Neue Selbsthilfe-Therapie: PZM hilft Depressiven online
Horror vor der Psychiater-Couch? Das Psychiatriezentrum Münsingen (PZM) ist mit einer neuen Therapieform für leichte bis mittlere Depressionen auf Erfolgskurs. Das Online-Selbsthilfeprogramm "Hermes" scheint mit zeitlicher, inhaltlicher und örtlicher Flexibilität den Nerv der Zeit zu treffen.
Online-Beratung bei psychischen Problemen ist an sich nichts Neues. Sie sei aber bisher eher unpersönlich, sagt Timur Steffen vom PZM. Er leitet das Projekt "Stepped Care Kanton Bern", im Rahmen dessen Hermes zum Einsatz kommt. "Wir verbinden die Online-Beratung mit dem persönlichen Austausch", sagt er.
Stärkere Wirkung durch Kombi von Selbsthilfe und Therapie
Dabei hätte sich gezeigt, dass die Kombination von Online-Selbsthilfe und Therapie-Sitzung diese beiden Elemente gegenseitig stärke. Das belegen Forschungen der Universität Bern. Seit Ende Februar betreibt das Institut für Psychologie der Universität Bern eine Studie zum Programm. "
Via Therapeut*in bekommt man Zugang zu Hermes", erklärt Steffen den Einsatz des Programms am PZM. Das Programm ist in verschiedene Bereiche unterteilt. Es gibt Hintergrundinformationen zum Thema Depression, wo zum Beispiel auch Videos mit Fallbeispielen angeschaut werden können.
Weiter werden alltagsrelevante Tipps vermittelt, wie beispielsweise Warnsignale einer Depression zu erkennen und Lösungen dafür zu finden, und es gibt Übungen, die die Teilnehmer*innen schriftlich ausfüllen können.
Verbessertes Selbstmanagement
"Das Ziel ist es, immer besser Bescheid zu wissen, wie es einem geht, also das Selbstmanagement zu stärken", sagt Steffen. Der Umgang mit Gefühlen und hinderlichen Gedanken oder auch das Umsetzen von Lösungen sollen so gefördert werden.
Die Patient*innen besprechen das via Hermes Gemachte dann in der Therapie. "Es geht darum zu reflektieren, zu wiederholen und zu vertiefen, und zu schauen, ob es die Patient*innen verstanden haben", so Steffen. So würde der nachhaltige Effekt des Programms gestärkt.
Wer mitmacht, profitiert immer
Aktuell benützen gemäss Steffen rund siebzig Personen via PZM Hermes. Während das Programm für einen Drittel der Leute aufgrund der digitalen Form nicht passe, würden die anderen zwei Drittel eine positive Wirkung mit einer häufigen Verbesserung der Depressivität erfahren.
"Die Leute sind ungeheuer froh", sagt Steffen über die Reaktionen der Teilnehmer*innen. Wichtig sei für sie, dass sie das Programm dann machen könnten, wenn sie Zeit hätten und an jedem beliebiegen Ort. Positiv sei für sie auch, dass sie selber steuern könnten, wo ihre Interessen und Bedürfnisse lägen und sie wählen könnten, was sie in der Psychotherapie vertiefen wollten.
Kostenlos dank Studie
Für die Teilnahme am Programm braucht es keine Diagnose, die Teilnahme erfolgt anonym und kann auch ohne begleitende Psychotherapie erfolgen. Da Hermes derzeit im Rahmen einer Studie ausgewertet wird, kann es zudem kostenlos genutzt werden.