Neue Ära: Altpapierhandel in Deisswil

Eine Berner Investorengruppe rund um den CS-Banker Hans-Ulrich Müller investiert in das neue Projekt auf dem Areal der Kartonfabrik Deisswil. Im Fabrikgebäude wird ein Altpapierhandel entstehen. Alle 253 Mitarbeiter sollen rasch möglichst wieder Arbeit haben.

Ralph Heiniger, Berner Zeitung BZ
Da die Kartonproduktion nicht fortgeführt werden kann, soll das Fabrikgelände neben dem Altpapierhandel auch ein Speditions-und Logistikzentrum beherbergen. Die Unternehmer präsentieren ihr Projekt «Berner Industrie AG» zurzeit den Medien. Beim neuen Projekt handle es sich um ein langfristiges, an den Bedürfnissen des Wirtschaftsstandortes orientiertes Engagement, wie die «Berner Industrie AG» in einer Mitteilung schreibt. Ziel sei es, dass alle Mitarbeiter rasch möglichst wieder Arbeit haben, so die «Berner Industrie AG» weiter.

Der in Muri b. Bern wohnhafte Hans-Ulrich Müller (Mehrheitsaktionär) übernimmt zusammmen mit Herrn Dr. Heinz Hofmann, Verwaltungsrat der Kartonfabrik Deisswil, und der Gemeinde Stettlen die Karton Deisswil AG.

Die Belegschaft - es geht um 253 Menschen - soll ermuntert werden, selber Ideen einzubringen für allfällige Industrie- und Gewerbeprojekte. Hans-Ulrich Müller will nach eigenen Angaben auch niemandem vor dem Glück stehen, der eine externe Stelle findet.

«In Deisswil ist es unsere Vision, innert drei bis fünf Jahren möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten», sagte Müller vor den Medien. An dem Projekt beteiligen sich auch die Standortgemeinde Stettlen, wie Gemeindepräsident Lorenz Hess sagte.

Erfolg für Unia und die Belegschaft

Die Gewerkschaft Unia wertet den überraschenden Verkauf der Kartonfabrik Deisswil durch Mayr-Melnhof an eine Berner Investorengruppe rund um den KMU-Förderer und CS-Banker Hans-Ulrich Müller als Erfolg. Das schreibt die Gewerkschaft in einer Mitteilung.

Dieser Verkauf sei eine annehmbare Lösung in dem seit Wochen andauernden Arbeitskonflikt. Die Unia konnte in schwierigen und harten Verhandlungen mit der neuen Investorengruppe folgende von der Belegschaft verlangte Garantien vereinbaren:

- Die neuen Firmenbesitzer verlängern den gültigen Firmen-Gesamtarbeitsvertrag bis 2014.

- Allen Mitarbeitenden wird ein neuer Arbeitsvertrag zu den bisherigen materiellen Bedingungen angeboten.

- Sieht sich das Unternehmen in den nächsten zwei Jahren gezwungen, sich von Mitarbeitenden zu trennen, kommt ein anständiger Sozialplan zum Tragen.

- Mitarbeitende, die den Betrieb freiwillig verlassen, erhalten ein angemessenes Incentive.

Mit der Unterzeichnung dieser Vereinbarung verpflichten sich Unia und die Belegschaft, den Arbeitskampf zu beenden und die Betriebsblockade aufzuheben, wie die Unia weiter schreibt.

Rickenbacher begrüsst Entscheid

Der bernische Volkswirtschaftsdirektor Andreas Rickenbacher hat die Übernahme der Kartonfabrik Deisswil durch regionale Investoren begrüsst. Die Zusammenarbeit von Wirtschaft, Politik und Sozialpartner habe die Lösung ermöglicht, sagte er am Freitag in Deisswil.

An einer Pressekonferenz der neuen Besitzer dankte Rickenbacher ausdrücklich dem Berner Investor und KMU-Förderer Hans-Ulrich Müller, der sich federführend in Deisswil engagiert. Er sei frühzeitig informiert worden und habe deshalb die Türe zur Gewerkschaft Unia öffnen können, sagte Rickenbacher. Dies habe nun die Lösung des Arbeitskonflikts ermöglicht.

Das Projekt sei «ungewöhnlich», räumte Rickenbacher ein. Normalerweise habe man zuerst Arbeit und suche dann Arbeitskräfte, hier gehe man den umgekehrten Weg. Er sei aber zuversichtlich, dass dies funktionieren werde.

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Erstellt: 04.06.2010
Geändert: 04.06.2010
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