Oberthal - Die verborgene Wahrheit hinter der Kündigung
Der Präsident des Emmentalischen Käservereins war nicht ganz ehrlich, als er erklärte, weshalb er die Käserei Häuslenbach in Oberthal verlassen hat. Er verschwieg die Qualitätsprobleme, die die Käserei an den Rand ihrer Existenz gebracht hatten.
Andreas Steiner staunte nicht schlecht. Als er letzthin von der Alp, wo er mit seinen Kühen den Sommer verbringt, ins Emmental kam, legten ihm Kollegen die Berner Zeitung vom 11. August vor. Darin war im Rahmen der Sommerserie «Käse im Emmental» ein Interview mit dem Präsidenten des Emmentalischen Käservereins, Daniel Glücki, erschienen.
Glücki war bis Ende April 2014 Käser in Häuslenbach, an der Grenze zwischen den Gemeinden Signau und Oberthal. Steiner ist Gemeindepräsident von Oberthal und war zu Glückis Zeit auch Präsident der Käsereigenossenschaft. Auf die Frage, weshalb er die Käserei verlassen habe, hatte Glücki im Interview gesagt: «Ich war der Meinung, in Häuslenbach müsse dringend investiert werden. Die Genossenschaft konnte das nicht. So sah ich keine Perspektive mehr.»
«Das ist schlicht und einfach nicht wahr», wehrt sich Steiner. Die Genossenschaft habe Glücki während seiner zwölf Jahre in Häuslenbach «jeden Wunsch erfüllt». Sicher gegen 100'000 Franken seien investiert worden. Natürlich sei eine Totalerneuerung, die gegen eine Million Franken gekostet hätte, nicht dringelegen, räumt Steiner ein. Aber diese habe Glücki auch nie gefordert.
Probleme im Betrieb
Der Grund, warum die Käsereigenossenschaft ihrem Käser nahegelegt habe, von sich aus zu kündigen, sei ein anderer gewesen: «Er hatte massive Qualitätsprobleme», sagt Steiner. Lange hätten die neun Milchlieferanten nichts davon gemerkt. Denn Glücki war Milchkäufer und geschäftete auf eigenes Risiko. Er bezahlte den Bauern den von der Sortenorganisation Gruyère AOP definierten Milchpreis. Er sei «aus allen Wolken gefallen», so Steiner, als er vor etwa vier Jahren einen Anruf der Sortenorganisation erhalten und man ihm beschieden habe, so könne es mit der Käserei Häuslenbach nicht mehr weitergehen.
Erst da habe er von der mangelhaften Qualität erfahren. Darauf angesprochen, habe der Käser die Milchqualität beanstandet. Doch die Hygienezustände, die die Genossenschaft nach dem Auszug des Käsers im Betrieb vorgefunden hätten, seien selbstredend gewesen. Steiner wundert sich bloss, warum die Lebensmittelkontrolle und der Käsereiinspektor diese nicht schon längst ans Licht gebracht hätten. «Von dieser Seite hatten wir gar keine Unterstützung», stellt er fest.
Von dieser Zeitung mit Steiners Widerspruch konfrontiert, gibt Daniel Glücki unumwunden zu: «Ja, die Qualität war ein Problem.» Und auf Nachfrage bestätigt er, dass sie der Hauptgrund gewesen seien, weshalb er die Käserei Häuslenbach verlassen habe.
Standort war gefährdet
Seit der neue Käser, ein Holländer, in Häuslenbach am Werk ist, werde dort wieder einwandfreie Qualität produziert, stellt Andreas Steiner befriedigt fest. Wobei: Ganz zufrieden kann er trotzdem nicht sein. Die Qualitätsprobleme hätten dazu geführt, dass die Sortenorganisation verordnet habe, Häuslenbach dürfe nur noch 90 Prozent ihrer Milchmenge zu Gruyère verarbeiten. Das bedeutete das Aus für die Bioproduktion. Die Milchmenge reichte nicht mehr aus, um parallel sowohl Bio- als auch konventionellen Käse herzustellen. Für Biomilchlieferanten wie Steiner bedeutet das den Verlust der Bioprämie von 11 Rappen pro Kilo Milch. Für konventionelle Milch erhält er 77 Rappen.
Doch Steiner kann schon froh sein, dass seine Milch überhaupt noch zu Gruyère verarbeitet wird. Auf Häuslenbach steht eine der wenigen Satellitenkäsereien, die aus geschichtlichen Gründen ausserhalb des Ursprungsgebiets Greyerzer produzieren dürfen. «Hätten wir aus Qualitätsgründen aufhören müssen, hätten wir die Produktion nie wieder aufnehmen können», ist der ehemalige Präsident der Käsereigenossenschaft überzeugt.