Oppligen - Ein Raum mit Pflanzen und Tieren zum neu Trittfassen

Ob Teenager oder in den besten Jahren: Auf dem Biohof Habich Daepp in Oppligen finden Menschen mit einer psychischen Beeinträchtigung den Raum, im Leben wieder Tritt zu fassen.

Marc Imboden, Thuner Tagblatt

35 Milchkühe, 2 Pferde, ein Esel, ein Hund und mehrere Katzen leben auf dem Hof von Ursula Habich Daepp und Niklaus Daepp neben der Chise in Oppligen. Die beiden haben vier Kinder im Alter von 14 bis 20 Jahren. Sie bauen Weizen zum Brotbacken und Öllein an, aus deren Samen das wertvolle Leinöl hergestellt wird, zudem Mais und Gras als Futtermittel. Produziert wird nach biologisch-organischen Richtlinien unter dem Knospe-Label.

Wenn man sich in der geräumigen Küche zum Essen trifft, sitzen meistens mehr als sechs Personen am Tisch. Denn das Ehepaar kümmert sich seit mehreren Jahren um Mitmenschen, die aus verschiedensten Gründen nicht alleine zurechtkommen. Als Ursula Habich Daepp die Ausbildung zur biologisch-dynamischen Landwirtin machte, kam sie in Kontakt mit dem Berghof Stärenegg in Trubschachen und somit mit Jugendlichen aus schwierigen sozialen Verhältnissen. «Wir nahmen mehrere Jugendliche bei uns auf, die eine landwirtschaftliche Lehre machten, aber darüber hinaus eine intensive Betreuung benötigten», sagt die Bäuerin aus Oppligen. «Das war nicht immer einfach. Auseinandersetzungen gehören dazu», fügt ihr Mann an, «aber der Leiter der Stärenegg konnte in uns die Begeisterung für diese Aufgabe entfachen.»

Am Anfang erledigen sie ganz einfache Aufgaben

Inzwischen sind es Frauen mit einer psychischen Beeinträchtigung, die das Thuner Sozialamt dem Ehepaar Habich Daepp vermittelt. «Wir sprechen von Trainingsplätzen mit dem Ziel, wieder zur Schule oder einer geregelten Arbeit nachgehen zu können», sagt die Bäuerin. «Zu Beginn erledigen die Frauen ganz einfache Arbeiten und werden dadurch immer selbstständiger. Wir lassen ihnen Zeit und Raum, konzentrieren uns auf Gegenwart und Zukunft und löchern sie nicht mit Fragen nach ihrer Vergangenheit.» Zu erkennen, in welchem Mass die Anforderungen gesteigert werden können, ist dabei zentral. Ganz wichtig sei auch die Arbeit mit den Tieren, betont das Ehepaar. Wer Mühe hat, mit seinen Mitmenschen zu kommunizieren, findet den Draht zu den Tieren oft viel rascher.

Auf dem Bauernhof erhalten die Frauen eine Tagesstruktur, die sich aus dem Kreislauf des Lebens ergibt. Die Jahreszeiten und die Bedürfnisse der Tiere bestimmen die Tätigkeiten der Menschen. «Geburt, Leben und Tod geschehen hier nicht an einem Bildschirm, sondern sind real», sagt Niklaus Daepp.


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Erstellt: 22.11.2014
Geändert: 22.11.2014
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