Ortsplanung: Vechigen muss sich sputen

Das Ja zum Raumplanungsgesetz könnte die Ortsplanungsrevision der Gemeinde Vechigen über den Haufen werfen. Die Behörden müssen die Vorlage bis Ende Jahr durchboxen – sonst wird sie blockiert.

Dominik Galliker, Berner Zeitung BZ
In vielen Actionfilm gibts solche Szenen: Der Held sieht, wie sich ein Gittertor langsam schliesst und seinen Fluchtweg abzuschneiden droht. Er spurtet los, setzt zum Sprung an und schlüpft im letzten Moment unter dem Gitter durch. Wäre der Alltag in einem Gemeindehaus ein Actionfilm, wäre es in Vechigen jetzt Zeit für diese Szene. Die Planungsabteilung ist gerade losgespurtet. «Wir müssen uns beeilen», sagt Gemeindepräsident Walter Schilt (SVP). «Die Ortsplanungsrevision muss unbedingt bis Ende Jahr über die Bühne gehen.»

Schuld an der Hektik trägt das Schweizervolk, das am 3. März dem neuen Raumplanungsgesetz zugestimmt hat. Deren Umsetzung kommt dem Zeitplan von Vechigen und anderen Gemeinden in die Quere. Denn sobald das Gesetz in Kraft tritt, sind vorerst keine zusätzlichen Einzonungen mehr möglich. Die Gemeinden können nur einzonen, wenn sie gleich viel Land auszonen. Dieses Moratorium gilt so lange, bis der Kanton seinen Richtplan den neuen Regeln angepasst hat. Denn dieser bildet die Grundlage für die Ortspläne der Gemeinden.

Unsichere Situation

Für Walter Schilt ist die Situation unangenehm. «Wir stehen vor einer Ungewissheit», sagt er. Wann das sinnbildliche Gittertor den Fluchtweg ganz abgeschnitten hat – also das Raumplanungsgesetz in Kraft tritt –, weiss man noch nicht. Frühester Termin ist der 1. Januar 2014. Das wäre extrem knapp für Vechigen. Denn bis dann muss der Zonenplan nicht nur vom Volk abgesegnet sein, nein, es dauert noch rund vier Monate länger.

Zunächst läuft anlässlich der öffentlichen Auflage die Beschwerdefrist. Nachdem am 22. September die Urnenabstimmung hoffentlich positiv über die Bühne gegangen ist, muss das kantonale Amt für Gemeinden und Raumordnung (AGR) den Zonenplan noch genehmigen. Dieses empfiehlt – sollte das Gesetz Anfang 2014 in Kraft treten –, den Ortsplan bis spätestens im Sommer vors Volk zu bringen. Vechigen stimmt voraussichtlich aber erst im September ab.

Die Chancen stehen allerdings gut, dass das Raumplanungsgesetz erst später in Kraft tritt. Bundesrätin Doris Leuthard sprach bisher von Frühling 2014. Unklar ist, wie lange das Moratorium gelten wird. Auch für Arthur Stierli, Leiter der Abteilung Orts- und Regionalplanung beim AGR, ist noch vieles ungewiss. Seine Abteilung habe so früh wie möglich mit den Arbeiten zur Anpassung des kantonalen Richtplans begonnen. «Wir rechnen damit, dass der Bundesrat ihn bis etwa Ende 2014 genehmigt.»

Argument in der Abstimmung

«Es wäre eine riesige Enttäuschung, wenn die Zeit nicht reichen würde», sagt Walter Schilt. «Wir haben bisher rund 400 000 Franken in die Revision gesteckt.» Fünf Jahre Planungsarbeit könnten für die Katz gewesen sein, denn womöglich würde die Gemeinde dann vor einer ganz anderen Situation stehen. So droht das Moratorium auch zum Politikum in der Abstimmung zu werden. «Sagt jetzt Ja, oder das Anliegen verzögert sich um Jahre», könnte das Argument der Befürworter heissen. Andererseits streicht der Gemeinderat vielleicht umstrittene Punkte aus der Revision, um das Gesamtpaket nicht zu gefährden. Schilt verneint: «Ich glaube, wir haben moderate Lösungen gefunden, die vom Volk getragen werden.»


Auch die Verfahren beim AGR bieten Angriffsfläche. «Wenn es viele Einsprachen gibt oder die Unterlagen unvollständig sind, kann sich unser Verfahren verlängern», so Stierli. Womöglich auch so lange, bis das Raumplanungsgesetz in Kraft tritt. Allerdings gehe das AGR auf die Gemeinden zu. «Wir versuchen die Abläufe und Abhängigkeiten früh zu klären. Nicht, dass es am Schluss ein Gedränge vor dem Ziel gibt.» Ein grosses Vorhaben von Vechigen ist indes nicht in Gefahr: Der Bahnhof Boll könnte auch im Falle eines Moratoriums versetzt werden. Das nötige Land ist schon heute eingezont.

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Erstellt: 16.03.2013
Geändert: 16.03.2013
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