Region Bern - Abtretende Gemeindepräsidenten
Sechs Gemeindepräsidenten aus der Region Bern haben nächste Woche ihren Letzten. Darunter ist einer, der sich 40 Jahre lang für seine Gemeinde eingesetzt hat: Christian Mosimann aus Häutligen.
Als Christian Mosimann gewählt wurde, reagierte er genervt. Er wollte gar nicht in die Schulkommission, seine älteste Tochter ging ja noch nicht einmal in den Kindergarten. Aber immer wieder lief es so in Häutligen. Am Ende der Gemeindeversammlung hatte jemand ein Amt, der eigentlich gar keines wollte. Manchmal waren die Leute nicht einmal anwesend. Ein «Chabis» sei das gewesen, sagt Christian Mosimann. Aber so lief es halt, damals.
Damals – im Fall von Christian Mosimann heisst das 1974. In diesem Jahr begann sein Engagement für die Gemeinde Häutligen. Auf einem Schreibblock hat er die Daten notiert: 1974 bis 1984: Schulkommission. 1981 bis 1988: Gemeinderat. 1984 bis 2000: Verwalter der Elektrizitätsbetriebe. 1997 bis 2005: Vizepräsident. 2006 bis Ende 2014: Gemeindepräsident. Hier ist die Liste zu Ende.
Der Verwalter
Mosimann sitzt an einem Tisch mit Spitzendecke, ein Mann mit kantigen Zügen und Bürstenschnitt. Ein pensionierter Zimmermann, der bei den Berner Dragonern reitet. Noch fünf Tage ist Christian Mosimann Präsident der kleinsten Gemeinde im ehemaligen Amt Konolfingen, 249 Einwohner, davon sind 204 stimmberechtigt.
Im Dorf gibt es noch den Gasthof Bärli und die Primarschule mit einer einzigen Klasse. Mosimann sagt, Häutligen sei in den letzten 40 Jahren im Grossen und Ganzen gleich geblieben. Und es scheint, als wäre es die Aufgabe des Gemeinderates, genau dafür zu sorgen. Die Schule muss erhalten werden. Und Häutligen soll möglichst lange unabhängig bleiben. Das haben die Bürger vor einigen Jahren beschlossen. Und Mosimann wurde quasi zum Verwalter dieses Willens.
Der Zurückgebundene
Klar, es gebe Punkte, die Mosimann gerne verändert hätte. Ein Bus sollte ins Dorf fahren. Und Häutligen sollte wachsen, Wohnraum schaffen für Familien. Doch der Kanton lässt kaum Einzonungen zu, weil der ÖV-Anschluss fehlt. Und einen ÖV-Anschluss gibt es nicht, weil Häutligen zu klein ist.
Das ist das ewige Dilemma der Gemeinde. «Es isch haut geng gloffe», sagt Mosimann, seine Frau bringt Güezi, bringt Brötchen, bietet noch einen Kaffee an. 40 Jahre lang hat Christian Mosimann in Häutligen Sitzungen geleitet. Hat geschaut, dass Familien in die gemeindeeigenen Wohnungen ziehen. Wäre da gewesen, hätte es je einen Fall von häuslicher Gewalt gegeben.
Hat das Dorf an der Regionalkonferenz vertreten, wo es ja doch nichts zu sagen hatte. Die Arbeit für sein Amt erledigte Mosimann am Abend oder am Wochenende. Jetzt habe er wohl wieder mehr Zeit, um zu reiten, sagt Mosimann. «Einmal muss es ja eine Veränderung geben.» Seit etwa 12 Jahren übrigens schlägt in Häutligen der Gemeinderat Kandidaten für frei werdende Sitze vor. Gezwungen wird keiner mehr. «Wir hatten noch nie Mühe, Leute zu finden.»
[i] Sibylle Burger-Bono aus Allmendigen
Am Anfang kam niemand. Als Sibylle Burger-Bono vor 6 Jahren Gemeindepräsidentin von Allmendingen wurde, lud sie etwa alle zwei Monate zu einer Sprechstunde ins Gemeindehaus. «Ich wartete und wartete, vergeblich.»
Aber nach etwa einem halben Jahr änderte sich das. «Die einen kamen mit privaten Angelegenheiten, andere mit Dingen, die tatsächlich die Gemeinde betrafen», sagt die 50-Jährige. Manchmal habe sie helfen können, manchmal nicht. Doch sie wurde «mit echten Problemen» konfrontiert, und das war neu. Denn die Freisinnige hatte in der Politik einen unüblichen Weg eingeschlagen.
Sie begann als Präsidentin der FDP-Frauen Schweiz und als Grossrätin, ehe sie Gemeindepräsidentin wurde. «Hier wurde auf einmal alles sehr emotional.» Es ging etwa um den Lärm aus dem Restaurant. Als Gemeindepräsidentin war sie zudem für Siegelungen zuständig und somit oft bei Menschen daheim, die gerade einen Angehörigen verloren hatten.
Die Erfahrung aus ihren früheren Tätigkeiten habe ihr stets geholfen. «Ob es um die Fristenlösung oder einen Nachbarschaftsstreit geht, die Instrumente und Abläufe sind die gleichen.» Sie gibt das Amt aus beruflichen Gründen auf.