Oberdiessbach - Emmentaler Spritzpistole

Die Löschtechnik-Firma Vogt AG in Oberdiessbach ist stolz auf ihre Eigenentwicklungen. Das neuste Produkt, «eine Weltneuheit», ist eine Hochdruckpistole. Wer sie einsetzt, dem fällt das Löschen einfacher – ein gutes Argument auf dem

Dölf Barben, "Der Bund"
«Das Geniale daran ist, dass ich keinen Kompressor mehr brauche», sagt Jürg Vogt. Der Verkaufsleiter nimmt das Wort genial nicht nur einmal in den Mund, als er das neuste Produkt der Firma Vogt AG erklärt, das diesen Frühling als «Weltneuheit» auf den Markt gebracht worden ist. Es ist eine CAFS-Hochdruck-Schnellangriffspistole. CAFS steht für Compressed Air Foam System. Die deutsche Bezeichnung ist etwas kompliziert: Druckluftschaum-Zumischsystem. Systeme, die ein Wasser-Schaum-Gemisch mit Luft anreichern, gibt es bereits. Bisher waren diese aber auf Kompressoren oder Druckluftflaschen angewiesen.

«Bei unserer Pistole genügt die Hochdruckpumpe auf dem Tanklöschfahrzeug», sagt Jürg Vogt. Er und sein Cousin zweiten Grades, Peter Vogt, führen das Familienunternehmen in Oberdiessbach in dritter Generation. Das Wasser gelangt mit grossem Druck (40 bar) in die Pistole. Die Energie, die im Wasser steckt, reicht aus, um über die Schlitze auf der Seite der Pistole Luft anzusaugen und diese zu komprimieren. Verspritzt wird ein Wasser-Schaum-Luft-Gemisch.

Damit wird eine hohe Löschleistung erzielt. Eine normale Hochdruckpistole verspritzt rund 120 Liter Wasser pro Minute. Der 3000-Liter-Tank eines Tanklöschfahrzeugs ist in 25 Minuten leer. Wird noch Luft beigemischt, ist der Tank ebenfalls in 25 Minuten leer –pro Minute wird aber ein Volumen von 600 Litern verspritzt. «Das ergibt eine fünf Mal grössere Löschwirkung», sagt Vogt und ergänzt: «Das kann entscheidend sein.»

Rückmeldungen «wirklich top»

Bei der Löschtechnik geht es nicht nur darum, bestehende Systeme laufend zu verbessern und ihren Wirkungsgrad zu erhöhen. Es geht auch darum, sie zu vereinfachen. «Wenn Leute um Hilfe schreien, kann ein Feuerwehrmann nicht noch Checklisten abarbeiten», sagt Jürg Vogt. Und es geht auch darum, das Material günstiger anzubieten.

Mit der neuen Pistole ist dem Familienunternehmen, das 1916 gegründet wurde und 1932 in die Feuerwehrbranche einstieg, offenbar ein solcher Entwicklungsschritt gelungen. Einige Pistolen seien bereits ausgeliefert worden, sagt Vogt. Tanklöschfahrzeuge, die über eine Hochdruckpumpe verfügen, lassen sich relativ einfach nachrüsten. Die Rückmeldungen seien «wirklich top». Für Vogt ist das wichtig, denn er hofft, das neue Produkt werde künftig ein starkes Plus-Argument für die eigenen Fahrzeuge darstellen, die mit der Pistole ausgerüstet werden. Das Geschäft mit Feuerwehrfahrzeugen sei kein Honigschlecken, die Konkurrenz im In- und Ausland hart, sagt er.

Mit der Pistole über die Grenze

Die Markteinführung läuft derzeit auf Hochtouren. Diese Woche wird die «Weltneuheit» an der Suisse Public in Bern präsentiert, der Schweizer Fachmesse für öffentliche Betriebe und Verwaltungen. Vogt will aber nicht nur in der Schweiz Tanklöschfahrzeuge nachrüsten und neue verkaufen. Laut Jürg Vogt wäre die Schnellangriffspistole ein gutes Argument, um den Schritt über die Grenze zu wagen. Es gebe bereits Interessenten. Und die Ausgangslage sei gut, denn in einigen Ländern verfügten die Tanklöschfahrzeuge über Hochdruckpumpen. Sie sind die Voraussetzung für eine Nachrüstung, welche um die 10000 Franken kostet. «Es wäre ein grosser Markt», sagt Jürg Vogt.

Spezialanfertigungen als Trumpf

Auslanderfahrung hat die Vogt AG, die rund 70 Mitarbeiter und zehn Lehrlinge beschäftigt, durchaus. Das Emmentaler Unternehmen hat insbesondere dort eine Chance, wo Grossanbieter nicht mehr in der Lage sind, auf die Spezialwünsche der Kunden einzugehen. Zum Beispiel bei extrem leistungsstarken Fahrzeugen für Werksfeuerwehren grosser Industrieanlagen. Eben erst hat die Vogt AG zusammen mit einem ausländischen Partner zwei Fahrzeuge gebaut, die in der Lage sind, 8000 Liter Wasser pro Minute zu verspritzen.

Einzelanfertigungen sind die Spezialität und wohl auch das Erfolgsgeheimnis des Emmentaler Löschtechnik-Anbieters. Solche Fahrzeuge seien selbstverständlich etwas teurer, sagt Vogt, dafür entspreche das Resultat genau dem, was die einzelnen Feuerwehren wollen. Gerade für die Feuerwehren in der Schweiz sei es wichtig, Material auf ihren Fahrzeugen zu haben, das sie in ihrer Region auch wirklich brauchen können.

Antizyklischer Geschäftsgang

Von der Krise spüre die Firma bis jetzt eigentlich nichts. Das Auftragsvolumen sei bis Ende Jahr «gross und schön», sagt Jürg Vogt. «Bei uns ist der Geschäftsgang allerdings immer etwas antizyklisch.» Das hängt mit den Lieferfristen zusammen, die durchaus acht bis zwölf Monate betragen können. In speziellen Fällen sind sie noch länger. Das heisst, die Fahrzeuge, die jetzt gebaut werden, sind vor der Krise bestellt worden.

Vogt schafft neue Stellen

Derzeit ist so viel Arbeit vorhanden, dass die Vogt AG eine Handvoll Leute neu einstellen kann. Produziert werden gegenwärtig auch die vier Grosslüfter, die dieses Jahr an die Stützpunktfeuerwehren Bern, Biel, Thun und Langenthal ausgeliefert werden («Bund» vom 28. 4). Die Neuanstellungen sind teilweise befristet bis Weihnachten, «denn wir wissen noch nicht, wie es nächstes Jahr laufen wird», sagt Jürg Vogt. Anzunehmen sei, dass die Gemeinden im laufenden Jahr eher sparen werden. Deshalb sei es für die Firma wichtig, nun andere Standbeine zu stärken – wie den Export.

Ein Artikel aus

www.oberdiessbach.ch

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Erstellt: 08.06.2009
Geändert: 08.06.2009
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