Rubigen - So schnell wird nicht auf die Biber geschossen

«Problembiber» dürfen nach der neuen Jagdverordnung eliminiert werden. In der Praxis wird es wohl nur sehr selten dazu kommen.

Simon Wälti / Der Bund
In den letzten Jahren ist der Biber der Aare entlang auf dem Vormarsch. Das grösste Nagetier Europas hat die Auenwälder in Belp, Rubigen und Münsingen besiedelt und fühlt sich dort pudelwohl. Dabei kommt es zu gewissen Nutzungskonflikten mit der Wald- und Landwirtschaft und auch im Siedlungsgebiet.

«Wir haben dem Biber mit den Renaturierungen eine sehr gute Lebensgrundlage geschaffen», sagt Kurt Brönnimann, Präsident der Burgergemeinde Belp, in deren Besitz sich der Auenwald auf dem linken Aareufer befindet. «Hier hat er es wohl noch besser als im Seeland.» Zwischen Auguetbrücke und Münsingen gebe es etwa fünf Familienburgen. Durch das Aufstauen der Giessen verändert sich die Landschaft: Zum Teil stehen Bäume neu unter Wasser und sterben ab, zum anderen fressen die Biber auch die Rinden von Föhren ab. Die Burgergemeinde kann den Nutzungsverlust und die Schäden nicht in Franken angeben. Daneben entstehen aber auch Kosten durch Mehraufwand, um Bäume einzeln mit Plastikröhren oder Drahtgeflechten vor den scharfen Zähnen der Tiere zu schützen. Man müsse zusammen mit Bund und Kanton eine Lösung finden, sagt Kurt Brönnimann. «Abschiessen ist für uns kein Thema, man muss den Biber akzeptieren und nach einer Form der Entschädigung suchen.»

Biber am helllichten Tag

Auf der anderen Seite in Münsingen haben sich die Biber nicht nur beim Baggersee zwischen Autobahn und Aare, sondern auch mitten im Siedlungsgebiet ausgebreitet. «Man sieht die Biber am Abend sogar, wenn es noch hell ist», sagt Claudia Heer, Fachbereichsleiterin Umwelt der Gemeinde Münsingen. Mit dem Kanton sei eine Vereinbarung getroffen worden. Es wurden drei Zonen definiert. Es geht um die Fragen, wo man die Biber gewähren lässt, wo sie beobachtet werden und wo man allenfalls interveniert. Man habe bereits einige Erfahrungen gemacht, erklärt Heer. So wurde in einen Biberdamm ein Rohr eingebaut, um den Wasserstand zu regulieren.

Nach der revidierten Jagdverordnung dürfen Biber vor allem dann abgeschossen werden, wenn Infrastrukturanlagen erheblich gefährdet werden. Lange vor dem Griff zur Flinte erfolgen bauliche Eingriffe oder Präventionsmassnahmen. Christof Angst, Leiter der Biberfachstelle des Bundes, stellt sich nicht grundsätzlich gegen einen Abschuss im Einzelfall. «Es ist aber eine völlige Illusion zu glauben, dass man damit Probleme lösen kann.» Werde eine Familie mit Fallen eingefangen und abgeschossen, so bleibe ein leeres Revier zurück, dass in relativ kurzer Zeit von jungen Bibern in Beschlag genommen werde.

Der Biber als grosser Baumeister

Erfolgsversprechender sei es, mit der Renaturierung der Gewässer in der Schweiz vorwärts zu machen, sagt Angst. Haben die Flüsse und Bäche mehr Platz, so hat auch der Biber mehr Raum, und die Schäden werden entsprechend kleiner. Zudem, findet Angst, sollten auch die positiven Effekte des Bibers berücksichtigt werden. «Der Biber renaturiert gratis und erst noch nachhaltiger als jeder Baggerführer.» Durch die Teiche, das Totholz und die Dämme sorge der Biber für verschiedene Lebensräume und damit für Biodiversität.

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Erstellt: 18.07.2012
Geändert: 18.07.2012
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