Oberdiessbach - Seit 10 Jahren ist wieder Leben in der Mühle Oberdiessbach

Die Baugenossenschaft Farfalla feiert Jubiläum Anfänglich betrachteten die Oberdiessbacher sie mit Skepsis, die neuen Mühlebewohner. Mittlerweile sind sie ein fester Bestandteil des Dorflebens geworden und organisieren jährlich mehr

Marina Felder, Wochen-Zeitung
Zehn Jahre ist es her, seit sie mit vereinten Kräften die alte Schlossmühle in Wohnraum verwandelt haben. Böden wurden eingebaut, Fenster ausgeschlagen und sanitäre Einrichtungen installiert. Die zukünftigen Bewohner, neun Parteien, langten tatkräftig zu, so dass 12 Prozent der Bausumme von 2,4 Millionen Franken durch Eigenleistung erbracht werden konnte. Jeder Erwachsene hatte einen Tag pro Woche auf dem Bau zur Verfügung zu stehen. Dafür konnten die Familien und Einzelpersonen auch ein gewichtiges Wörtchen bei der Gestaltung mitreden.
Die Oberdiessbacher Bevölkerung betrachtete das Treiben anfänglich misstrauisch: «Sie fragten sich wohl: ‹Was passiert mit unserer Mühle?›», mutmasst der Bewohner Tomas Käsermann. Doch, nachdem klar wurde, dass da nicht einfach eine chaotische, schräge Kommune einzieht, sondern ganz normale Wohnungen entstehen, verblich auch die Unsicherheit der Dorfbewohner.

Viel verlangt, viel gegeben
Die Wohnungen der Baugenossenschaft Farfalla sind nicht billig. Eine Viereinhalb-Zimmer-Wohnung kostet monatlich ungefähr 1750 Franken. Gleichzeitig wird von den Bewohnern Engagement verlangt. Monatlich gibt es eine Haussitzung: Ämtli im und ums Haus werden verteilt. Es gibt eine Baugruppe und eine Umgebungsgruppe, welche Vorschläge und Pläne für den gesamten Unterhalt der Liegenschaft und weitere Projekte vorlegen. Entschieden wird gemeinsam, Toleranz, Konfliktfähigkeit und Demokratie sind massgebende Werte.
Die Mühen zahlen sich trotzdem aus für die Mühleleute. Man verwaltet sich selber, lebt weder in einer Mietwohnung noch in einer einsamen Eigentumswohnung und vor allem: die Kinder wachsen mit vielseitigen Herausforderungen auf. Durch den engen Kontakt untereinander lernen sie Sozialkompetenz, aber auch Selbstverantwortung. Die Ideen der zurzeit 14 Kinder haben einen wichtigen Stellenwert für alle 16 Erwachsene. Ihr Mitspracherecht bei Haussitzungen gibt den Kindern die Möglichkeit zur Mitgestaltung, verlangt aber im Gegenzug ebenfalls ihre Mitarbeit. In der Kinderbetreuung unterstützen sich die Eltern auch gegenseitig.

Nicht immer rosig
Natürlich gibt es auch Meinungsverschiedenheiten in der Mühle. Vier der neun Gründerparteien sind ausgezogen, weil sie wieder in anderen Wohnformen leben wollten. Die Wohnungen konnten jedoch ohne Probleme neu besetzt werden. Die Verbliebenen sehen noch keinen Grund, die Mühle zu verlassen. Man habe ja auch noch anderes um sich, Arbeit und externe Freundeskreise, betont Bewohnerin Anita Wymann. Und falls man einmal die Schnauze voll hat, dann bleibt die Wohnungstür zu. Privatsphäre garantiert. Tomas Käsermann fügt an: «In einem Mehrfamilienhaus ist das kaum anders als bei uns.»
Für Blockwohnungen eher untypisch sind jedoch die kulturellen Anlässe, welche jährlich vier bis sechs Mal von den Mühlebewohnern für die Öffentlichkeit organisiert werden. Bekannte und weniger bekannte Künstler können meist durch persönliche Kontakte für Konzerte, Lesungen und Theater gewonnen werden. So waren bisher beispielsweise Evelyn Hasler, Hugo Loetscher, Gusti Pollak oder «Die Hellen Barden» in der Schlossmühle anzutreffen. Hin und wieder stehen Anlässe für die Jungmannschaft auf dem Programm.
Der nächste Anlass findet am 20. und 21. August statt. An diesem Wochenende findet die offizielle Geburtstagsfeier statt. Samstags um 14 Uhr beginnt das Kinderfest und um 21 Uhr spielt die Berner Partyband «Le Virage Dangereux». Am Samstag ab 18 Uhr gibt es ein variantenreiches Spagettiznacht und am Sonntag einen ordentlichen Zmorge-Brunch. Anmeldung ist erwünscht an Telefon 031 771 37 81.

Ein Artikel aus der
www.oberdiessbach.ch

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Erstellt: 18.08.2005
Geändert: 18.08.2005
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