Ortsplanung Münsingen: Ja zur Grundordnung, klare Resultate zu den umstrittenen Zonen
An der Parlamentssitzung in Münsingen war die Ortsplanungsrevision das grosse Thema. In vier Teilen lag diese zum Beschluss vor – und erzielte klare Entscheide. Den klarsten gab es allerdings zu einem weiteren Thema: Dem Freizythuus.
Nach vierjähriger Arbeit stimmte das Münsinger Parlament am Dienstagabend über die Ortsplanungsrevision und damit über die neuen baurechtlichen Grundlagen der Gemeinde ab. Einerseits wurde über die Grundordnung abgestimmt, andererseits separat über drei auf dieser aufbauenden Zonen mit Planungsplicht (ZPP).
Nein zu Thalmatt und Im Stock, Ja zu Underrüti
Über diese – "Thalmatt", "Im Stock" und "Underrüti" – gab es in den letzten Jahren viele Diskussionen bis hin zum Eklat. Man erinnere sich an die Plakate bei den Schrebergärten auf der Underrüti, die sich gegen die Pläne der Gemeinde richteten (BERN-OST berichtete). Auch über die Ortsplanungsrevision im Allgemeinen wurde heiss diskutiert.
Als erstes wurde über die drei ZPP abgestimmt. Die Resultate klaffen stark auseinander: Die ZPP Thalmatt wurde mit 3 Ja- zu 23 Nein-Stimmen bei zwei Enthaltungen und die ZPP Im Stock um eine Stimme knapp nicht einstimmig abgeschmettert. Dagegen wurde die ZPP Underrüti mit 22 Ja- zu 2 Nein-Stimmen bei 4 Enthaltungen angenommen.
Thalmatt: "Nicht ausgereift"
Zur ZPP Thalmatt äusserte sich vor der Abstimmung Parlamentarier Linus Schärer (SP). Aktuell sind die betroffenen drei Parzellen der Arbeitszone beziehungsweise der Wohn- und Arbeitszone zugeordnet. Neu hätten sie alle in eine Mischzone überführt werden sollen.
Für die SP sei die Thalmatt kein eigentliches Entwicklungsgebiet, so Schärer. Die topografische Lage berge ein gewisses Risiko und sei nicht zu unterschätzen. Zudem sei der Ort am Eingang des Mühlitals landschaftlich sensibel. "Das Projekt ist noch nicht genug ausgereift und braucht mehr Akzeptanz in der Bevölkerung."
Gegen die ZPP "Im Stock" sprachen vor der Abstimmung gleich drei Parteivertreter:innen. Grüne, SP und GLP empfahlen den Antrag zur Ablehnung. Tenor: Diese Grünfläche darf nicht auch noch überbaut werden, zu sensibel ist sie.
Gemeinderat Andreas Kägi (FDP) ist nicht überrascht über die Ablehnung: "Es hat sich abgezeichnet, darum haben wir die Teile einzeln gebracht."
Underrüti: Sorgfalt überzeugte
Die ZPP "Underrüti" erhielt Unterstützung von Seiten der SP, der SVP, den Grünen und der GLP. Die viergeschossige, autoarme Überbauung mit Wohnungen in Kostenmiete erntete Zustimmung unter anderem, weil es sich um bereits eingezontes Land handle, weil Rücksicht auf die Umgebung genommen worden sei und weil preisgünstiger Wohnraum geschaffen werde. Mehrmals fiel das Wort "sorgfältig" in Anerkennung der Ausarbeitung der ZPP.
Änderungen an der Grundordnung
Dann ging es um die bauliche Grundordnung. Diese besteht aus dem Baureglement und dem Zonenplan "Siedlung und Landschaft", ausgenommen der zuvor verhandelten ZPP, aus den Zonenplänen "Schutzgebiete, Schutzobjekte, Energieversorgung" und "Naturgefahren" und, zur Kenntnisnahme, aus dem Erschliessunsprogramm. Es folgten mehrere Anträge aus den Parteien.
Keine ZPP "Schulhausgasse"
Den ersten stellten Grüne, GLP, EVP, EDU und SP gemeinsam. Im Baureglement Münsingen 2030 solle die ZPP AL “Schulhausgasse” gestrichen und das Areal der Zone für öffentliche Nutzung (ZöN) 5 zugewiesen werden. Damit wollten die Antragstellenden Raum für öffentliche Zwecke wie die Schule für die Zukunft sichern. "Die Umzonung einer ZöN ist in der Regel irreversibel", heisst es im Antrag. Darum sollten ZöN "nur mit höchster Zurückhaltung" umgezont werden. Kägi warnte darauf erfolglos vor Kosten, die auf die Gemeinde zukämen, weil sich auf dem Areal zwei marode Gebäude befinden. Eines davon müsse zudem erhalten werden. Der Antrag wurde mit 20 Ja- zu 4 Nein-Stimmen bei 4 Enthaltungen angenommen.
Perimeter Bahnhof West bleibt so
Zwei weitere Anträge kamen von der GLP. Es ging um den Perimeter Bahnhof West. Dieser sei im aufgelegten Baureglement ohne Rücksprache mit den betroffenen Grundeigentümer:innen auf die sogenannte Interessenslinie der SBB reduziert worden. Darum sei er wie bis anhin zu belassen. Kägi wies den Vorwurf zurück, man habe nicht mit den Betroffenen verhandelt. Zudem entstünde für diese keine Wertverminderung wegen der Verschiebung des Perimeters nach Westen. Der Antrag wurde dennoch mit 23 Ja- zu 2 Nein-Stimmen bei 3 Enthaltungen angenommen.
Geschossfläche am Erlenauweg wird nicht beschränkt
Beim zweiten Antrag ging es um die ZPP AB "Erlenauweg". Die GLP beantragte, auf die Festlegung einer maximalen Geschossflächenziffer oberirdisch (GFZo) von 1.20 zu verzichten oder sie auf 1.50 zu erhöhen. Der jetzige Wert sei zufällig, nicht verifiziert und nur damit begründet, dass der Kanton dies verlange. Damit werde die Schaffung von Wohnraum in Kostenmiete erschwert, weil die Geschosszahl nicht erhöht werden könne. Dagegen wandte Kägi ein, dass das Amt für Gemeinden und Raumordnung (AGR) eine eindeutige Festlegung einer maximalen GFZo verlange. Die Planungskommission und der Gemeinderat befürchteten, dass mit einer GFZO bis 2.0 die Qualität von Bauprojekten, unter anderem der Aussenraumgestaltung, nicht mehr gewährleistet werden könne. Der Antrag wurde mit 12 Ja- zu 10 Nein-Stimmen bei 4 Enthaltungen knapp angenommen.
Keine kleineren Grenzabstände
Abgelehnt hingegen wurden zwei Anträge der SVP, bei denen der Grenzabstand von 4 Metern in den Ortsteilen Tägertschi und Trimstein beibehalten werden sollte, respektive dieser neu auch in Münsingen in der Wohnzone W2 gelten sollte. In Münsingen gilt seit 1978 ein Grenzabstand von 5 Metern. Kägi entgegnete, dass das Näherbaurecht einen kleinen Grenzabstand bis 0.0 Metern möglich mache und in Münsingen viel mehr Parzellen von einer Änderung betroffen wären, als in Tägertschi und Trimstein. Und: Es bestünde das Risiko vieler Einsprachen im Ortsteil Münsingen.Darin unterstützte ihn Linus Schärer von der SP: Man wolle verhindern, dass die Einfamilienhausbesitzer:innen auf die Barrikaden stiegen wegen dieses einen Meters. Auch FDP und SP sprachen sich gegen die beiden Anträge aus. Der Antrag zu Trimstein und Tägertschi wurde schliesslich mit 5 Ja- zu 20 Nein-Stimmen bei 2 Enthaltungen, jener für Münsingen mit 4 Ja- zu 21 Nein-Stimmen und 2 Enthaltungen abgelehnt.
Deutliches Ja zur Grundordnung
Zum Schluss wurde der Grundordnung aber mit 23 Ja- zu 3 Nein-Stimmen bei 0 Enthaltungen zugestimmt. Gemäss Kägi muss nun die Referendumsfrist abgewartet werden. Die SVP und das Komitee "Münsingen - Zukunft mit Vernunft" hatten Referenden angekündigt. Ob diese kommen, sei nun die Frage, so Kägi. Dann komme die dritte Auflage der Ortsplanungsrevision mit den eben entschiedenen Änderungen. Rechtskräftig werden dürfte die OPR im nächsten Jahr.
Klares Bekenntnis zum Freizythuus
Ein weiterer Beschluss wurde noch gefällt am Dienstagabend: Der Kredit für Kauf und Sanierung des Freizythuus', und den damit verbundenen Landabtausch mit der Stiftung für Betagte, wurden einstimmig genehmigt. Mehrere freudige Voten sprachen sich dafür aus, das Geld zu sprechen und damit im Rahmen der Sanierung unter anderem den Einbau eines Lifts, die Vergrösserung des Cheminéeraums und Verbesserungen hinsichtlich Energie, Elektrik, Feuer- und Erdbebensicherheit zu ermöglichen. "Es ist einfach schön, wenn Leute nähen und basteln", fasste Gemeinderätin Vera Wenger (Grüne) den Sinn des Ganzen zusammen.
[i] Richtigstellung: In einer ersten Version des Artikels stand, die Thalmatt sei heute eine reine Wohnzone. Das stimmte nicht. Die Parzellen liegen zum Teil in der Arbeits- und zum Teil in der Wohn- und Arbeitszone.
[i] Am Dienstag, 16. November findet ein Zusatztermin mit den restlichen Traktanden der Parlamentssitzung statt. Es stehen diverse weitere Kredite, der Aufgaben- und Finanzplan und das Budget 2022 an.