Oberthal - Bald ohne ÖV-Anschluss
Der Busbetrieb Grosshöchstetten-Zäziwil-Oberthal wird auf Ende Juli eingestellt. Der Kanton will sparen, der Gemeinde fehlt das Geld, um Ersatz anbieten zu können.
sbw, Wochen-Zeitung
«Seit 50½ Jahren zahle ich brav meine Steuern (...). Ich helfe Tramlinien in Agglomerationsgemeinden und in der Stadt Bern bezahlen, obschon ich sie selten benutze! Ich helfe Autobahnen bezahlen, obschon ich sie fast nie benutze. (....) Und Sie, Frau Egger, haben Sie das Gefühl, dass unser kleiner Bus, die paar Franken Einsparungen, Ihrer Kasse guttun?» In ihrem offenen Brief an die Vorsteherin der Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion bezieht sich Christine Schmocker auf das Aus des Grosshöchstetten–Zäziwil–Ober-thal-Busses auf Ende Juli dieses Jahres. Dass dem so ist, bestätigt Gemeindeschreiberin Cornelia Wegmüller. «Die Auslastung ist gemäss Kanton zu tief, entsprechend fiel der Bus dem Sparprogramm zum Opfer.»
Der Gemeinderat habe sich gegen die Schliessung der Buslinie gewehrt, so zum Beispiel mit einem Brief an die Grossräte aus der Umgebung. Genützt hat es nichts, die Tage des Busses sind gezählt. Auch eine Alternative, so zum Beispiel ein Bürgerbus, kommt nicht zustande. «Das wäre für uns finanziell nicht tragbar», erklärt Cornelia Wegmüller. Die Kosten würden etwa 150’000 Franken pro Jahr betragen, was drei Steuerzehntel ausmache.
Zu viele Kurspaare
Als Begründung für die Einstellung des Betriebes führt der Kanton das schlechte Kosten-Nutzen-Verhältnis an. Daran sei jedoch nicht allein die kleine Nachfrage schuld, sondern auch die grosse Anzahl von Kurspaaren, schrieb der Gemeinderat an die Grossräte. So hätten zu Beginn, das heisst Anfang der 1990er Jahre, drei bis fünf Kurspaare verkehrt, heute seien es elf. Mit dieser Erweiterung, die von amtlicher Seite vorgenommen worden sei, könne die notwendige Auslastung je Fahrt nicht erreicht werden. «Wäre nach wie vor das ursprüngliche Angebot von fünf Kursen vorhanden, würde sich die Anzahl Benutzer pro Kurs automatisch erhöhen.» Es dürfe doch nicht sein, dass die Landbevölkerung via Lastenausgleich an den öffentlichen Verkehr happige Beiträge bezahle, jedoch nicht einmal über ein minimales Grundangebot verfügen dürfe. Dieser Aufruf des Gemeinderates an die Grossräte verhallte indes ungehört.
Dorfentwicklung eingeschränkt
Betroffen vom Entscheid seien vor allem Pendler, Schüler und ältere Leute, sagt Cornelia Wegmüller, aber auch das Personal der Sozialtherapeutischen Gemeinschaft St. Martin, das vielfach per Bus an den Arbeitsort fahre. Für die Gemeinde habe es weitere Konsequenzen, vom öffentlichen Verkehr abgeschnitten zu sein. «Wir dürfen kein Land mehr fürs Wohnen einzonen; Neueinzonungen sind unter anderem nur noch mit ÖV-Anschluss erlaubt.» Die Entwicklung der Gemeinde werde damit stark eingeschränkt, so Cornelia Wegmüller.