Rubigen - Das Hochwasser ist schon vergessen
Fast fünf Jahre sind seit den Überschwemmungen vergangen. Seither müht sich die Gemeinde mit Grundeigentümern ab – und kämpft gegen das Vergessen.
Am 20.Juli 2007 kam das Wasser mit einer Wucht, wie es die Statistik nur alle einhundert Jahre vorsieht. Wiesen wurden überflutet und Wege weggeschwemmt, am Ende standen hundert Keller und Tiefgaragen unter Wasser. Am 7.August kams gleich noch einmal zu einer Überschwemmung. Das halbe Dorf litt unter den Wassermassen.
«Je härter es einen traf», sagt Stauffer, «desto lauter war der Ruf nach Massnahmen.» Nun sind die Rufe grösstenteils verhallt. «Wie es halt so geht», sagt Stauffer, «mit der Zeit sind diese Ereignisse wieder weit weg.» Von 16 vorgesehenen Schutzmassnahmen ist bis jetzt erst eine vollständig umgesetzt. Zum Teil hängen sie allerdings auch von Entscheiden anderer Gemeinden oder des Kantons ab.
Im Clinch mit Landbesitzern
Eigentlich hätte die Gemeinde Rubigen alles, was es braucht, um Unwetterungemach künftig zu verhindern. Sie hat einen Plan und das Geld dafür. Der Plan stammt vom Ingenieurbüro Holinger aus Bern: Mit kleinen Mauern, Dämmen und Gräben soll das Wasser um das Dorf herum in die Aare geführt werden. Das Geld stellte die Gemeindeversammlung im Sommer 2010 bereit. Doch von dem 907'000-Franken-Kredit wurde bis jetzt erst ein Bruchteil verbaut.
Ein Grund dafür ist, dass die Gemeinde mit mehreren Grundeigentümern im Clinch liegt. Um das Wasser auf geschickten Wegen in die Aare zu leiten, beansprucht sie nicht nur bestehende Verkehrswege, sondern auch Landwirtschaftsland. «Mittlerweile ist die Bereitschaft nicht mehr überall da, dafür Land herzugeben», sagt Stauffer.
Verschiedene Massnahmen mussten oder müssen noch angepasst werden. So war etwa geplant, oberhalb der Dorfmatte das Wasser mittels Damm um ein bewohntes Gebiet zu führen. Der Damm hätte über Landwirtschaftsland geführt – dagegen wehrten sich mehrere Grundeigentümer. Jetzt soll das Wasser mit einer Mauer um die Wohnsiedlung geleitet werden.
Die Rubiger Besonderheit
Widerstand von Landeigentümern gebe es praktisch in jeder Gemeinde, sagt Projektleiter Reto Flury von Holinger. In Rubigen komme aber noch eine Besonderheit hinzu, die die rasche Umsetzung von Massnahmen erschwere: «Aussergewöhnlich war, dass das Wasser vom Hang kam, fern eines Gewässers», sagt der Umweltingenieur. «Ein Dorfbach, der regelmässig über die Ufer tritt, sensibilisiert die Leute mehr.»
Das bekommt Hansruedi Stauffer bei seiner Arbeit zu spüren. Doch er ist zuversichtlich, dass Rubigen bald ausreichend geschützt ist. «Wir wollen diese Probleme im Guten lösen», betont er, «und nicht mit Zwangsmassnahmen wie Enteignungen drohen – auch wenn wir das könnten.»