RBS-Züge: Das Mandarinli ist auch ein Backofen

In den RBS-Zügen durchs Worblental ist es an Hitze­tagen tropisch heiss. Kühlung ist frühestens in vier Jahren zu erwarten.

Simon Preisig, Der Bund

35 Grad, 80 Prozent Luftfeuchtigkeit. In dieser tropischen Atmosphäre hat die Schweizer Nationalmannschaft am 24. Juni 2014 in Manaus gegen Honduras gespielt. Als «unverantwortlich» bezeichnete Trainer Othmar Hitzfeld damals den Umstand, dass die Nationalelf bei dieser Hitze im brasilianischen Regenwald zu einem WM-Spiel antreten musste.

Ein Jahr später herrschen in der S7 nach Worb fast die gleichen Bedingungen. 34 Grad Raumtemperatur und 78 Prozent Luftfeuchtigkeit misst der «Bund» auf einer Testfahrt am Dienstag um 15 Uhr. Der Regionalverkehr Bern Solothurn (RBS) befährt die Strecke seit den 1970er-Jahren mit demselben Rollmaterial: Die wegen ihrer orangen Farbe als Mandarinli bezeichneten Züge haben keine Klimaanlage, die Fenster lassen sich nur im obersten Bereich ankippen.

Züge könnten im Museum stehen

«In Vechigen bin ich dann jeweils ganz schön durchgebacken», meint eine Frau, als sie in Bern den orangen Zug in Richtung Worb besteigt. Und der Mann im Abteil neben ihr meint: «Die Mandarinli sollten eher im Verkehrshaus in Luzern zu bestaunen sein.» Den Teufel an die Wand malen mögen die beiden aber trotzdem nicht.

«So heiss ist es maximal während zweier Wochen pro Jahr», sagt der Mann. «Schwitzen ist gesund», ergänzt die Frau und lacht. Die beiden fragen sich aber durchaus, warum genau auf ihrer Strecke noch Züge ohne Klimaanlage verkehren. «Es wäre schon super, wenn jeder zweite Zug klimatisiert wäre», so der Mann.

Kühl nach Jegenstorf

Der RBS besitzt durchaus Rollmaterial mit Klimaanlage. So sind die S9 nach Unterzollikofen und die S8 nach Je­genstorf am Dienstag auf angenehme 25 Grad gekühlt, wie der Temperaturvergleich weiter zeigt. «Auf der S9 benötigen wir Niederflurzüge», sagt Caspar Lösche von der RBS-Medienstelle. Beim Halt in Tiefenau würden sehr viele Fahrgäste aus dem Spital einsteigen. «Die sind nicht gut zu Fuss», so Lösche.

Die klimatisierten Fahrzeuge seien auch die mit dem einfacheren Einstieg. Warum die Mandarinli nicht nach Jegenstorf verkehren können, hat gemäss Lösche hingegen fahrplantechnische Gründe: «Auf dieser Strecke hat es viele Einspurabschnitte.» Die neueren und klimatisierten Züge seien sprintstärker. «Wenn wir mit den Mandarinli nach Jegenstorf fahren würden, gäbe es massive Verspätungen.»

Vier Jahre weiterschwitzen

«Es ist uns sehr bewusst, dass das Worblental schon länger auf neues Rollmaterial wartet», erklärt Lösche. Die Bestellung der neuen Zügen sei bereits angelaufen: Der RBS hat sich gemäss Lösche für ein Gliederfahrzeug mit acht Niederflurtüren pro Seite entschieden. Dies, um den vielen Fahrgastwechseln auf der stark frequentierten Strecke Rechnung zu tragen. «Ab 2018 möchten wir die neuen Züge testen, ab 2020 sollen dann alle Mandarinli ausgemustert sein.»

Eine Aufrüstung kommt für den RBS nicht mehr infrage: «Das ist sehr, sehr teuer.» Man könne nicht einfach eine Klimaanlage oben draufstellen. Gemäss Lösche sind dafür viele zusätzliche Installationen notwendig. «Eine Aufrüstung hätte sich auch vor einigen Jahren schon nicht mehr gelohnt.»


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Erstellt: 02.07.2015
Geändert: 02.07.2015
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