Regionalkonferenz: Kanton will keine Lex Linden

Die Gemeinde Linden hat mit ihrem Entscheid, die Region Bern-Mittelland verlassen zu wollen, eine Diskussion entfacht – aber keinen Flächenbrand. Regierungsrat Neuhaus geht davon aus, dass knapp ein Dutzend Gemeinden einen Regionswechsel in Erwägung ziehen.

Adrian Schmid, Der Bund

Es ist nicht mehr so wie bei der letzten Zusammenkunft im März, wenn sich heute in Gerzensee die 85 Gemeindepräsidentinnen und Präsidenten des Kreises Bern-Mittelland zur Regionalversammlung treffen. In der Zwischenzeit ist eine Gemeinde auf die Barrikaden gestiegen. Linden sieht seine Interessen zu wenig vertreten, die Projekte der Regionalkonferenz seien zu stark stadt- und agglomerationslastig, heisst es im Dorf mit 1300 Einwohnern. Daher will Linden künftig einer anderen Region angehören. In einer Konsultativabstimmung haben die Stimmberechtigten Anfang Juni dem Gemeinderat grünes Licht gegeben, um einen Wechsel in den Verwaltungskreis Thun in die Wege zu leiten.

Ob der Fall Linden heute an der Regionalversammlung Thema sein wird, ist offen. Traktandiert ist dazu nichts. Auch die Geschäftsleitung hat sich bislang nicht damit befasst. Zumindest in den Gesprächen unter den Gemeindepräsidenten dürfte die Angelegenheit aber zur Sprache kommen. Denn in den anderen Kommunen wurden Lindens Absichten sehr wohl zur Kenntnis genommen. In der Region Laupen etwa hat man bei der Vorbereitung der Versammlung darüber diskutiert.

Gespaltenes Kiesental

Linden dürfte kein Einzelfall bleiben. Im Kiesental, das schon immer skeptisch gegenüber der Regionalkonferenz Bern-Mittelland (RKBM) eingestellt war, gibt es noch weitere Gemeinden mit Abwanderungsgelüsten. Der Bowiler Gemeindepräsident und SVP-Grossrat Moritz Müller will an der nächsten Gemeinderatssitzung über einen Wechsel ins Emmental debattieren. Falls er mit seinen Plänen durchkommt, dürfte es in Bowil ebenfalls eine Konsultativabstimmung geben. «Linden hat einen Prozess in Gang gesetzt», sagt Müller.

Unzufrieden ist auch der Oppliger Gemeindepräsident Christian Tschanz (parteilos): «Wir sind ein finanzieller Zubringer für die Stadt.» Der Perimeter der RBKM sei zu gross geraten. Ein Anschluss an die Region Thun wäre für Oppligen naheliegend. Der Gemeinderat hat kürzlich darüber gesprochen. «Wir können aber nicht einfach so Adieu sagen.» Tschanz nennt als Grund die Zusammenarbeit mit Nachbargemeinden in den Bereichen Schule, Feuerwehr oder ARA. Zudem fehle in Gemeinden, deren Politiker im Milizsystem arbeiteten, die Anreize, um einen allfälligen Wechsel anzureisen und durchzuziehen. Eine weitere Option wäre für Tschanz, den heutigen Verwaltungskreis Bern-Mittelland zu verkleinern. Er erhofft sich davon eine schlankere Organisation und effizientere Abläufe.

Ein Wechsel ist auch in Herbligen Thema. Anfang Juli entscheidet der Gemeinderat, ob die Angelegenheit in die Region Kiesental getragen werden soll. «Statt wie Linden den Alleingang zu wagen, sollten wir uns in der Region absprechen», sagt Gemeindepräsident Samuel Zwahlen (parteilos). Seiner Meinung nach bekäme das Unterfangen mehr Gewicht, wenn am Ende mehrere Gemeinden beim Grossen Rat einen Wechsel der Verwaltungsregion beantragten.

Das Kiesental präsentiert sich allerdings keineswegs als Einheit: Etwa in Oberdiessbach, Oberthal oder Zäziwil sehen die Gemeindepräsidenten derzeit keinen Handlungsbedarf. Derweil gibt es auch in anderen Gegenden Gemeinden, die sich in der RBKM schlecht vertreten fühlen – etwa im Gantrisch-Gebiet oder in der Region Laupen. Ein Wechsel kommt für diese Kommunen aber nicht infrage. «Wir sind Richtung Bern orientiert. Das Seeland ist für uns keine Option», sagt der Gemeindepräsident von Kriechenwil, Hans-Rudolf Lehmann (BDP).

Nicht auf dem schnellsten Weg

Aufgrund von Lindens Lage am Rande der Region Bern-Mittelland zeigt Regierungsrat Christoph Neuhaus (SVP) Verständnis für die Abwanderungsgelüste. «Wir wollen daraus aber keine Lex Linden machen», sagt er. Neuhaus geht davon aus, dass kantonsweit knapp ein Dutzend Gemeinden einen Wechsel der Verwaltungsregion in Erwägung ziehen. Allfällige Verschiebungen möchte er in einem Zug erledigen, weil dafür das Gesetz geändert werden müsste. Im Rahmen der Evaluation zur Strategie für Agglomerationen und regionale Zusammenarbeit (Sarz) soll die Perimeterfrage im nächsten Jahr unter die Lupe genommen werden.

Linden ist mit diesem Vorgehen einverstanden. Der Gemeinderat hat entschieden, den Wechsel im Rahmen der Sarz-Überprüfung zu beantragen. «Vorerst wird auf ein Gesuch an den Regierungsrat, worin ein sofortiger Wechsel gefordert wird, verzichtet», heisst es in einer Mitteilung von gestern.


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Erstellt: 25.06.2015
Geändert: 25.06.2015
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