Oberthal - Kiera riecht die Trüffeln im Umkreis von 100 Metern
Im Herbst spriessen in den Wäldern die Trüffeln. Wann immer möglich macht sich Bruno Christener mit Lagotto-Hündin Kiera auf die Suche nach den aromatischen Knollen. Eine Reportage.
Kaum stoppt Bruno Christener sein Auto an, wird Kiera unruhig und winselt. Spätestens dann, wenn ihr Herrchen das Codewort «Hasi» sagt, weiss die viereinhalbjährige Hündin, dass es ums Trüffelsuchen geht. Beigebracht hat es ihr der 50-jährige Polizist aus Oberthal mit einem Stoffhasen, den sie suchen musste. «Im Bauch des Hasen war etwas Watte versteckt, die ich mit ein paar Tropfen Trüffelöl parfümierte», erklärt Christener. So lernte Kiera den Duft der kostbaren Knollen kennen, die bis 50 Zentimeter tief unter dem Laub wachsen. «Gegen 100 Stunden haben wir bestimmt geübt», sagt der Hundehalter. Er nimmt die Hündin an die lange Leine, und los geht die Trüffelsuche in einem Wald im Emmental.
Sensible Hundenase
Kiera ist ein Trüffelhund der italienischen Rasse Lagotto Romagnolo (siehe Kasten). Christeners züchten Lagotti. Vor knapp drei Monaten hat Kiera acht Junge zur Welt gebracht. Diese sind bereits verkauft, und die Hündin ist wieder an der Arbeit, so oft Bruno Christener Zeit hat. Ungeduldig zieht sie an der Leine, geht ins Unterholz und schnuppert. Ein Lagotto kann Trüffeln in einem Umkreis von 100 Metern riechen. Christener ermuntert die Hündin: «Such das Hasi, Kiera, such!» Kiera kreist mit gesenktem Kopf um eine alte Buche und setzt mit dem linken Vorderlauf zu einer Scharrbewegung an. Sofort greift Bruno Christener in das trockene Laub, gräbt ein bisschen und findet eine kleine Trüffel. Kiera erhält überschwängliches Lob. Dann darf sie tüchtig an einer Tube Sandwichcreme lecken, die ihr Herrchen für sie in der Tasche trägt. Als besonderen Leckerbissen kriegt sie manchmal auch eine frische kleine Trüffel.
2012: Ein gutes Trüffeljahr
In diesem Jahr hat Kiera bereits ein paar Kilo Trüffeln gefunden. 2012 sei ein gutes Jahr, sagt Christener. Wie alle Pilze brauchen Trüffeln den Wechsel von Regen und Wärme, damit sie gedeihen. Das tun sie, wo es ihnen passt, oft am Wegrand und immer in Symbiose mit Bäumen. Wieder scharrt Kiera mit dem linken Fuss unter einer kleinen Buche. Sie schaut zu, wie ihr Herrchen gräbt, aber nichts findet. Ein bisschen Sandwichcreme kriegt sie trotzdem. «Sie ist heute nicht so bei der Sache», stellt Christener fest. Das kann an den Besuchern liegen, die heute bei der Trüffelsuche dabei sind, oder an einer Tierspur, die ablenkt. Vielleicht ist Kiera auch einfach hormongesteuert, denn sie wird bald läufig. Weil sie deshalb die Rüden verwirren würde, darf sie im Oktober an der Trüffel WM in Italien nicht dabei sein. «Kiera war 2010 aber Jugendmeisterin an den Schweizer Meisterschaften», erzählt Bruno Christener stolz. Damals hat die Lagotto-Hündin innert zehn Minuten sieben Trüffeln aufgespürt. Diesmal war es immerhin eine. Genug für heute, findet Kiera, springt ins Auto und legt sich hin.