Oberhünigen - Dorfkäserei gewinnt Prozess gegen «Appenzeller»

Die Käserei Glauser in Oberhünigen darf ihren Appenberg-Käse auch künftig produzieren. Die Sortenorganisation Appenzeller ist vor Gericht abgeblitzt.

Simona Benovici / Der Bund

Der eine hat grosse Löcher, der andere kleine. Der eine wird in 65 Dorfkäsereien in den Kantonen Appenzell Ausserrhoden, St. Gallen und Thurgau hergestellt, der andere gerade mal in einer Dorfkäserei im Emmental. So gesehen zwei verschiedene Käse – wäre da nicht der Name. Eine der grössten Käsesortenorganisationen, die Sortenorganisation Appenzeller, witterte im «Appenberg» – einer regionalen Spezialität der Käserei Glauser aus Oberhünigen – ein Nachahmerprodukt des markenrechtlich geschützten «Appenzellers». Die Sortenorganisation ging vor Gericht – und musste gestern eine Schlappe hinnehmen. Das Innerrhoder Kantonsgericht hat die Klage der Sortenorganisation gegen die Eintragung der Marke Appenberg abgewiesen: Der Halbhartkäse und das gleichnamige Mutschli dürfen weiterhin unter dem Namen in der Oberhüniger Käserei hergestellt werden.

Markenstreit um Mitbringsel

«Wir sind glücklich über das Urteil», sagte Käsermeister Urs Glauser gestern auf Anfrage. Er habe den Rechtsstreit nicht gesucht und zu keinem Zeitpunkt ein Konkurrenzprodukt zum Appenzeller auf den Markt bringen wollen. Sein Käse sei «ganz etwas anderes als der Appenzeller». Der Käseteig sehe anders aus, die Aufmachung unterschiede sich gegenüber der des Appenzellers und auch geschmacklich seien die beiden Käse verschieden. «Den Unterschied können auch nicht Fachleute leicht erkennen.»

Name nicht aus der Luft gegriffen

Selbst der Name habe nicht im geringsten etwas mit der bekannten Käsesorte aus der Ostschweiz zu tun. Appenberg ist eine Reminiszenz an den gleichlautenden Flurnamen, der ein Gebiet oberhalb von Oberhünigen bezeichnet. In Zusammenarbeit mit der Betreiberfamilie des Seminarhotels und Kulturzentrums Appenberg habe man den Käse vor über 20 Jahren als Mitbringsel für die Gäste kreiert. Seither gehört der Appenberg zum festen Sortiment der Käserei Glauser, die nebst dem Emmentaler noch weitere 15 Sorten produziert – viele davon mit klingenden Namen wie «Schlossberger» oder «Chisentaler». Für den Appenberg hat Glauser sogar in der Fachzeitschrift für die Lebensmittelwirtschaft «Alimenta» Werbung gemacht. «Wir haben nie das Gefühl gehabt, etwas Unrechtes zu tun», sagt Käsermeister Glauser.

«Exklusivität gefährdet»

Anders sah das die Sortenorganisation Appenzeller. Als Glauser den Namen Appenberg vor rund zwei Jahren zusammen mit seinen anderen Käsenamen beim Institut für Geistiges Eigentum (IGE) als Marke eintragen lassen wollte, wurde die Sortenorganisation auf die Käserei aus Oberhünigen und ihr Produkt aufmerksam. Sie erhob beim IGE Einsprache. Diese wurde jedoch abgewiesen. Daraufhin reichte die Sortenorganisation eine privatrechtliche Klage ein, mit der die Nichtigkeit des Markenschutzes für den Appenberg-Käse erwirkt werden sollte.

Die Produkte seien gleichartig, argumentierte der Anwalt der Sortenorganisation. Es bestehe Verwechslungsgefahr. Starke Marken – wie der Appenzeller – genössen einen grösseren Schutzumfang als schwächere. Würde Appenberg-Käse zugelassen, kämen innert kürzester Zeit zahlreiche Parallelsorten auf den Markt. Die Exklusivität des Appenzeller-Käses wäre gefährdet und die Organisation könnte sich ähnlich wie im Fall des «Emmentalers» nicht mehr gegen Trittbrettfahrer wehren.

Gang vor Bundesgericht offen


Entgegen dieser Argumentation entschied das Innerrhoder Kantonsgericht jedoch, die Klage abzuweisen. Es auferlegte der Klägerin die Verfahrenskosten von 5000 Franken und verpflichtete die Sortenorganisation ausserdem, der Käserei von Urs Glauser ausseramtlich eine Entschädigung in der Höhe von 17 000 Franken zu zahlen.

Ob die Sortenorganisation Appenzeller das Urteil an das Bundesgericht weiterziehen wird, stand gestern noch nicht fest. Zuerst müsse die Urteilsbegründung des Gerichts abgewartet werden, erklärte der Direktor der Sortenorganisation Appenzeller, Christoph Kempter, nach der Urteilseröffnung gegenüber der Nachrichtenagentur SDA. Die Sortenorganisation müsse aber zur Kenntnis nehmen, dass eine Erosion stattfinde: Der Markenschutz werde nicht mehr so strikt gehandhabt und der Sperrbereich für eine Marke werde immer enger, so Kempter.


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Erstellt: 03.03.2011
Geändert: 03.03.2011
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