Niederhünigen - Forscher verfolgen naturnahen Waldbau im Toppwald

100-jährige Messreihen im Toppwald Der Plenterwald ist ein nachhaltiger, naturnaher Waldbau. Zu diesem Schluss kommt die Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL). Seit 100 Jahren verfolgt sie die Entwicklung im

Jakob Hofstetter, Wochen-Zeitung
«Plenterwälder sind stufig aufgebaute, sich natürlich verjüngende Wälder aus vorwiegend Tanne, Fichte und Buche.» So die Definition von Walter Marti, Forstingenieur und Leiter der Waldabteilung 4, Emmental. Das Prinzip des Plenterwaldes erscheint einfach: Die kleinen Bäume können im Schutz der grösseren aufwachsen. Durch den gezielten Holzschlag wird ihnen aber genügenden Lichteinfall geboten, so dass sie gut gedeihen können.

Andreas Zingg von der WSL und Walter Marti präsentierten letzte Woche die Ergebnisse der 100 Jahre langen Forschungsarbeit im Toppwald (Hohwald) oberhalb Niederhünigen.

17 Mal wurde der Toppwald in den vergangenen 100 Jahren ausgemessen und ausgeforstet. Jeder Baum mit einem Durchmesser von acht und mehr Zentimeter erfassten die Forscher millimetergenau. Aus den Ergebnissen dieser Messungen ist nun ersichtlich, dass nach fünfzig Jahren bereits soviel Holz genutzt wurde, wie durchschnittlich im Wald steht, nach 100 Jahren war es mehr als das Doppelte.

Wirtschaftlich auf kleinen Flächen

«Der Plenterwald ist insbesondere auf kleiner Fläche wirtschaftlich interessant», sagte Andreas Zingg. Es brauche etwa 1,5 Hektaren, um alle sechs Jahre «einen vernünftigen Holzschlag von 100 Kubikmetern durchführen zu können». Um jährlich Holz in dieser Grössenordnung ernten zu können, sind neun Hektaren Plenterwald erforderlich. Damit das junge Holz nicht beschädigt werde, müsse der Holzschlag im Plenterwald sorgfältig durchgeführt werden, was ausgebildetes Forstpersonal und gute Erschliessungswege erfordere. Als günstig erweise sich der Plenterwald in der Pflege. Diese geschehe ausschliesslich durch die Holznutzung, ergänzte Walter Marti. Im Emmental können etwa 30 Prozent der Waldfläche als Plenterwälder bezeichnet werden. Schweizweit sind es weniger als zehn Prozent.

Von Menschen gemacht

Der Begriff Plentern stamme von blenden, was mit herbeiführen von Licht zu tun habe, erklärte Walter Marti. Der Plenterwald ist somit nicht eine ganz natürliche Erscheinung, sondern von Menschen gemacht. Trotzdem sei dies eine naturnahe und nachhaltige Art des Waldbaus, sagte Andreas Zingg.

Nicht neue, aber gesicherte Resultate

Die Erkenntnisse aus den Forschungsergebnissen sind nicht neu und auch nicht überraschend. Bereits 1895 schrieb der Waldbauprofessor Elias Landolt: «...dass eigentliche Schutzwaldungen gepläntert werden müssen, und zwar so, dass sie widerstandsfähig bleiben, sich aber dennoch verjüngen können. Ein gänzliches Ausschliessen der Axt aus denselben wird mit der Zeit ebenso verderblich, wie eine zu starke Lichtung...» Die Ergebnisse aus 100 Jahren Forschung sind etwa die gleichen. Trotzdem hätten sich die Messungen und Aufzeichnungen gelohnt, sagte Andreas Zingg. Die Vorfahren hätten gefühlsmässig gewusst, wie der Wald reagiere, jetzt habe man aber konkrete Zahlen, auf die man abstellen könne. «Im Wald geht die Entwicklung sehr langsam vor sich. Zuverlässige Resultate können daher nur von einer langfristigen Forschungstätigkeit erwartet werden.» Walter Marti pflichtete bei: «Dass die WSL vor 100 Jahren die Versuchsfläche im Toppwald eingerichtet hat, ist ein wahrer Glücksfall. Hunderte von Forstingenieuren und Förstern konnten von den dadurch gewonnenen Erkenntnissen profitieren und diese in der täglichen Arbeit beim Holzanzeichnen erfolgreich umsetzen. Ohne solide Grundlagen ist ein erfolgreiches, waldbauliches Handeln nicht möglich.»

Für Mensch und Umwelt

Die Eidgenössische Forschungs­anstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) forscht zu den Themen «Nachhaltige Nutzung der Landschaft» und «Umgang mit Naturgefahren» und leistet damit einen Beitrag für mehr Lebensqualität. Im Zentrum der Forschungstätigkeiten stehen das Berggebiet und die Ballungsräume.
Die WSL beschäftigt über 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Birmensdorf, Davos, Bellinzona, Lausanne und Sitten. Sie ist ein Forschungszentrum des Bundes und gehört zum ETH-Bereich.

Ein Artikel aus der

www.niederhuenigen.ch

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Erstellt: 20.10.2005
Geändert: 20.10.2005
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