OL - Nigglis ziehen nordwärts
Ende April reist Simone Niggli mitsamt Familie für drei Monate nach Skandinavien. Die Vorbereitung auf die WM von Mitte Juli in Finnland wird die Münsingerin vor Ort absolvieren.
Noch fehlt der sechste Gang. Mit ihrer Verfassung ist Simone Niggli dennoch zufrieden, jedenfalls in Anbetracht der Umstände; im Mittel- und Langstreckenbereich läuft die 20-fache OL-Weltmeisterin «fast wieder mit normalem Tempo». Was dies in Relation zu den Kolleginnen bedeutet, wird sich am Wochenende weisen; in Weinfelden finden die ersten Kadertestläufe statt.
Mitte März entschied Niggli in Italien einen Mehrtageslauf für sich – weniger als einen Monat nachdem sie ihren Trainingsbetrieb wegen einer Lungenentzündung vorübergehend hatte einstellen müssen. Es handelte sich um ein Rennen mit tiefem Stellenwert, aber erstklassiger Besetzung. Das Laufgefühl sei «nicht besonders gut» gewesen, technisch aber habe sie kaum Fehler begangen, resümiert die gebürtige Burgdorferin. Woraus sich schliessen lässt, dass die körperliche Basis der 35-jährigen Branchenkönigin noch immer ausreicht, die Konkurrenz in Schach zu halten – an guten Tagen gar ohne den sechsten Gang.
Noch dauert es drei Monate, ehe in Vuokatti (Fi) WM-Medaillen vergeben werden. Nicht zum ersten Mal wählt Niggli bei der Vorbereitung auf den Höhepunkt einen ungewöhnlichen Weg: Ende April wird die fünfköpfige Familie Münsingen für drei Monate verlassen, nach Schweden reisen, später nach Finnland übersiedeln. Der aufwendige Trip ist als Verbindung von Ferien und Spitzensport zu verstehen; «es ist die letzte Gelegenheit, als Familie etwas in dieser Richtung zu unternehmen», sagt Simone Niggli. Tochter Malin wird im August in den Kindergarten eintreten, die Flexibilität sinken.
Während der Weltcuprennen von Anfang Juni sowie der WM werden die Schwiegereltern respektive die Eltern in Skandinavien weilen und die Betreuung der Kinder übernehmen. Ehemann Matthias ist als Leistungssportchef von Swiss Orienteering anderweitig gefordert, Simone wird ihre Gegnerinnen fordern – allen voran Minna Kauppi. Letzten Sommer vermochte die Finnin der Schweizerin in Lausanne als einzige Paroli zu bieten; nun wird die 30-Jährige zu Hause bestrebt sein, die Rivalin zu überflügeln. «Sie ist die Favoritin, ich gebe diese Rolle gerne ab», sagt Niggli schmunzelnd. Und gesteht, es habe «schon seinen Reiz», in deren Heimat gegen Kauppi zu laufen. Gewänne die Bernerin ihre 21. Goldmedaille, schlösse sich ein Kreis, errang sie doch ihren ersten Titel 2001 ebenfalls in Finnland. Notabene dank des sechsten Gangs, welchen sie auf der Zielgeraden des Langdistanzrennens eingelegt hatte.