Rubigen - Ein frisches Servus aus der «Rössli»-Küche

Sie sind 31 und 30 Jahre jung, in Rubigen zu Hause, und ihre Küche gilt unter Berufskollegen als Geheimtipp: Das Ehepaar Stephanie und Christoph Mayr aus Bayern sorgt im «Rössli» für frischen Wind und Gault-Millau-Punkte.

Christian Liechti / Berner Zeitung BZ
Eigentlich wollten die beiden durch Europa touren: Sie planten, in renommierten Häusern in Frankreich, Italien, Spanien und in der Schweiz die Kochlöffel zu schwingen und ihre Berufserfahrung auszubauen. Aus der kulinarischen Europatournee wurde jedoch nichts: Stephanie (31) und Christoph (30) Mayr sind im Bernbiet hängen geblieben. Vor drei Jahren haben die beiden Bayern ihr Herz ans Restaurant Rössli in Rubigen verloren. 30 Personen bewarben sich damals für die Pacht. Das junge Ehepaar hat schliesslich den Zuschlag erhalten.

Die ehemalige Dorfbeiz ist seither Geschichte: Die rauchigen, schweren Vorhänge in der Gaststube sind leichten, hellen Stoffen gewichen. Die Speisekarte ist neu; das Schnitzel mit Pommes wurde durch Pilzrisotto mit Blattgold ersetzt. Haute Cuisine eben.

Produkte aus der Region

Was bei Gastronom Christoph Mayr in die Kochtöpfe und schliesslich auf die Teller kommt, stammt aus der Region. Das Gallowaybeef produziert ein benachbarter Landwirt, die Fische schwimmen in der Rubiger Zucht, die Trüffel wachsen in den Wäldern um Bern, Tomaten und Gurken reifen im Seeland, und die Kräuter spriessen im Garten vor dem 300-jährigen Haus. «Die Gäste auf der Terrasse staunen nicht schlecht, wenn ich mit weisser Kochschürze aus der Küche stürme, um im Garten ein Schälchen Kräuter zu sammeln», erzählt Christoph Mayr. Fertigsaucen, Geschmacksverstärker und Tiefkühlkost sucht man in der «Rössli»-Küche vergebens.

Mit Frische zum Erfolg

Das Frische-Konzept des Bayern hat sich bezahlt gemacht: Kaum hatte das Ehepaar das Restaurant zwischen Allmendingen und Rubigen eröffnet, wurde es auch schon vom Restaurantführer Gault Millau mit 13 Punkten ausgezeichnet. Auch dem Guide Michelin ist das «Rössli» ein Eintrag wert. «Es ist wichtig, eigene Ideen zu verfolgen», sagt Christoph Mayr, «sobald unsere Leistungen austauschbar sind, wird unser Betrieb überflüssig.»

Alleine, so der Koch weiter, sei der Traum vom eigenen Restaurant nicht zu verwirklichen. «Dazu ist eine starke Partnerin nötig.» Er und seine Frau kennen sich bereits seit dem Kindergarten. Im Alter von 16 Jahren haben sie sich verliebt, mit 18 geheiratet. Rund zehn Jahre nach der Hochzeit eröffneten sie mit dem «Rössli» Rubigen ihren ersten eigenen Betrieb.

Christoph Mayr ist in der Berner Gastro-Szene kein Unbekannter: Er arbeitete unter anderem im Restaurant des Golf- und Country-Clubs Blumisberg. Das «Rössli» wird mit 22 weiteren Top-Restaurants im Buch «Bern for Gourmets» beschrieben. «Dank diesem konnten wir unser Netzwerk unter Berufskollegen stetig ausbauen», sagt Stephanie Mayr.

Der Preis der Freiheit

Während ihr Mann Christoph in der Küche steht, bewirtet sie «an der Front» die Gäste. Stephanie Mayr ist eigentlich gelernte Kunstspenglerin und Grafikerin. Erst bei ihrem gemeinsamen Engagement in der Schweiz absolvierte sie die Ausbildung zur Restaurationsfachfrau. Die Chefin ist der Kunst – wenn auch nur als Hobby – treu geblieben. Einige ihrer Bilder schmücken Gaststube und Säli. «In unserem eigenen Betrieb können wir all unsere Ideen umsetzen», sagt sie.

Diese Freiheit hat jedoch ihren Preis. Kaum ein Arbeitstag endet unter 14 Stunden. Ferien gab es im vergangenen Jahr zwei Wochen. «Wir schreiben zwar schwarze Zahlen, aber zusätzliches Personal können wir nicht einstellen», erklärt Christoph Mayr.

Je nach Reservationen geht eine Aushilfe dem Chef in der Küche zur Hand. Stephanie Mayr bildet zudem im Service einen Lehrling aus. «Wir sind klein und überschaubar», sagt sie, «das hilft uns, richtig zu kalkulieren.»

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Erstellt: 29.12.2009
Geändert: 29.12.2009
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