Oberdiessbach - Von der Nuss zum Camembert
Die New Roots AG in Oberdiessbach ist eine vegane Molkerei. Sie produziert Käse, der ohne Milch hergestellt wird. Wir wollten wissen, wie man ohne Kühe zu Milch kommt, und ob Cashewnüsse umweltfreundlicher sind als Kuhmilch.
Von aussen sieht die Firma New Roots aus wie eine moderne Industriehalle. Tritt man in die grosszügige Lobby ein, fühlt es sich an wie in einem Berliner Startup. Hohe Räume, Beton, eine Lounge mit Fotobüchern, Bar, Kühlschrank und Pflanzen. Die Firma wurde von Freddy Hunziker und seiner Geschäftspartnerin Alice gegründet. Sie starteten vor Jahren in einer ehemaligen Denner-Filiale in Thun. Als sie mehr Platz benötigten, verlegten sie den Betrieb nach Oberdiessbach.
Ein Camembert ohne Milch
Das Starprodukt von New Roots ist die pflanzliche Alternative zu Camembert. Diese wird nicht aus Kuhmilch, sondern aus veganer Milch hergestellt. Eigentlich darf man vegane Milch nicht schreiben, da der Begriff Milch geschützt ist. Zwar gibt es auch Sonnen- und Kokosmilch, aber vegane Milch, ist nicht erlaubt. Dieser vegane Camembert wird aus Cashewnüssen hergestellt.
Das Vorgehen sei einfach, sagt Rebecca Grunder, zuständig für Geschäftsentwicklung. Cashewnüsse werden in Wasser eingeweicht, danach mit Wasser vermischt, gemixt und ziehen gelassen. Dieses milchige Produkt enthält Fett und Eiweiss der Cashewnuss und wird wie Milch weiterverarbeitet.
Neu auch Raclette
Neben Camembert wird auch veganer Streichkäse mit verschiedenen Kräutern und Gewürzen hergestellt. Es gibt Joghurt, Fondue, Creme Fraîche und bald auch Raclette. Sämtliche Käsealternativen können am 22. Oktober, am Tag der offenen Tür, direkt in Oberdiessbach degustiert werden.
Ein Käser geht neue Wege
Beim Rundgang durch den Betrieb stellt mich Rebecca Grunder dem Produktionsleiter, einem gelernten Käser, vor. Erst kann ich fast nicht glauben, dass ein echter Käser veganen Käse produziert. Er antwortet schlagfertig: "Bei mir im Lehrbetrieb hiess es stets, dass wir innovativ sein müssen. Man könne nicht Jahr für Jahr denselben Emmentaler auftischen. Hier sind wir das, wir entwickeln Produkte für einen neuen Markt." Sagts und verschwindet in der Produktionsstätte.
Die Sache mit dem CO2-Abdruck
Wer ein Leben lang für Käse schwärmt wie ich und Fondue zu seinen Lieblingsspeisen zählt, für den ist die Vorstellung, Käse aus Cashewnüssen zu essen, eher grenzwertig. Warum Cashewnüsse aus Vietnam über die Weltmeere nach Oberdiessbach transportieren, wenn am Hang gegenüber Kühe weiden?
Selbstverständlich hat Grunder mit dieser Frage gerechnet. "Beim Camembert haben wir den CO2-Wert messen lassen. Das Resultat zeigt, dass der Transport von Vietnam zu uns nur fünf Prozent des CO2-Abdrucks ausmacht." Zudem würden für die Herstellung des veganen Käses weniger Rohstoffe benötigt. "Für ein Kilo Käse werden elf Kilo Milch benötigt. Für ein Kilo Cashewkäse nur ein halbes Kilo Nüsse."
Neue Varianten gesucht
Nicht alle veganen Käsesorten werden aus Cashewnüssen hergestellt. Der alternative Raclettekäse wird auf Kichererbsenbasis produziert, diese werden zurzeit noch aus Italien importiert. "Wir suchen nach Möglichkeiten mit Pflanzen, die hier angepflanzt werden können, Milch produzieren zu können. Lupinen könnten eine Variante sein", sagt Rebecca Grunder zum Vorwurf des Cashewimports. "Ein Bauer im Kanton Bern pflanzt bereits Lupinen für uns an, wir sind gespannt, wie wir diese verwerten können."
Raketenstart
Die Firma wurde vor sieben Jahren gegründet. Dank der Investmentfirma Blue Horizon, mit Sitz in Zürich und Los Angeles und der Standortförderung des Kantons Bern konnte New Roots expandieren. Sie bieten vegane Alternativen zu Käse und waren laut Grunder die ersten, welche in der Schweiz Milch auf Cashewbasis herstellten. Heute sind ihre Produkte bei Coop, Migros, Spar und im Bio-Fachhandel erhältlich.
[i] Tag der offenen Tür: Samstag, 22. Oktober 10 bis 16 Uhr, Burgdorfstrasse 36, Oberdiessbach
[i] Lupinen sind Hülsenfrüchte, die zur gleichen Familie gehören wie Bohnen, Sojabohnen oder Erbsen.
[i] Dieser Artikel erschien zuerst im Newsletter der Gemeinde Oberdiessbach