Rubigen - Sanierter Musikclub: Pesches Geist lebt auch in der neuen Mühle Hunziken weiter

Während Jahren wurde um die Mühle Hunziken gestritten. Dann kauften zwei Pensionskassen den Club und modernisierten das Gebäude. Ohne Konzerte wäre es still geworden in Rubigen.

Johannes Reichen, Berner Zeitung BZ
Seit Jahrzehnten hängt er an der Mühle Hunziken. Er ist aus Granit und Stahl gefertigt und wiegt mehrere Hundert Kilo. Befestigt ist er am Vordach, er ist so schwer, dass er irgendwann zur Gefahr für das alte Haus geworden wäre. Doch jetzt ist das Gebäude saniert, das Dach gestärkt, und so darf er weiter hängen bleiben: der überdimensionierte Griff einer WC-Spülung.

«Eine geniale Idee», sagt Urs Mataré, Stiftungsrat der Gepabu-Personalvorsorgestiftung, «darauf musste erst einer kommen.» Das Kunstwerk sei ein Beispiel von vielen, die den Charme des Rubiger Konzertlokals ausmachen würden. «Dazu versuchen wir Sorge zu tragen.» Geprägt wurde der Club von Peter Burkhart. Mühli-Pesche, der an Weihnachten 2014 gestorben ist, war es auch, der den WC-Spülgriff einst am Dach montiert hat.

Seit zwei Jahren ist die Gepabu zusammen mit der Coopera-Sammelstiftung PUK Eigentümerin der Mühle. Nun sprechen die Besitzer zum ersten Mal öffentlich über die Sanierung und die neuen Verhältnisse. Und auch die Betreiber ziehen Bilanz.

Ein richtiger Entscheid

Die Mühle Hunziken besteht nicht nur aus dem Konzerthaus. Dazu gehören auch das Ofenhaus und der ehemalige Saustall, die beide zu Wohnungen ausgebaut sind, sowie ein Pferdestall. Für diese vier Liegenschaften und das Land zahlten die beiden Kassen 3,1 Millionen Franken an die Familie Burkhart. Damit ging Ende 2014 ein langer Streit zwischen Burkhart und seinen Nachfolgern um den Musiker Philipp Fankhauser zu Ende.

«Bei beiden Pensionskassen sind Künstler versichert, also Leute, die auf Institutionen wie die Mühle angewiesen sind», sagt Mataré. «Deshalb sind wir damals eingestiegen.» Aus heutiger Sicht sei dieser Entscheid absolut richtig gewesen. Das Engagement in der Mühle sei identitätsstiftend für die Kasse. «Und unsere Versicherten haben gemerkt: Wir machen auch etwas fürs Gemüt.»

Daniel Maeder, Geschäftsführer der Coopera, sagt: «Ich habe Freude an der Entwicklung der Mühle.» Aus emotionaler Sicht habe sich der Einstieg sicher gelohnt. Ob aus betriebswirtschaftlicher Sicht, das müsse sich noch zeigen. «Denn wir haben viel investiert.»

In schlechtem Zustand

«Uns wurde rasch klar, dass sich die Mühle in einem schlechteren Zustand befindet als angenommen», sagt Mataré, der die Höhe der Investition nicht nennt. Das habe sich besonders gut im Ofenhaus gezeigt, wo früher Peter Burkhart seine Wohnung hatte. «Wegen eines Konstruktionsfehlers war das Dach morsch, man konnte es mit einem Besen wegmachen.» Deshalb habe man diese Wohnung sofort, im Sommer 2015, sanieren müssen. «Das Dach hätte keinen Winter mehr gehalten.»

Gleichzeitig fanden im Konzerthaus Bauarbeiten statt. «Das Lokal brauchte mehr Platz für das Getränkelager und den Backstagebereich», sagt Architekt Jonas Fritschi vom Büro Fritschi Beis, das für den Umbau verantwortlich ist. Zudem wurde ein Warenlift eingebaut. Der Backstageraum wurde vergrössert, Garderobe und Dusche für Künstler neu gemacht. Auffällig: die Toiletten in Pink, Blau, Rot.

Neue Fassade, neues Dach

Grosse Umbauten in der Mühle sind nur während der Sommerpause möglich, wenn keine Konzerte stattfinden. So folgte Mitte 2016 die zweite Etappe. «Wir haben das Dach neu eingedeckt und isoliert, die Fassade isoliert und erneuert», sagt Fritschi. Das bedeutete vor allem einen neuen Anstrich und auf der Südwestseite eine neue Schindel- und Holzfassade. Das Vordach, im Jahr 1999 vom Sturm Lothar beschädigt und später verfault, wurde neu errichtet.

Die Besitzer arbeiteten eng mit der kantonalen Denkmalpflege zusammen, was laut beiden Seiten problemlos verlief. «Beim Umbau wurde einerseits darauf geachtet, dass die Mühle ihren Charakter als Kulturort behält», sagt Hanspeter Ruch, Bauberater der kantonalen Denkmalpflege. «Andererseits wurde die historische Erscheinung als Mühle berücksichtigt.»

Ein Wermutstropfen: Eine Fotovoltaikanlage auf dem Dach machte keinen Sinn, ebenso wenig alternative Energien für die Heizung. «Wir müssen den Konzertraum innert dreier Stunden aufheizen können», sagt Mataré. «Dafür braucht es Pfupf.»

Keine Pestalozzis

Er betont: Alle baulichen Veränderungen seien mit den Betreibern der Mühle abgesprochen worden. Und jeder Mehrwert habe sich im Mietzins niedergeschlagen. «Wir sind keine Pestalozzis, wir dürfen nicht mit dem Geld, das uns anvertraut wurde, Kultur subventionieren.»

Der Mietzins sei fair, sagt Christoph Fankhauser, der Bruder von Philipp und Geschäftsführer der Mühle. Überhaupt ist er sehr erfreut über die Entwicklung in den letzten zwei Jahren. «Die neuen Eigentümer waren ein Glücksfall für uns.» Durch die zweckmässige Sanierung sei das Klima in der Mühle viel ausgeglichener geworden.

«Früher hat es je nach Wetter reingetropft.» Nun sei nicht nur das Dach dicht, sondern das Lokal sei auch anmächeliger geworden. Der Estrich sei entrümpelt worden. «Es ist immer noch die Mühle. Aber sie ist frischer.»

Kein Schickimicki

Eine weitere Neuerung: Wo früher Catherine Burkhart, die Tochter von Peter Burkhart, mit ihrer Familie wohnte und sich das sogenannte Spielzimmer befand, wurden Büros und ein Séparée eingebaut. Es ist durch ein riesiges, tonnenschweres Bullauge mit dem Konzertraum verbunden. «Diesen Raum vermieten wir gerne an Gruppen», sagt Fankhauser bei einem Rundgang durch die Mühle, «auch während der Konzerte.» Für Partys, Apéros oder Seminare. Ein Hauch von Exklusivität weht jetzt durch die Mühle Hunziken.

Doch dieser Raum, sagt Urs Mataré von der Eigentümerschaft, sei «keine Schickimickibar, sondern eine sinnvolle Ergänzung zum bestehenden Angebot. Die Betreiber müssten die Freiheit haben, ihren Club weiterzuentwickeln. «Letztlich sind wir an einem wirtschaftlich stabilen Mieter interessiert.»

Schon während der Ära Burkhart habe sich die Mühle im Lauf der Zeit immer verändert. Dies sei auch jetzt nicht anders. «Peter Burkhart gibt es nicht mehr, aber was es noch gibt, sind Leute, die Sorge tragen zu diesem Ort.»

Und zum riesigen WC-Spülgriff am Dach.

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Erstellt: 11.03.2017
Geändert: 11.03.2017
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