Ortsvereine: Niemand mag sich engagieren
An fehlenden Mitgliedern liegt es nicht. Der Ortsverein Bowil krankt, weil niemand in den Vorstand will. Das gleiche Problem kennt auch jener in Kirchdorf. Nur in Oberthal läuft alles wie geschmiert – aus zwei Gründen.
Seit vierzig Jahren ist der Ortsverein Bowil im Einsatz. Heute hat er immer noch gut 120 Mitglieder. Er schmückt das Dorf mit Blumen, platziert Sitzbänke an beschaulichen Orten, organisiert Ausflüge und kulturelle Anlässe. Und hier im Schächli hält der Verein die Brätlistelle und den Spielplatz in Schuss. Und auch die Idee eines Blockhauses kam aus dem Ortsverein. «Erst wenn es den Verein nicht mehr gibt, werden die Leute merken, dass etwas fehlt», sagt Fritz Häni.
Kaum Rückmeldungen
In der letzten Ausgabe des Gemeindeblatts «Bowil-Zytig» hat der Ortsverein eine Umfrage publiziert. Die Fragen darin sind unmissverständlich: «Braucht es den Ortsverein noch? Wenn ja, wären Sie bereit, aktiv mitzuwirken?»
Derzeit besteht der Vorstand noch aus fünf Mitgliedern. Sieben sollten es sein. Wie Fritz Häni sagt, ist nur noch der Posten des Kassiers offiziell besetzt. Die anderen Aufgaben erledigt, wer gerade Zeit hat. «Wir sind nur noch ein Schrumpfvorstand», sagt er. Und niemand habe mehr die Motivation, wirklich weiterzumachen. Auf die Umfragen seien bisher lediglich sechs Antworten eingegangen, führt Häni aus, und nur auf zweien sei ein mögliches Engagement angekreuzt worden. «Wenn sich nicht mehr Leute melden, wird der Verein nächsten Frühling voraussichtlich aufgelöst.» Gewisse Aufgaben müsste dann die Gemeinde übernehmen, und auch das restliche Geld würde wohl in die Gemeindekasse fliessen.
Viele Ortsvereine haben eines gemeinsam: Obwohl es kaum Austritte gibt, geht die Mitgliederzahl zurück. Und in den Vorstand will niemand mehr. «Seit Jahren ist es bei den Mutationen an der Hauptversammlung immer das Gleiche», sagt Fritz Häni. «Null Eintritte, und dann folgt die Schweigeminute für die Verstorbenen.»
Noch drei im Vorstand
Auch in der Gemeinde Kirchdorf gibt es einen Ortsverein. Und auch dessen Zukunft ist ungewiss. Der Verein veranstaltet seit dreissig Jahren regelmässig kulturelle Anlässe, organisiert Kurse und Ausflüge und bringt das Vereinsheft «See-Spiegel» heraus. Derzeit besteht der Vorstand nur aus drei Mitgliedern. Deshalb läuft seit einem Jahr nur noch das Nötigste. An der nächsten Hauptversammlung in zwei Wochen ist eine mögliche Auflösung traktandiert. Der Verein hat immer noch 150 Mitglieder, aber auch hier findet sich niemand, der die Leitung übernehmen will.
Rosmarie Hirschi gehört dem Vorstand an. Für sie ist klar: «Was die Organisation von Veranstaltungen angeht, sind Ortsvereine überholt.» Das Angebot sei heute viel grösser als früher. Immerhin: Durch die Gründung eines Trägervereins soll der «See-Spiegel» weiterhin erscheinen.
Keine Probleme in Oberthal
In Oberthal sieht die Sache anders aus. Der Vorstand des Ortsvereins ist mit sieben Personen seit der Gründung im Jahr 2001 komplett. Gut 100 Mitglieder zahlen regelmässig ihren Beitrag. Der Verein organisiert jedes Jahr gut zehn Veranstaltungen, lädt zum Neujahrsapéro für die Bevölkerung, kümmert sich um die zwanzig Bänkli in der Gemeinde und holt auch schon mal den Mundartdichter Pedro Lenz in die Gemeinde.
Wieso ist in Oberthal gesund, was andernorts krankt? Vereinspräsidentin Katharina Stalder sieht zwei Gründe: «Wir haben Ueli Schmocker. Der hat immer gute Ideen. Das lockt immer auch neue Mitglieder an.» Ueli Schmocker war früher Intendant der Thuner Festspiele und wohnt in Oberthal. Und der andere Grund? «Wir haben wohl einfach Glück.»