Rubigen - Öttu sorgt für Betrieb

Die SBB wollten den Billettschalter in Rubigen vor 11 Jahren schliessen. Otto Rüfenacht suchte nach Lösungen. Mit Erfolg: Heute ist er wirtender Bahnhofvorstand.

Marco Hess, Berner Zeitung BZ
Rubigen Bahnhof, morgens um neun. Die Sonne zeigt sich, im Süden ragen die schneebedeckten Alpengipfel in den leicht bewölkten blauen Himmel. Im direkt am Perron gelegenen Bistro kommen und gehen die Leute. Ausflügler, Arbeiter, Familien, Pensionierte. Sie trinken Kaffee, geniessen ein Gipfeli, lesen Zeitung oder diskutieren miteinander. Man kennt sich, respektiert sich, grüsst freundlich.

Nicht selbstverständlich

Dass es solch einen Treffpunkt in einer Gemeinde mit weniger als 3000 Einwohnern noch gibt, ist nicht selbstverständlich. In vielen Dörfern sind die Bahnhofschalter mittlerweile geschlossen, Billettautomaten erledigen einen Teil der Arbeit, die Bahnhofvorstände gemacht hatten.

Nicht so in Rubigen. Noch immer können die Rubiger im Dorf ihr Halbtaxabonnement kaufen, eine Bahnreise durch Europa buchen oder auch nur um eine Auskunft bitten. Den Mann, dem sie das alles zu verdanken haben und der freundlich und geduldig die Fragen der Zugreisenden beantwortet, nennen sie Öttu.

Öttu, das ist Otto Rüfenacht, 57-jährig und «wirtender Bahnhofvorstand», wie er sagt. Rüfenacht ist Rubiger durch und durch. «Nach der Ausbildung habe ich eigentlich wegziehen wollen.» Geklappt hats nicht. So begann er 1972 in Rubigen für die SBB zu arbeiten. Die Jahre vergingen. 1985 liessen die SBB das Gebäude abreissen, ein Jahr später wurde der neue Bahnhof – ausgezeichnet mit dem Brunel-Preis als zweckmässigster Kleinbahnhof in Europa – eingeweiht.

15 Jahre später jedoch sahen die SBB keinen Zweck mehr darin, die Schalter im Bahnhof Rubigen weiter zu bedienen. Rüfenachts Bähnlerherz blutete, als damaliger Bahnhofsvorstand versuchte er alles, die Schliessung zu verhindern. Mit Erfolg.

Kurzer Anflug von Wehmut

Zusammen mit drei Frauen führt Otto Rüfenacht seit dem Jahr 2000 das Bistro und bietet zudem alles an, was die SBB auch an grossen Bahnhöfen verkaufen. Die Weichen im Bahnhof werden zwar nicht mehr vor Ort, sondern in Spiez gestellt. Wehmütig zeigt sich Rüfenacht aber nur kurz. Vielmehr freut er sich an der Gegenwart: Die Geschäfte würden gut laufen, der Bahnhof sei belebt, Vandalismus gebe es kaum. «Wir spüren die Dankbarkeit der Rubiger», sagt er.

[i] Reise-Bistro Rubigen: Montag bis Donnerstag 6.15−11.45 und 15−20 Uhr, Freitag bis 22 Uhr (SBB-Schalter bis 18.30). Am Samstag offen 8.30−14.30, Schalter bis 14 Uhr.

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Erstellt: 26.07.2011
Geändert: 26.07.2011
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