubewilligung stammt von 1958. Ist es nicht eigenartig, dass sich Kästli auf ein so altes Dokument bezieht?
Krähenbühl: Für mich ist nicht diese Bewilligung der Ausgangspunkt. Noch letztmals im April 2015 erhielt Kästli eine Bewilligung, Kies abzubauen.
Schweri: Als in der Bodenweid 2002 der Abbau gestartet wurde, erteilte der Kanton mit einer Gewässerschutzbewilligung die Freigabe für eine Etappe. Ich finde es komisch, wenn es vierzehn Jahre später vom gleichen Kanton heisst, es liege keine Baubewilligung vor.
Hat Kästli aus Ihrer Sicht also alles Notwendige unternommen, um legal Kies abzubauen.
Schweri: Ja, und wir sind der Meinung, dass Kästli in guten Treuen davon ausgehen konnte, dass die Ausbauetappen bewilligt sind.
Gemäss dem Entscheid lagerte Kästli aber auch illegal Material, überschritt Lärmgrenzwerte, hielt eine grössere Abbaufläche offen als erlaubt. Wie konnte es so weit kommen?
Schweri: Es geht teilweise um Bestimmungen in einem Kiesgrubenreglement von 1961, das wir nun ausser Kraft gesetzt haben. Zum Beispiel die Frage der offenen Flächen.
Gab es keine Kontrollen?
Schweri: Diese Kontrollen obliegen den kantonalen Ämtern. Es ist nicht die Aufgabe unseres Bauverwalters, zu kontrollieren, was für Material abgelagert wird.
Krähenbühl: Meines Wissens werden die Kiesgruben durch den Kanton eng begleitet. Bei den Kontrollen wurde Kästli immer bestätigt, dass alles in Ordnung ist. Der Vorwurf, dass wir unsere Aufgaben nicht wahrgenommen hätten, stimmt nicht.
Nun verlegt die Firma Kästli den Hauptsitz zur Kiesgrube. Warum soll das gut sein für Rubigen?
Krähenbühl: Wir möchten die Möglichkeit bieten, in der Gemeinde zu wohnen und zu arbeiten. Der Umzug von Kästli ist mit Arbeitsplätzen verbunden.
Schweri: Kästli ist schon seit sechzig Jahren in der Gemeinde tätig und hat einen guten Namen.
Auch da gabs Kritik: Die Gemeinde finanziere einen Kreisel mit, der vor allem Kästli diene.
Krähenbühl: Aus unserer Sicht ist es sinnvoll, den Rautenanschluss mit einem Kreisel zu ersetzen. Damit lösen wir auch ein Sicherheitsproblem. Man kann nicht mit Tempo 100 über den Kreisel fahren. Wir haben auch Verbesserungen gemacht. Und man sollte nicht vergessen: 2013 hat die Stimmbevölkerung mit 64 Prozent Ja zum Projekt gesagt. Man muss es klar sagen: Der Widerstand kommt im Wesentlichen von zwei Personen.
Diese beiden stehen in diesem Kampf von David gegen Goliath derzeit als Sieger da.
Krähenbühl: Der Ausdruck passt mir nicht.
Schweri: Mir auch nicht.
Krähenbühl: Sie wollen uns wohl die Rolle als Goliath zuspielen. Das trifft es nicht. Der Mann der beiden Partner ist ein ausgewiesener Jurist und in keiner Art und Weise David.
Was haben Sie eigentlich vom Kiesabbau?
Schweri: Der Steuerertrag von allen Firmen liegt zwischen 100'000 und 150'000 Franken pro Jahr. Dies bei einem Budget von rund 12 Millionen Franken. Ausser Steuererträgen ist bis heute keine Abgabe geflossen.
Krähenbühl: Im Rahmen der geplanten Erweiterung der Kiesgrube sind wir aber der Meinung, dass wir nicht mehr nur den Lärm und den Staub haben wollen. Die Gemeinde soll für den künftigen Kiesabbau eine Abgabe erhalten.
Was sagt Kästli dazu?
Schweri: Wir haben harte Verhandlungen geführt.
Krähenbühl: Wir werden eine Lösung finden.
Interview: Johannes Reichen
Renato Krähenbühl (BDP), 66jährig, ist seit 2006 Gemeindepräsident und pensioniert.
Hans Schweri (SP), 51-jährig, ist seit 2003 Gemeinderat und Architekt bei der kantonalen Bau, Verkehrsund Energiedirektion.
FALL KÄSTLI
Seit 2011 tobt ein Streit um die Kiesgrube Rubigen. Die Anwohner Corinne Beringer und Tobias Wild beschuldigen die Firma Kästli, sie baue ohne Bewilligung Kies ab. Nun erhielten sie von der kantonalen Bau-, Verkehrsund Energiedirektion mehrheitlich recht. Der Entscheid ist noch nicht rechtskräftig. Weiter verlegt Kästli den Hauptsitz von Ostermundigen nach Rubigen und will den Kiesabbau weitere 35 Jahre fortführen. rei