Oberhünigen - "Wir wollten nie ein Produkt kopieren"
Der Käser Urs Glauser darf seinen Appenberger Käse weiterhin produzieren. Obwohl noch unklar ist, ob Appenzeller Käse die Klage weiterzieht, herrscht in der Käserei Oberhünigen vorerst Entspannung.
Eine kurvige Strasse führt durch den Wald nach Oberhünigen, einem idyllischen Flecken Erde: Die Sonne scheint über der grünen Emmentaler Hügellandschaft, Traktoren tuckern über die Felder, Mütter sind mit Kinderwagen unterwegs. Das zentrale Thema des 340-Seelen-Dorfes ist dieser Tage seine Käserei. Zuerst das Bangen um das Gerichtsurteil, dann die Erleichterung: Die Familie Glauser darf ihren beklagten Appenberger Käse weiterhin produzieren.
Urs Glauser produziert den Appenberger Käse schon seit zwei Jahrzehnten. Abgeleitet wurde sein Name nicht etwa vom Appenzeller Käse, sondern ganz einfach vom nahen Appenberg. Seine Etikette ist schlicht gestaltet und zeigt Logo und Schriftzug des Hotels Appenberg. «Die Mosimanns, die den Appenberg führen, sind gute Freunde von uns. Wir sind privat wie geschäftlich stark verbunden», erklärt der 54-Jährige. Deshalb entschieden sich Glausers, dem Käse den Namen Appenberger zu geben, war er zu Beginn doch vor allem für die Hotelgäste gedacht.
Grösse ist relativ
Natürlich freut sich Urs Glauser, dass das Innerrhoder Gericht zu seinen Gunsten entschieden hat. Für den gegenteiligen Fall hatten die Glausers noch keine Pläne geschmiedet: «Wir sind davon ausgegangen, dass wir nichts Unrechtes tun. Man kann ja den Appenberg nicht einfach verschieben», sagt der Emmentaler Käser gelassen. «Es ist kein Fantasiename, wie uns unterstellt wurde.» Die Ostschweizer Firma forderte eine Schadensumme von einer halben Million Franken. Angst vor ihr hatte der gebürtige Nofler jedoch keine: «Im Vergleich zu uns ist Appenzeller Käse schon gross, im europäischen Kontext aber nicht.» Er wundert sich darüber, dass die Appenzeller sich nie direkt bei ihm gemeldet haben. «Deren Befürchtung ist vielleicht, dass wir den Namen Appenberger an eine deutsche Firma verkaufen.» 50 Prozent des Appenzeller Käses gingen in den Export, und Deutschland sei der wichtigste Kunde.
Noch unklar ist, ob die Appenzeller den Fall jetzt ans Bundesgericht weiterziehen. «Ich finde, sie sollten sich jetzt eigentlich stillhalten», meint Glauser. Und eigentlich wolle er sich dazu noch gar keine Gedanken machen.
Käsen als Familiengut
Beim Vergleich der beiden Käse wird klar: Hat Glauser tatsächlich den Appenzeller Käse kopieren wollen, ist es ihm nicht eben gut gelungen. Der Appenberger Käse ist aus Roh- statt aus thermisierter Milch und hat viele kleine statt wenige runde Löcher. Neben der Konsistenz ist auch der Geschmack unterschiedlich: Rezent und küstig, hat der Appenberger einen weniger süssen Abgang als der Appenzeller. «Wir wollten nie ein Produkt kopieren», sagt der Käser.
Er und seine Frau Dora stammen beide aus Käserfamilien und übernahmen die Käserei Oberhünigen vor 26 Jahren. Neben Emmentaler produzieren sie etwa 15 Eigenkreationen – darunter einen Hanfkäse und den milbengereiften Après-Soleil. «Wir versuchen immer wieder Neues auszuprobieren», sagt Dora Glauser. Während sie meist den Laden macht, ist ihr Mann vor allem in der Käseküche am Werk. Es wird schnell gearbeitet, aber nicht hektisch. Zwei ihrer vier erwachsenen Kinder haben sich ebenfalls dem Käse verschrieben. Der Älteste führt eine Käserei in Zäziwil und der Zweite die Jumi GmbH, die unter anderem Belper Knolle vertreibt – diese wiederum wurde vom Cousin des Vaters kreiert. Auch die Eigenkreationen von Urs Glauser werden über das Unternehmen des Juniors verkauft. Gar nicht so einfach, bei so viel Glauser-Käse den Überblick zu behalten.
Während Glauser erzählt, kommt eine Kundin in den Laden. «Gratuliere!», ruft sie und klopft ihm auf die Schulter. «Danke», brummt der Käser zufrieden und verschwindet – offensichtlich nicht ungern – wieder bei seinen Käsekesseln.
Käse-Klag: Der Prozess
Urs Glauser wollte 2009 den Namen «Appenberger Käse» beim Amt für geistiges Eigentum eintragen. Die Appenzeller Sortenorganisation erhob Einsprache, wurde aber abgewiesen. Darauf reichte sie eine Klage ein. Der Vorwurf: Verwechslungsgefahr. Sie befürchtet, dass mit dem Appenberger Käse bald mehrere ähnliche Sorten auf den Markt kommen. Die Appenzeller Sortenorganisation ist mit ihrer Klage beim Innerrhoder Gericht abgeblitzt. Sie muss die Gerichtskosten von 5000 Franken übernehmen und die Käserei Urs Glauser mit 17000 Franken entschädigen. Noch unklar ist, ob sie den Fall nun auf Bundesebene weiterzieht. Man möchte die Urteilsbegründung des Gerichts abwarten.