Rubigen - Das Dorf ohne SVP

Der Kanton Bern ist SVP-Land, selbst in den abgelegensten Tälern ist die Partei präsent. Es gibt jedoch eine Ausnahme: Rubigen. Die Berner Agglomerationsgemeinde hat keine SVP-Sektion. Dies liegt vor allem an der BDP.

Adrian Schmid, Der Bund
In Rubigen gibt es eine Metzgerei, einen Gasthof, ein Café, einen Tankstellen-Shop, einen Samariterverein, eine Musikgesellschaft, ja sogar einen YB-Fanclub. Eine SVP-Sektion hingegen sucht man vergebens. «Das ist ein Grund, um nach Rubigen zu ziehen», sagt eine Frau, die gerade den Fussgängerstreifen bei der Drogerie überquert. Ein Dorf ohne SVP ist für bernische Verhältnisse aussergewöhnlich. Die SVP ist die stärkste Partei im Kanton, sie hat mit rund 240 Sektionen die grösste Abdeckung. Bis in die hintersten Winkel ist sie präsent. Mancherorts auf dem Land ist die SVP immer noch die einzige Ortspartei. Rubigen stellt einen weissen Fleck dar. Zu den ?Gemeinderatswahlen am 27. November tritt nur die Konkurrenz an: BDP, ?SP, EVP – und die Freien Wähler (siehe Kasten).

Langweilige Gemeindepolitik

«Wir vermissen die SVP nicht», sagt SP-Co-Präsidentin Veronika Wyss. Rubigen sei ein schönes Beispiel, dass es einer Gemeinde auch ohne SVP gut gehen könne. Heute wohnen 3000 Personen in Rubigen, ihre Zahl hat in den letzten Jahren stetig zugenommen. Rubigen sei eine «beliebte Wohngemeinde», heisst es auf der Internetseite der Kommune. Das Dorf am Rand der Agglomeration Bern ist gut erschlossen – mit Bahnlinie und Autobahn. Hinzu kommt eine tiefe Steueranlage von 1,44 Einheiten. In der Stadt Bern sind es 1,54.

Das Fehlen der SVP wirkt sich auf die Gemeindepolitik aus. «Die ewigen Positionskämpfe gibt es bei uns nicht», sagt Gemeindepräsident Renato Krähenbühl (BDP). «Wir können über Tempo-30-Zonen sprechen, ohne dass es gleich einen Aufstand gibt.» Die BDP ist führend mit drei Sitzen im siebenköpfigen Gemeinderat. Die Parteipolitik steht aber nicht im Vordergrund. «In Rubigen wird seit jeher von allen Parteien eine gemässigte Sachpolitik betrieben.» Die Kommunalpolitik verläuft denn auch weitgehend ruhig. Als Anfang Jahr eine Asylunterkunft eröffnet wurde, gab es keine Opposition. In den Schlagzeilen war Rubigen in den letzten Jahren nur wegen Streiterein bei der Kiesgrube und in der Mühle Hunziken.

Rubigen ist aber keine SVP-freie Zone. 20 Einwohner sind SVP-Mitglieder. Bei den letzten Nationalratswahlen holte die SVP in Rubigen sogar ein Viertel der Stimmen – keine andere Partei schnitt besser ab. Und früher war Rubigen eine Hochburg der SVP, vor einem Jahrzehnt hatte sie im Gemeinderat noch eine Mehrheit. Als sich jedoch die BDP abspaltete, wechselte die Rubiger Sektion geschlossen zur neuen Partei. Mit 14:4 Stimmen wurde dies an einer ausserordentlichen Hauptversammlung im Juli 2008 beschlossen. Aus der SVP Rubigen wurde die BDP Rubigen. Die Führung war für den Wechsel. Der politische Graben ging mitten durch Familien. Die Kassierin etwa sprach sich für den Übertritt aus, ihr Mann war dagegen. Auch in anderen Kommunen wechselten die SVP-Sektionen in corpore zur BDP – etwa in Rüti bei Büren, im Heimatdorf des damaligen Bundesrats Samuel Schmid.

2010 meldete sich die SVP in Rubigen zurück. Die Sektion wurde neu gegründet. Das Comeback war aber nur kurz. An den Gemeindewahlen 2012 nahm die SVP nicht teil, danach verschwand sie wieder. Dies auch, weil eines der engagiertesten Mitglieder 2013 verstarb: Fritz Mühlemann, der ehemalige Direktionspräsident der BKW. Bis heute fehlt es an genügend Leuten, um die Vorstandsämter zu besetzen. Mittelfristig soll es aber wieder eine SVP in Rubigen geben, heisst es bei der Kantonalpartei. Der Aufbau einer Sektion sei «politische Knochenarbeit», sagt Aliki Panayides, Geschäftsführerin der SVP Kanton Bern. Solche Töne ist man sich sonst eher von den jungen Parteien BDP und GLP gewohnt.

Challenge für die SVP

Am 27. November finden in Rubigen Wahlen statt. Für den Gemeinderat haben BDP, SP, EVP und die Freien Wähler (FW) Listen eingereicht. Gewählt wird im Proporz. Fünf Bisherige wollen weitermachen: Gemeindepräsident Renato Krähenbühl(BDP), Klaus Budmiger (BDP), Karin Ramseyer (BDP), Stefan Rolli (FW) und Beat Sannwald-Würsten (EVP). Die SP versucht mit vier neuen Kandidierenden ihre zwei Sitze zu verteidigen. Die bisherigen SP-Gemeinderäte Hans Schweri und Alexander Schwindl hören Ende Jahr auf. Krähenbühl ist der einzige Kandidat für das Präsidium. Wird er als Gemeinderat bestätigt, verbleibt er an der Spitze der Kommune. Er ist seit 2006 im Amt. Die Rubiger FDP hat niemanden für den Gemeinderat aufgestellt. (ad)

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Erstellt: 18.11.2016
Geändert: 18.11.2016
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