Umstrittene Anstellungen: PZM-Chefarzt gibt Funktionen ab
Das Psychiatriezentrum Münsingen lässt die Anstellung dreier ehemaliger Mitarbeiterinnen extern prüfen. Die Mitarbeiterinnen gehörten der umstrittenen "Gemeinschaft Kirschblüte" an. Der Chefarzt der Klinik für Depression und Angst gibt seine Funktionen bis zum Abschluss der Untersuchung ab.
Dass am Psychiatriezentrum Münsingen (PZM) drei Mitarbeiterinnen beschäftigt waren, die der Kirschblütengemeinschaft angehören, wirft Fragen auf. "Der Verwaltungsrat und die PZM-Führung sind sich bewusst, dass in dieser Thematik eine hohe Aufmerksamkeit und genaues Hinschauen erforderlich sind", heisst es in einer Medienmitteilung. Man habe deshalb beschlossen, die Umstände "selbstkritisch aufzuarbeiten und die Abläufe rund um die betreffenden Anstellungen von externer, unabhängiger Stelle überprüfen zu lassen."
"Keine Hinweise auf Fehlverhalten"
Es gebe keine Hinweise, dass es während der Beschäftigung der betreffenden Mitarbeiterinnen zu Verstössen oder Fehlverhalten gekommen wäre, so die Verantwortlichen. "Doch für uns ist es zentral, sämtliche Geschichtspunkte transparent analysieren" wird PZM- Verwaltungsratspräsident Jean-Marc Lüthi zitiert.
Beauftragt wurden vier Fachexperten aus Psychiatrie und Recht. Sie sollen die Fragen rund um die Anstellungen unabhängig überprüfen. Sollten die Abklärungen zeigen, dass Fehler passiert seien, werde das PZM die entsprechenden Lehren und Konsequenzen daraus ziehen.
Chefarzt distanziert sich
Erste Konsequenzen zieht das PZM bereits jetzt. Abgeklärt wird laut Mitteilung auch die Rolle des ärztlichen Direktors und Chefarztes der Klinik für Depression und Angst, Prof. Dr. med. Thomas Reisch. Vor zehn Tagen war bekannt geworden, dass er in einer privaten Beziehung sei mit einer der betreffenden Mitarbeiterinnen.
Er halte fest, dass er nicht Mitglied der Kirschblütengemeinschaft sei, und distanziere sich von deren umstrittenen Methoden, schreibt das PZM. Trotzdem hätten der Verwaltungsrat und Reisch vereinbart, dass er sich bis zum Abschluss der Untersuchung von seinen Funktionen zurückzieht. Die Leitung der Klinik für Depression und Angst übernimmt interimistisch Dr. med. Ingo Butzke, Chefarzt der Klinik für Psychose und Abhängigkeit. Die ärztliche Direktion führt interimistisch PZM-Direktor Dr. med. Ivo Spicher.
"Ausschliesslich wissenschaftlich anerkannte Therapien"
Das PZM praktiziere ausschliesslich wissenschaftlich anerkannte Therapien und lehne die von der Kirschblütengemeinschaft propagierten Therapien und Methoden ab und praktiziere diese nicht. "Wir richten unsere Arbeit ausschliesslich an anerkannten wissenschaftlichen Standards und Richtlinien aus – ohne Kompromisse. Alles andere gehört nicht an eine psychiatrische Klinik mit kantonalem Leistungsauftrag wie das PZM." Heute arbeiten laut Mitteilung keine Personen mehr am PZM, die der Kirschblütengemeinschaft angehören.
[i] Die Kirschblüten-Gemeinschaft ist eine esoterische Gruppierung im Schweizer Kanton Solothurn. Medien und Sektenfachleute bezeichnen sie als sektenähnlich. Die Schweizerische Gesellschaft für Psychiatrie (SGPP) bezeichnete die Gemeinschaft als "gefährliche Bewegung mit totalitärem Anspruch, die Menschen mit Heilsversprechen ködert." (Quelle: Wikipedia)