Oberthal - Für den Umbau 20 Jahre lang geplant

Im Einklang mit der Natur leben und in gewohnter Umgebung alt werden: Das können die 21 Behinderten im anthroposophisch ausgerichteten Haus St.Martin in Oberthal. Am Wochenende wurden die neu errichteten Gebäude nach zwanzig Jahren Planung und fünf Jahren Bauzeit eingeweiht.

Ursula Grütter / Berner Zeitung BZ
Ein Einzelzimmer mit herrlicher Aussicht: Das gehört in der Sozialtherapeutischen Gemeinschaft Haus St.Martin zum Standard. Zumindest seit das Heim neu gestaltet wurde. Oberhalb von Zäziwil, weit ab von der Hauptstrasse mitten in den Hügeln des Emmentals, bietet die Gemeinschaft 21 Behinderten ein Ort zum Wohnen und Arbeiten. Und die Bewohner der Stätte sollen auch im Alter in Oberthal bleiben können. Zwei Neubauten sind entsprechend eingerichtet worden. So wurden in den drei Wohngruppen Anschlüsse für Pflegebäder installiert, und von einem Teil der rollstuhlgängigen Zimmer besteht ein Zugang zur Terrasse.

Auch für Paare möglich

Beim Bau der zwei neuen Häuser wurde speziell auf die Besonderheiten im Zusammenleben der Behinderten geachtet. Einige Zimmer verfügen über verstärkte Lärmschutzwände. Zudem sind die Einzelzimmer so konzipiert, dass sie auf Wunsch in Doppelzimmer umgewandelt werden können. Laut Co-Heimleiter Hans-Jürg Lory finden manchmal Paare zusammen, oder Bewohner mögen nicht alleine in einem Zimmer wohnen. Fakultativ ist auch die sanitäre Anlage im Zimmer. Bei Bedarf kann eine Toilette eingerichtet werden, doch zurzeit teilen sich die je sieben Bewohner einer Wohngruppe die sanitären Anlagen. Zu jeder Wohngruppe gehört zudem ein grosszügiger Gemeinschaftsraum mit einer integrierten Küche. Morgen- und Nachtessen werden in den Gruppen zubereitet, das Mittagessen findet im Saal statt.

Organische Baustoffe

Die geistig und mehrfach behinderten Menschen im Haus St.Martin freuten sich am Wochenende nicht nur über ihre Zimmer, die sie nach der fünfjährigen Bauphase beziehen konnten. Sie zeigten sich begeistert ob des farbenfrohen Zuhauses mit grosszügigen Aussenanlagen. Das Architektenduo Ueli Blaser und Philippe Jean Richard stand bei der Planung vor einer grossen Herausforderung. Der Verein ist Mitglied im Verband für anthroposophische Heilpädag ogik und Sozialtherapie. Er stellte die Bedingung, dass möglichst organische Baustoffe verwendet werden und dass auch der Planungsprozess mit allen Involvierten «organisch» verlaufe. Entstanden ist daraus das Haus «Anna Burri», welches aus 40 Zentimeter dicken Backsteinen errichtet und mit Naturlehm verputzt wurde. Der Verputz ist aussen in einem satt orangen Ton lasiert.

Vom Kanton 1991 abgelehnt

Die Umgestaltung der Stätte in Oberthal hat eine lange Vorgeschichte. Bereits vor zwanzig Jahren fasste der für das Heim zuständige Verein eine umfassende Sanierung der Liegenschaft ins Auge. Auf Anraten des Kantons wurde laut Heimleiter Hans-Jürg Lory ein Projekt ausgearbeitet. Im August 1991 wurde das Bauvorhaben in Höhe von 10 Millionen Franken vom Kanton jedoch abgelehnt.

Die Behörden schlugen dem Verein das Personalhaus des Spitals in Grosshöchstetten als Alternative vor. «Das war für uns unakzeptierbar», sagt Lory, «unser Konzept ber uht auf einem Landwirtschaftsbetrieb, in den die Behinderten integriert werden können.»

Nach zähen Verhandlungen wurde ein Projektwettbewerb ausgeschrieben. Bald war klar, dass das alte Bauernhaus neuen Gebäuden Platz machen musste. Die Gesamtkosten belaufen sich auf 7 Millionen Franken. Bund und Kanton beteiligen sich mit 1,6 Millionen, weitere 2 Millionen Franken gingen als Spenden ein. Für den restlichen Betrag hat der Verein eine Hypothek aufgenommen.

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Erstellt: 27.06.2011
Geändert: 27.06.2011
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