Region Bern-Ost - Noch schauen viele Hockeyfans in die Röhre

Heute geht die neue Eishockeymeisterschaft so richtig los. Und für die Fans bricht ein neues Zeitalter an: Wollen sie die Spiele live im Fernsehen schauen, müssen sie zu UPC wechseln. Viele haben das noch nicht getan, wie ein Augenschein in Worb zeigt.

Markus Zahno, Berner Zeitung BZ

So wie Sibylle Wegmüller geht es im Moment vielen. Die 44-Jährige und ihr Mann sind grosse Eishockeyfans. Ihr Herz schlägt für den SC Bern. Die Heimspiele erleben sie live im Stadion, die Auswärtsspiele schauen sie daheim im Fernsehen. Bisher hiess das: im Swisscom TV. Doch jetzt ist alles anders. UPC hat der Swisscom die Liverechte für die Schweizer Eishockeymeisterschaft abgejagt. Wer künftig alle Spiele seines Lieblingsteams im TV schauen will, muss zu einem Kabelnetzbetreiber wechseln, der das UPC-Signal sendet. Zum Beispiel zur Elektra Baselland (EBL). Sie betreibt unter anderem die Kabelnetze in Bern-Ost – von Ittigen über Worb und Langnau bis nach Malters.

"Schade, dass sich UPC und Swisscom so bekämpfen", sagt Sibylle Wegmüller. "Aber äbe, was will man?" Also haben sie und ihr Mann beschlossen, ein neues Abo abzuschliessen. Gestern hat sie dafür im EBL-Shop in Worb vorbeigeschaut und sich beraten lassen. Weil sie bei der Swisscom zufrieden sei, wolle sie ihre bisherigen TV- und Telefonabos bei der Swisscom vorderhand nicht kündigen, erklärt Sibylle Wegmüller der EBL-Kundenberaterin. Diese hört aufmerksam zu und macht schliesslich einen Vorschlag: ein Abo für zusätzlich 64 Franken pro Monat. Wegmüller überlegt kurz. "In Ordnung."

Spezialfall Langnau

Das Team im EBL-Shop in Worb hat im Moment alle Hände voll zu tun. Ab nächster Woche stellt EBL nämlich ihr ganzes Kabelnetz auf UPC um. In diesen Tagen erhalten die bisherigen Kundinnen und Kunden ein neues Modem zugeschickt. "Wie muss ich dieses anschliessen?", lautet die häufigste Frage im Shop. Hockeyfans, die von Swisscom TV zum Kabelfernsehen wechseln möchten, sind dagegen in der Minderheit. "Der Sommer war so schön – vermutlich mochten viele noch nicht an Eishockey denken", sagt Christoph Bärlocher, Leiter des EBL-Shops in Worb. Er ist aber überzeugt: Wenn die Meisterschaft gestartet sei, würden viele Fans die Livespiele daheim am TV vermissen und sich mit einem Wechsel befassen.

Ähnlich tönt es bei EBL-Geschäftsleitungsmitglied Adrian Koessler. Die Nachfrage nach dem neuen Hockeyangebot von UPC liege bisher unter den Erwartungen, erklärt er. Es gebe aber regionale Unterschiede: Im eishockeyverrückten Langnau sei die Nachfrage bereits jetzt höher. "Andernorts wird das noch kommen", so Koessler. Schliesslich sei der Kanal Mysports, der alle Eishockeyspiele überträgt, erst ab heute Freitag in Betrieb. "Vorher war der Kanal noch gar nicht richtig greifbar."

Komplizierter als früher

Als EBL-Verantwortlicher hat Adrian Koessler gar keine andere Wahl, als optimistisch zu sein. Doch auch er ist sich bewusst: Viele Sportfans haben wenig Verständnis für den Kampf um die TV-Rechte. Wer die Fussballspiele der Super League live schauen will, braucht Swisscom TV. Wer spanischen Fussball sehen möchte, muss zum Streamingdienst DAZN. Und wer auch noch die Schweizer Eishockeymeisterschaft live mitverfolgen will, braucht zusätzlich ein Kabelfernsehabo. Alles zusammen kostet rasch einmal mehrere Tausend Franken pro Jahr. Bis vor wenigen Jahren dagegen gab es das alles bei einem einzigen Anbieter. Swisscom TV. "Ja, es ist komplizierter geworden", sagt Adrian Koessler. Ein Umdenken sei nötig: "Die Kunden können ihre Abos gezielt nach ihren Interessen zusammenstellen und zahlen nur das, was sie auch brauchen." Wer sich dagegen nicht für Sport interessiere, müsse diese Angebote nicht mit dem Grundabo mitfinanzieren.

Doch eine Frage bleibt: Wohin entwickelt sich das Geschäft mit den Sportübertragungsrechten? Wer wird sich in Zukunft noch Livespiele am Fernsehen leisten können? "Am Schluss entscheidet immer die Nachfrage über das Angebot", sagt Adrian Koessler. Im Fall von SCB-Fan Sibylle Wegmüller geht die Strategie auf: Sie und ihr Mann werden die zusätzlichen 64 Franken pro Monat zahlen. "Wenn wir dafür alle Spiele live sehen können, ist es uns das wert", sagt sie, bevor sie sich auf den Heimweg macht.


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Erstellt: 08.09.2017
Geändert: 08.09.2017
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